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Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Downham
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verabreichen dir Biphosphonate, um diesen Anstieg runterzufahren. Eigentlich solltest du jetzt schon viel weniger durcheinander sein, und dir ist weniger schlecht.«
    »Durcheinander bin ich immer«, vertraue ich ihm an.
    »Noch irgendwelche Fragen?«
    Erwartungsvoll sieht er mich an, und ich enttäusche ihn nur ungern, aber was in aller Welt könnte ich dieses gewöhnliche Männlein wohl fragen?
    Er sagt mir, die Schwester werde mir etwas zum Einschlafen geben. Dann steht er auf und nickt mir zum Abschied zu. An dieser Stelle würde der Hofnarr bis zur Tür Bananenschalen in einer Reihe auslegen und sich dann zu mir ans Bett setzen. Zusammen würden wir über das Hinterteil des Arztes lachen, während der davonrutschen würde.
    Als ich aufwache, ist es dunkel, und ich kann mich an nichts erinnern. Das versetzt mich in Panik, gegen die ich vielleicht zehn Sekunden lang ankämpfe und in die verhedderten Laken trete, überzeugt, dass ich entführt wurde oder Schlimmeres.

    Da kommt Dad rasch zu mir, streicht mir über den Kopf und flüstert immer wieder meinen Namen wie einen Zauberspruch.
    Und dann fällt es mir wieder ein. Ich bin in einen Fluss gesprungen, habe Cal in einen absurden Kaufrausch reingezogen, und jetzt bin ich im Krankenhaus. Aber von dem kurzen Moment, in dem ich das vergessen hatte, schlägt mein Herz so schnell wie das eines Kaninchens, weil ich eine Zeit lang wirklich nicht mehr wusste, wer ich war. Ich bin niemand geworden, und ich weiß, das wird wieder geschehen.
    Dad lächelt auf mich runter. »Möchtest du Wasser?«, fragt er. »Hast du Durst?«
    Er schenkt mir ein Glas aus dem Krug ein, aber ich schüttle den Kopf, und er setzt sich wieder an den Tisch.
    »Weiß Zoey, dass ich hier bin?«
    Er tastet seine Jacke ab, zieht ein Päckchen Zigaretten hervor, geht ans Fenster und öffnet es. Kalte Luft strömt herein.
    »Du kannst hier drin nicht rauchen, Dad.«
    Er schließt das Fenster und steckt die Zigaretten wieder ein. »Nein«, sagt er. »Das wohl nicht.« Er kommt wieder und setzt sich zu mir, greift nach meiner Hand. Ich frage mich, ob auch er vergessen hat, wer er ist.
    »Ich hab furchtbar viel Geld ausgegeben, Dad.«
    »Ich weiß. Das macht nichts.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass meine Karte wirklich so viel hergeben würde. In jedem Laden hab ich gedacht, sie würden sie nicht akzeptieren, aber von wegen. Allerdings hab ich die Quittungen aufgehoben, wir können also alles zurückbringen.«
    »Scht«, macht er. »Schon in Ordnung.«
    »Geht es Cal gut? Hab ich ihm Angst gemacht?«
    »Er wird’s überleben. Soll ich ihn reinholen? Er ist draußen im Flur, mit deiner Mutter.«
    Noch nie haben mich in den letzten vier Jahren alle drei auf einmal besucht. Plötzlich bekomme ich es mit der Angst zu tun.

    Sie kommen so ernst herein, Cal hält Mums Hand fest umklammert, Mum sieht fehl am Platz aus. Zu dritt stehen sie am Bett und schauen auf mich runter. Es fühlt sich an wie die Vorahnung eines Tages, der kommen wird. Später. Nicht jetzt. Ein Tag, an dem ich ihre Blicke nicht sehen, nicht lächeln oder ihnen sagen können werde, sie sollen endlich aufhören, mich verrückt zu machen, und sich hinsetzen.
    Mum zieht einen Stuhl nahe ran, beugt sich vor und küsst mich. Von ihrem vertrauten Geruch – das Waschpulver, das sie verwendet, das Orangenöl, das sie sich in die Halsgrube sprüht – steigen mir die Tränen hoch.
    »Du hast mir vielleicht Angst gemacht!«, sagt sie und schüttelt den Kopf, als könnte sie es einfach nicht glauben.
    »Ich hatte auch Angst«, flüstert Cal. »Du bist im Taxi in Ohnmacht gefallen, und der Mann hat gedacht, du wärst betrunken.«
    »Echt?«
    »Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Er hat gesagt, wenn du kotzen würdest, müssten wir extra bezahlen.«
    »Hab ich gekotzt?«
    »Nein.«
    »Hast du ihm also gesagt, er könnte uns mal?«
    Cal lächelt, wenn auch unsicher. »Nein.«
    »Möchtest du herkommen und auf der Bettkante sitzen?«
    Er schüttelt den Kopf.
    »He, Cal, nicht weinen! Komm und setz dich zu mir aufs Bett, na komm schon. Wir versuchen, uns an alle Sachen zu erinnern, die wir gekauft haben.«
    Aber er bleibt lieber auf Mums Schoß sitzen. Ich glaube nicht, dass ich das je zuvor bei ihm erlebt habe. Dad wahrscheinlich auch nicht. Selbst Cal wirkt überrascht. Er vergräbt den Kopf an ihrer Schulter und schluchzt richtig los. Sie streichelt seinen Rücken, fährt mit der Hand in Kreisen drüber. Dad sieht aus
dem Fenster. Und ich

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