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Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Titel: Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Bødker
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das ist der eigentliche Grund, warum ich mich melde. Hier ist es völlig einsam – abgesehen von einem einzigen Mann. Er hat uns nicht bemerkt, aber er geht unten auf dem Kiesweg entlang und sieht aus, als würde er etwas suchen. Dem Schuppen hat er sich aber noch nicht genähert. Aber vielleicht ist das auch ohne Bedeutung.«
    Kraus lächelte Linnea zu.
    »Das ist nicht zufällig Thor, den ihr da beobachtet?«
    »Dann wäre er aber sehr in die Breite gegangen, seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe«, entgegnete der Streifenbeamte. »Dieser Kerl hier ist blond, zwar auch fast zwei Meter groß, aber sehr kräftig gebaut. Er ragt ziemlich auffällig zwischen den Schuppen hervor.«
    Linnea starrte Kraus an.
    »Gunnerus«, sagte er nur.

60
    S eine Augen sind es, die das auslösen. Er starrt mich hasserfüllt an, schreit mir ins Gesicht, bis es von seinem Speichel nass ist. Ich möchte fliehen, aber ich bin in diesem schwachen Körper gefangen.
    Jetzt weine ich, flehe ihn an, damit aufzuhören, doch er macht weiter. Schreit, starrt, verpasst mir brutale Schläge auf den Kopf. Ich kämpfe dagegen an, doch ich spüre allmählich, wie das Adrenalin in mein Blut pumpt, spüre, wie meine Muskeln sich anspannen und der Hass alle Gefühle verjagt. Finsternis.
    Ich erwache an einem fremden Ort, in einem dunklen, feuchten Raum. Kann nichts als meinen eigenen Puls und meine schnellen Atemzüge hören. Kann nichts anderes wahrnehmen als Gefahr.
    Was wird jetzt geschehen? Ich höre draußen Schritte, alle meine Muskeln sind angespannt, und in der Sekunde, als die Tür aufgeht, springe ich auf. Der Mann blickt mich verwirrt an. Ich sehe ihm an, dass er mich kennt. Erst dann sehe ich seine Angst und bemerke das Messer in meiner Hand. War es eben auch schon dort?
    Er streckt seinen Arm nach mir aus, doch ich bin zu schnell, steche drei-, viermal geschickt zu, bevor er schreien kann.
    Ich schlage meinen Kopf heftig gegen die Wand, um die Bilder zu stoppen. Sie strömen jetzt ununterbrochen auf mich ein, und sie sind ganz frisch. Ich will mich nicht erinnern, aber es ist notwendig, um das alles aufzuhalten. Mein Retter hat mir beigebracht, wie ich das Tier zähmen kann. Aber jetzt hat er es wieder losgelassen. Und das Tier hat grausame Dinge getan. Dabei habe ich meinem Gott geschworen, dass das nicht passieren darf.
    »Bevor mir der Tod die Augen schließt«, murmele ich.
    Mein altes Mantra beruhigt mich. Das war der Satz, an den ich mich hielt, als ich darum kämpfte, zu einem Leben außerhalb der Miliz zurückzukehren. Diese Worte trafen ein Gefühl tief in mir drin. Und tun es noch immer. Ich möchte meine Rache, bevor mir der Tod die Augen schließt.
    Aber schon damals hatte ich zu viele Feinde. Ich habe schnell verstanden, dass die beste Rache das eigene Überleben ist. Dass ich meinen Peinigern nur dadurch trotze. Damals wie heute.
    Ich bin Anisa. Rächerin und Überlebende.

61
    E s hatte wieder zu schneien begonnen, vielleicht fielen die weißen Flocken aber auch schon länger. Thor hatte während seiner Fahrt vom Politigården nichts bemerkt, aber jetzt schienen alle seine Sinne geschärft. Gierig atmete er die frische Luft ein und joggte den Kiesweg entlang.
    Rechts von ihm stand eins der Kopenhagener Heizkraftwerke, und neben dem Drahtzaun rosteten ein paar Autowracks vor sich hin, die ihre letzten Kilometer wohl schon vor einem halben Menschenalter zurückgelegt hatten. Daneben lag Müll aller Art, ein altes Klo, halbverrottete Verschalungsbretter, Eimer und Planen. Es stank nach Urin, die Schuppen auf der linken Seite hatten vermutlich keinen Wasseranschluss. Zusammen bildeten sie den Bootsclub »Stiboerne«, wie ein Schild neben den alten Briefkästen an der Ecke des größeren Kieswegs verkündet hatte. Thor konnte sich keinen besseren Ort vorstellen, um einen Flüchtigen zu verstecken. Hier war vermutlich den ganzen Tag keine Menschenseele zu sehen, und sollte man doch einmal jemandem begegnen, würde dieser Jemand garantiert keine unangenehmen Fragen stellen – aus Angst, selbst welche beantworten zu müssen. Weiter vorn konnte er in einer Lücke zwischen den wackeligen Schuppen die Hafeneinfahrt und die Luxuswohnungen von Sluseholmen auf der anderen Seite ausmachen. Es sah so aus, als gäbe es nur vom Weg aus einen Zugang zu den Schuppen. Aber eigentlich musste man auch vom Bootssteg aus dorthin gelangen können. Er überlegte, den Hintereingang zu nehmen, blieb dann aber einige Schritte vor dem roten

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