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Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Titel: Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Bødker
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holte. Er umklammerte weiter die Pistole, während er den Insulinpen herausangelte. Dann nahm er die Waffe in die linke Hand, hob sein Hemd und spritzte sich die Medizin, während er noch immer auf Vibe Herzog zielte.
    »Lassen Sie mich gehen«, bat sie. »Ich verspreche, dass ich niemandem etwas erzähle.«
    Er stopfte das Hemd wieder in den Hosenbund und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    »Nein, nein, ganz im Gegenteil. Wir beide werden jetzt ein bisschen miteinander plaudern.«
    Noch einmal wies er mit der Pistole auf die Flasche, doch diesmal reagierte sie nicht.
    »Ich will nicht sterben«, sagte sie nur.
    *
    »Zwanzig Minuten. Danach kannst du gehen.«
    Der Kirchenraum war leer und die Holzbank hart. Vom Organisten keine Spur, und Linnea überlegte, ob ihre Phantasie ihr einen Streich gespielt und die Orgeltöne lediglich erfunden hatte – als passenden Soundtrack zu diesem merkwürdigen Film.
    Adèle hatte Linnea ernst angesehen und ihre Wange mit einer trockenen und kühlen Hand berührt, ehe sie sie im Glockenturm zurückgelassen hatte. Linnea hatte die Anweisung bekommen, in den Kirchenraum hinunterzugehen und zu warten, bis die Waffenhändlerin und ihr Gefolge verschwunden waren. Sie hatte nicht protestiert. Erst einmal musste sie die Geschichte verdauen, die ihr die Geliebte des Vaters erzählt hatte. Aber Adèle war mehr als das. Es schien ganz so, als sei diese elegante und brandgefährliche Frau wirklich die große Liebe ihres Vaters gewesen. Und er ihre.
    »Wir haben uns zwanzig Jahre lang voneinander ferngehalten, aber das hat nichts geändert. Als wir uns wiedersahen, waren die Gefühle nur noch stärker geworden.«
    Sie hatten nebeneinander gestanden, oben im Glockenturm, und über den Hafen geblickt, während Adèle erzählte, wie sie und Hans Peter Kirkegaard sich ineinander verliebt hatten. Kopenhagen 1986 . Er: ein erfolgreicher Diplomat mit Frau und Kind. Sie: eine blutjunge, idealistische Französin in Kopenhagen, die sich schon nach wenigen Monaten der gemeinsamen Leidenschaft zu sehr in der radikalen Linken engagierte, als dass sich der Diplomat noch in ihrer Nähe hatte sehen lassen können. Sie war in Schwierigkeiten geraten, er hatte sich in den Fernen Osten versetzen lassen. Sie hatten sich nicht mehr besucht, und ihre Leben hatten sich in vollkommen unterschiedliche Richtungen entwickelt, doch als sie sich knapp zwanzig Jahre später wiedersahen, konnten sie einander nicht mehr widerstehen.
    »Mein Beruf gefiel ihm ja nicht. Und er sagte immer, dass er auf keinen Fall in irgendeine meiner Machenschaften hineingezogen werden wollte.«
    Adèle hatte traurig gelächelt.
    »Er hat es wohl nie verstanden, wenn ich ihm erklärte, dass mir das, was er als Botschafter und Lakai von NATO und USA repräsentierte, mindestens genauso zuwider war.«
    Sie hatte Linnea eindringlich, ja fast schon liebevoll angesehen.
    »So ist das Ganze irgendwann schiefgelaufen. Politik, Ideale und so weiter. Das Übliche. Dasselbe, was uns so lange voneinander ferngehalten hatte.«
    Linnea hatte ihrem Blick standgehalten, es jedoch nicht gewagt, etwas zu erwidern, aus Angst, dass Adèle ihre Meinung ändern und ihr Wissen für sich behalten würde.
    »Jener Abend im Auto … Wir haben uns gestritten. Er hatte die fixe Idee, dass ich ihn ausgenutzt hätte. Er behauptete, ich hätte meinen Kontakten vertrauliche Dokumente aus seiner Aktentasche zugespielt. Ich hätte ihm die Wahrheit sagen sollen – und das hätte ich auch getan, wenn ich begriffen hätte, was auf dem Spiel stand. Ich hätte ihm erzählen können, wer ihn verraten hatte, aber ich habe den Vorwurf einfach nur bestritten.«
    Adèles Augen waren blank und ihre Stimme heiser gewesen.
    »Er war so wütend, enttäuscht und verletzt, und ich habe ihn nur noch mehr provoziert. Dann hat er die Kontrolle über das Auto verloren. Er starb in dem Glauben, ich hätte ihn hintergangen.«
    Sie hatten einige Minuten lang schweigend nebeneinander gestanden und über die Stadt geblickt, ehe Adèle Linnea angewiesen hatte, zu warten, und sie daraufhin in der Kirche zurückgelassen hatte.
    Linnea betrachtete die schwülstigen Ikonen und versuchte, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Plötzlich erschien ihr so vieles aus ihrer Kindheit einleuchtend: Warum sie Dänemark so überstürzt verlassen mussten, kurz nachdem die ganze Familie in ein neues Haus gezogen war, und Linnea mit der Ansage in die siebte Klasse geschickt worden war, dass die vielen Umzüge

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