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Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Titel: Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Bødker
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ich weitererzählen?«
    Diesmal lachte Lise richtig, und nachdem sie Küsschen ausgetauscht und er ihr versichert hatte, er werde schon auf sich aufpassen, beendeten sie das Telefonat. Warwick blieb mit dem Handy in der Hand stehen und überlegte, ob sie zwischen den Zeilen heraushörte, was er nicht erzählte, oder ob nur ihm selbst auffiel, wie falsch seine Stimme klang. Er hatte nicht erzählt, dass die UN Somalia als das »gefährlichste Land der Welt« einstufte. Und das Hotel galt zwar als eins der wenigen sicheren in der Stadt, aber selbst hier zeugten große Granatenkrater direkt neben dem Eingang davon, dass man auf diese Einschätzung nicht viel geben konnte. Bashir Yusuf Osman, der stolze Besitzer des Hotels, bezahlte Schutzgelder an jeden Warlord der Stadt, um seinem Hotel inmitten der ständig wechselnden Allianzen eine gewisse Form der Neutralität zu sichern, und er heuerte Wachpersonal mit mehrjähriger Erfahrung im Straßenkampf zwischen den verschiedenen Rebellengruppen an, von dem sich fast jeder einschüchtern ließ. Dennoch, wenn man sich inmitten von Anarchie befand, war Sicherheit ein relativer Begriff.
    Warwick steckte sein Handy zurück in die Tasche und überquerte die Dachterrasse, um einen besseren Blick über die Stadt zu haben. Das Hotel bildete einen Kontrast zum übrigen Mogadischu, wo einem überall vorgeführt wurde, wie die Leute sich nach zwanzig Jahren mehr oder weniger daran gewöhnt hatten, ohne eine funktionsfähigen Staat zu leben. Von hier aus konnte man bis zum Hafen sehen, wo überraschenderweise gearbeitet wurde. Wenn es keine Regierung gab, musste jeder seine eigene Regierung bilden. Das galt nicht nur für die Warlords, die versuchten, die Stadt während der Abwesenheit von gewählten Volksvertretern unter ihre Kontrolle zu bringen. Wenn man ein Schiff im Hafen be- oder entladen wollte, musste man nicht nur Leute anheuern, die das übernahmen, sondern auch Wachleute, um zu verhindern, dass die Arbeiter ermordet wurden. Jeder Geschäftsmann hatte seine eigene Miliz, um seine Interessen zu schützen, und ob diese nebenbei Geschäfte mit der einen oder der anderen Regierung oder einem Warlord abwickelte – oder gar einer muslimischen Terrororganisation wie Al-Shaabab –, machte für sie keinen Unterschied. Als Folge davon war Mogadischu in Zonen unterteilt, die von den jeweiligen Warlords regiert wurden, genau wie der Rest von Somalia, wo sich alle Augenblicke neue Präsidenten für kleinere oder größere Teile des Landes selbst ernannten.
    Warwick warf einen letzten Blick auf die Eidechse, die ihn völlig ignorierte, seit sie einen neuen Sonnenplatz gefunden hatte, und ging zur Treppe. In einem solchen Land, in einer solchen Stadt erschien es geradezu idiotisch, die Todesumstände dreier Menschen zu klären, die nicht einmal in der Statistik auftauchen würden, wenn es dieses Zivilisationsmerkmal hier überhaupt gab. Die Angehörigen von Anders Toftegaard, Bente Huldin und Martin Svendsen wären sicher anderer Meinung, aber sich darüber Gedanken zu machen, war nun einmal nicht Warwicks Aufgabe.
    Er war hier, weil die Liquidierung dieser dreier Dänen Bedeutung für den dänischen Staat haben könnte, und das war stets seine oberste Priorität.
    *
    Sie trafen den Kintu-Chef in der großen Bürolandschaft an, wo er gemeinsam mit fünf Mitarbeitern selbstgebackenen Zuckerkuchen verspeiste. Irgendwo im Hintergrund klingelte ein Telefon. Doch niemand machte Anstalten, den Anruf anzunehmen. Gunnerus saß am Ende des langen Konferenztischs, aber davon abgesehen verriet nichts an seiner Kleidung oder Haltung, dass er in der Hierarchie oben stand. Als er Linnea erblickte, öffnete er die Arme.
    »Rasser wird Vater!«, sagte er. »Wollt ihr auch ein Stückchen?«
    Linnea schüttelte den Kopf, und Thor nutzte die Gelegenheit, um sich vorzustellen. Gunnerus sah ihn für einen Moment mit leerem Blick an, doch dann kehrte sein Lächeln zurück, und er erhob sich zu seiner vollen, ziemlich beeindruckenden Größe. Thor war mehr als einen Kopf größer als Linnea, aber Gunnerus war sowohl groß als auch kräftig und wirkte neben dem Kommissar wie ein lächelnder blonder Riese. Allerdings war er der Einzige, der lächelte. Linnea fiel auf, dass die Stimmung ziemlich gedrückt war. Auch wenn die Mitarbeiter mit Kuchen und bunten Servietten dasaßen, sahen sie allesamt aus, als hätten sie den Appetit verloren.
    »Lasst uns in mein Büro gehen«, schlug Gunnerus vor. »Ich kann es mir

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