Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bevor ich sterbe

Bevor ich sterbe

Titel: Bevor ich sterbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Downham
Vom Netzwerk:
raus.
    Adam kommt durch die Zaunlücke. »Geschafft.« Er zieht den Liegestuhl näher zu mir und setzt sich. »Sie hat das halbe Gartencenter aufgekauft. Es hat ein Vermögen gekostet, aber sie ist voll auf dem Trip. Sie will einen Kräutergarten anlegen.«
    Todesabwehrzauber. Halt die Hand deines Freundes sehr fest.
    »Alles in Ordnung?«
    Ich lehne meinen Kopf an seine Schulter. Es fühlt sich so an, als wartete ich auf etwas.

    Da sind Geräusche – entferntes Geschirrklappern aus der Küche, Laubrascheln, weit weg das Dröhnen eines Motors.
    Die Sonne hat sich verflüssigt, verschmilzt kalt mit dem Horizont.
    »Du fühlst dich so heiß an.« Er drückt seine Hand auf meine Stirn, streift meine Wange, fühlt meinen Nacken. »Rühr dich nicht vom Fleck.«
    Er geht, läuft den Gartenweg zum Haus hoch.
    Der Planet trudelt, der Wind durchsiebt die Bäume.
    Ich habe keine Angst.
    Atme weiter, hör einfach nicht auf damit. So einfach ist das – ein und aus.
    Seltsam, wie mir der Boden entgegenkommt, aber hier unten ist es besser. Während ich hier liege, denke ich über meinen Namen nach. Tessa Scott. Ein guter Name aus drei Silben. Alle sieben Jahre ändern sich unsere Körper, Zelle für Zelle. Alle sieben Jahre verschwinden wir.
    »Herrje! Sie glüht ja regelrecht!« Dads Gesicht flimmert genau über mir. »Ruf einen Krankenwagen!« Seine Stimme kommt aus weiter Ferne. Ich möchte lächeln. Ich möchte mich bei ihm dafür bedanken, dass er da ist, kriege aber aus irgendeinem Grund die Wörter nicht zusammen.
    »Halt die Augen auf, Tess. Hörst du mich? Bleib bei uns!«
    Ich nicke, und der Himmel wirbelt so schwindelerregend schnell, als fiele ich von einem Gebäude.

ZWEIUNDDREISSIG
    D er Tod fesselt mich ans Krankenhausbett, krallt sich in meine Brust und bleibt drauf hocken. Ich wusste nicht, dass es so wehtun würde. Ich wusste nicht, dass alles Gute, das mir je im Leben widerfahren ist, davon ausgelöscht werden würde.
     
    es geschieht jetzt und es ist wirklich wirklich wahr und sie können mir alle noch so oft versprechen dass sie sich an mich erinnern werden denn selbst wenn ist es völlig egal weil ich nichts davon merken werde weil ich nicht mehr da sein werde
     
    Ein dunkles Loch öffnet sich in der Zimmerecke und füllt sich mit Dunst, wie Sachen, die durch Bäume rieseln.
    Von weit weg höre ich mich stöhnen. Ich will das nicht hören. Ich fange vielsagende Blicke auf: Schwester an Arzt, Arzt an Dad. Ihre gedämpften Stimmen. Aus Dads Kehle schwappt Panik über.
    Noch nicht. Noch nicht.
    Ich denke immer weiter an Blüten. Weiße Blüten an einem wirbelnden blauen Himmel. Wie klein Menschen sind, wie anfällig im Vergleich zu Steinen, Sternen.
    Cal kommt. An ihn erinnere ich mich. Ich will ihm sagen, dass er keine Angst haben soll. Ich möchte, dass er mit seiner normalen Stimme spricht und mir etwas Lustiges erzählt. Doch er steht neben Dad, still und klein, und flüstert: »Was hat sie?«
    »Eine Infektion.«

    »Wird sie sterben?«
    »Sie haben ihr Antibiotika gegeben.«
    »Dann wird sie also wieder gesund?«
    Schweigen.
    So sollte es nicht sein. Nicht plötzlich, wie wenn man von einem Auto überfahren wird. Nicht so eine seltsame Hitze, dieses Gefühl wie von heftigen Prellungen tief in mir drin. Leukämie ist eine fortschreitende Erkrankung. Eigentlich sollte ich ganz allmählich immer schwächer werden, bis ich mir nichts mehr draus mache.
    Aber ich mache mir noch was draus. Wann hört das auf?
    Ich versuche, an einfache Dinge zu denken – Pellkartoffeln, Milch. Aber stattdessen fällt mir grusliges Zeug ein – kahle Bäume, Staubbrocken. Die gebleichte Kante eines Kieferknochens.
    Ich möchte Dad sagen, wie viel Angst ich habe, aber reden ist wie aus einem Ölfass klettern. Meine Worte kommen aus einem dunklen, glitschigen Gefäß.
    »Lass mich nicht los.«
    »Ich halte dich.«
    »Ich falle.«
    »Ich bin hier. Ich halte dich.«
    Aber sein Blick ist verängstigt und sein Gesicht so schlaff, als wäre er hundert Jahre alt.

DREIUNDDREISSIG
    I ch wache auf, und da sind Blumen. Vasen mit Tulpen, Nelken wie bei einer Hochzeit, Schleierkraut ergießt sich über den Nachttisch.
    Ich wache auf, und Dad hält immer noch meine Hand.
    Alle Dinge in dem Zimmer sind wundervoll – der Krug, dieser Stuhl. Der Himmel hinter dem Fenster ist sehr blau.
    »Hast du Durst?«, fragt Dad. »Möchtest du was trinken?«
    Ich will Mangosaft. Jede Menge. Er stopft mir ein Kissen unter den Kopf und hält mein Glas.

Weitere Kostenlose Bücher