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Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Titel: Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Bødker
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Achillessehne?«, fragte er dann. »Rufst du deshalb an?«
    »Sieh dir doch mal das Bild an.«
    Die Luft war blutgeschwängert. Sie roch schwer und metallisch und drängte sich einem überall auf, es sei denn, man ging nach draußen. Und selbst dort schien einen der Gestank zu verfolgen.
    Thor sah sich um. Daniel Kraus und er waren vom Tatort verscheucht worden, damit sie die Fotografen nicht bei der Arbeit störten. Da das Haus voller Blutspritzer war, nahm diese Aufnahme der letzten Details Zeit in Anspruch, und Thor und Kraus gingen gemeinsam zum Wasser. Die Häuser auf der Sofie Hedevigs Bastion lagen wie alle anderen in diesem Gebiet erhöht, mit Aussicht auf den Stadtgraben. Direkt gegenüber standen einige der alten Kasernengebäude, verziert mit einem riesigen Graffito von einem zufriedenen Donald Duck, der einen Joint im Schnabel hatte. Die schicken Designhäuser, die Seite an Seite mit Bretterbuden und einsturzgefährdeten Schuppen standen, hatten dagegen nicht mehr viel Hippieflair, sie sahen eher aus wie aus dem Coffee Table Book.
    »Könntest du dir vorstellen, an einem solchen Ort zu wohnen?«
    Kraus deutete zurück auf das Haus, in dem die ermordete Anwältin Vibe Herzog in den letzten zehn Jahren gelebt hatte. Unter seiner Daunenjacke trug Thors Kollege ein frischgebügeltes Hemd und sah wie immer aus, als käme er gerade von einem Fest.
    »Ich war nicht weit davon entfernt«, antwortete Thor.
    Wahrscheinlich war es sogar ein Zufall, dass er nicht hier aufgewachsen war. Seine Eltern hatten zwar nicht zu den ersten Freaks gehört, die vor genau vierzig Jahren die Holzlatten der verrammelten Kaserne in der Bådmandsstræde niedergerissen hatten. Aber es war dieselbe Zeit, in der sie nach einem alternativen Lebensstil suchten, bis sie ihn in einer Großkommune in der Mitte Jütlands fanden. Und seine Kindheit hätte kaum anders ausgesehen, wären sie stattdessen nach Christiania gezogen. Wenn er es sich ein seltenes Mal erlaubte, an damals zurückzudenken, erinnerte er sich jedoch nicht in erster Linie an Freiheit und Gemeinschaft, sondern an das Gefühl, vernachlässigt worden zu sein. Die lauten Geräusche, die aus dem restaurierten Gebäudeflügel drangen: Musik von Furekaaben oder irgendein anderes endloses Gitarrengeschrammel mit Bass und Tablas, das Geschrei von betrunkenen oder bekifften Erwachsenen und ein paar älteren Kindern, die sich kichernd darüber freuten, wenn sie den Alten ein paar Flaschen Bier geklaut hatten, weil deren Aufmerksamkeit nach ein paar Chillnummern rapide abgenommen hatte. Irgendein Fremder, der nachts in den Schlafsaal der Kinder kam und seine Finger unter die Bettdecken steckte – bis Thor einen Clog nahm und ihm damit eins überzog, dass das Blut nur so auf die Patchworkdecke spritzte. Und das, was folgte, hatte er noch deutlicher im Gedächtnis behalten. Der helle Schein eines Kerzenmeers unten im Wohnzimmer. Sein Vater, der so zugekokst war, dass er nicht begriff, was passiert war. Seine Mutter, die lallend erklärte, dass dieser Asmus ja nur ein bisschen »lieb« zu ihnen sein wollte und Thor daraufhin wieder ins Bett geschickt hatte.
    »Jetzt gehört die ganze Pracht euch«, rief Mylius-Erichsen, Kommissar und Tatortkoordinator des Kriminaltechnischen Centers, zu ihnen herüber. Er war dafür verantwortlich, die Untersuchungen der Spurensicherung miteinander abzustimmen und die Ermittler über die gefundenen Spuren zu informieren. Er stand kurz vor der Pensionierung und hatte Thor daher auch nicht um seine Einschätzung bitten müssen, ehe er einen Experten für die Analyse von Blutspritzern hinzuzog. Dieser hatte bis gerade eben die Fotografen und Techniker mit einer Spot-Test-Ausrüstung dirigiert, die auf der Stelle verriet, ob es sich um einen Blutfleck handelte.
    Thor warf Kraus einen vielsagenden Blick zu, als sie wieder die Treppe zum Haus hinaufstiegen.
    »Jetzt müssen wir ihn kriegen.«
    »Bist du denn sicher, dass es derselbe Mörder ist?«
    »Wenn es irgendeine Verbindung zwischen Mikkel Spang-Hansen und Vibe Herzog gibt, finden wir sie. Und dann sind wir dem Täter dicht auf den Fersen.«

34
    D er Schrei will nicht verstummen. Er bohrt sich in meine Gedanken und lähmt sie. Ein Todesschrei. Das Messer dringt ins Fleisch und trifft die Pulsader. Eine Fontäne aus Blut. Und immerzu dieser Schrei.
    Ich zwinge mich, die Augen zu öffnen, darf nicht schlafen. Mein Körper ist bleischwer vom Schlafmangel, aber ich darf nicht schlafen. Sobald ich mich

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