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Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Downham
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ein Schokoeis aus dem Tiefkühler. Davon werde ich leicht beschwipst, und mir wird sehr kalt. Ich nehme meine Jacke vom Haken und schleiche durch die Küche, horche auf Laub und Schatten und das leise Geräusch fallenden Staubs. Das wärmt mich ein bisschen auf.
    Es ist siebzehn Minuten nach sechs.
    Vielleicht ist etwas Neues im Garten draußen – ein wilder Büffel, ein Raumschiff, Berge roter Rosen. Ganz langsam öffne ich die Hintertür und flehe die Welt an, mir eine unerwartete Überraschung zu bescheren. Aber alles ist entsetzlich bekannt: kahle Blumenbeete, nasses Gras und tief hängende graue Wolken.
    Ich simse Zoey ein Wort: DROGEN!!

    Sie simst nicht zurück. Ich könnte wetten, dass sie bei Scott ist, erhitzt und glücklich in seinen Armen. Sie haben mich im Krankenhaus besucht, saßen zu zweit auf einem Stuhl, so als hätten sie geheiratet, und ich hätte es verpasst. Sie brachten mir ein paar Pflaumen und eine Halloween-Fackel vom Markt mit.
    »Ich hab Scott am Marktstand geholfen«, sagte Zoey.
    Und ich konnte nur denken, wie schnell es Ende Oktober geworden war und dass das Gewicht von Scotts Arm auf ihrer Schulter sie ausbremste. Seitdem ist eine Woche vergangen. Obwohl sie mir jeden Tag gesimst hat, hat sie offenbar das Interesse an meiner Liste verloren.
    Ohne sie werde ich wohl einfach nur hier auf der Schwelle stehen und zusehen, wie die Wolken sich zusammenballen und aufreißen. Das Wasser wird am Küchenfenster runterlaufen, und ein weiterer Tag wird ganz allmählich kollabieren. Ist das Leben? Ist das überhaupt irgendwas?
    Nebenan geht eine Tür auf und zu. Ich höre festes Stiefelstapfen auf Matsch, gehe rüber und stecke den Kopf über den Zaun.
    »Hallo, da bin ich wieder!«
    Adam greift sich mit der Hand an die Brust, als hätte ich ihm einen Herzinfarkt verpasst. »Meine Güte, hast du mich erschreckt!«
    »Sorry.«
    Er trägt keine Gärtnerkluft, sondern Lederjacke und Jeans und hat einen Motorradhelm in der Hand.
    »Fährst du weg?«
    »Jau.«
    Wir betrachten beide sein Motorrad. Es steht unten am Schuppen, angeschlossen. Es ist rot und silbern und sieht aus, als würde es durchgehen, wenn man es von der Leine lässt.
    »Nette Maschine.«
    Er nickt. »Frisch repariert.«

    »Was hatte sie denn?«
    »Sie ist umgefallen, und die Gabel war verdreht. Kennst du dich mit Motorrädern aus?«
    Ich überlege, ob ich lügen soll, aber das wäre dann eine Lüge von der Sorte, die ganz schnell auffliegt. »Nicht so besonders. Aber ich wollte schon immer mal auf einem fahren.«
    Er sieht mich so merkwürdig an, dass ich rätsle, wie ich wohl aussehe. Gestern sah ich wie eine Heroinsüchtige aus, weil sich meine Haut offenbar gelb verfärbt hat. Am Abend habe ich versucht, der Wirkung gegenzusteuern, und mir Ohrringe eingesetzt, heute Morgen aber vergessen, mir mein Gesicht im Spiegel anzusehen. In der Nacht kann alles Mögliche passiert sein. Mir wird das ein bisschen peinlich, wie er mich so ansieht.
    »Hör mal«, sagt er. »Ich sollte dir wohl was sagen.«
    Am betretenen Ton höre ich seiner Stimme an, was als Nächstes kommen wird, und davor will ich ihn bewahren.
    »Ist schon in Ordnung«, sage ich. »Mein Dad ist so eine Plaudertasche. Heutzutage sehen mich selbst Fremde mitleidig an.«
    »Echt?« Er guckt verwundert. »Es war nur, weil ich dich ein Weilchen nicht mehr gesehen hatte, da hab ich deinen Bruder gefragt, ob du was hast. Er hat’s mir gesagt.«
    Ich schau auf meine Füße runter, auf den Rasenfleck vor meinen Füßen, auf die Lücke zwischen dem Gras und dem Zaun.
    »Ich hab gedacht, du wärst zuckerkrank. Du weißt schon, als du damals in Ohnmacht gefallen bist. Ich hatte ja keine Ahnung.«
    »Nein.«
    »Es tut mir leid. Ich meine, es hat mir sehr leidgetan, als er es mir gesagt hat.«
    »Ja.«
    »Ich fand es wichtig, dir zu sagen, dass ich es weiß.«
    »Danke.«

    Unsere Worte klingen sehr laut. Sie nehmen den ganzen Platz in meinem Kopf ein, und da hocken sie und hallen zu mir zurück.
    Schließlich sage ich: »Normalerweise kriegen die Leute mittlere Panik, wenn sie es erfahren, so wie wenn sie’s einfach nicht ertragen könnten.« Er nickt, als wüsste er das. »Aber ich falle ja noch nicht sofort tot um. Ich hab da noch eine ganze lange Liste von Sachen, die ich vorher mache.«
    Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich ihm das erzählen würde. Es überrascht mich. Genauso, wie mich sein Lächeln überrascht.
    »Was zum Beispiel?«, fragt er.
    Ganz bestimmt werde ich ihm

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