Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)
ihre Namen, und ich glaube nicht, dass wir je ganz an ihnen vorbeikommen. Zu den Orten, wo wir hinmüssen, gibt es meistens nur eine Flugverbindung. Also muss man die Hilfe entweder ganz unterlassen – oder darf keine Fragen stellen.«
Gunnerus beendete seine Ausführung genauso abrupt, wie er sie begonnen hatte. Thor saß einen Moment stumm da, dann dankte er ihm für sein Entgegenkommen, verlas die Namen auf dem Zettel laut, damit sie ebenfalls auf Band aufgezeichnet wurden, und stellte schließlich seine letzte und wichtigste Frage : » Was ist mit Anisa? Wie viel weiß sie von alledem? Also von zweifelhaften Kooperationspartnern und solchen Dingen?«
Gunnerus starrte ihn an.
»Sie glauben doch wohl nicht, dass ich gekommen bin, um sie anzuschwärzen? Spielen Sie wenigstens mit offenen Karten! Verdächtigen Sie sie des Mordes an diesem Journalisten?«
»Das kann ich nicht kommentieren.«
Gunnerus schwieg einen Moment.
»Ich besorge ihr einen Anwalt, wenn es nötig ist«, erklärte er dann. »Darauf können Sie Gift nehmen. Es ist natürlich immer leicht, auf die einzuschlagen, die sich nicht wehren können.«
Thor stand auf und schaltete das Aufnahmegerät aus. Das Verhör war überstanden.
»Warum hält sie sich dann immer noch versteckt?«
Gunnerus blieb kurz stehen, als Thor ihm die Tür aufhielt.
»Ist Ihnen noch nie die Idee gekommen, dass sie vielleicht Angst hat? Oder dass sie vielleicht schon tot ist?«
32
W arwick sprang die Treppe hinunter, hielt jedoch auf den letzten Stufen inne, damit er den Eingangsbereich im Blick hatte. Er hielt die Pistole in der Hand. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet, und eine Frau kam herein. Im Flur angekommen, legte sie ihre schwarze Schultertasche ab und ging direkt in die Küche. Obwohl er nur wenige Meter von ihr entfernt stand, bemerkte sie ihn nicht.
Als sie nach einer Flasche Rotwein auf dem Küchentisch griff, entsicherte er die Pistole. Sie sah anders aus als auf den Fotos, die der PET bereitgestellt hatte. Sie bewegte sich elegant, fast wiegend, jede ihrer Bewegungen war wie ein kleiner Tanzschritt. Sie streckte sich nach einem Weinglas im Küchenschrank und drehte sich dann zu einem teuer aussehenden Korkenzieher, der an der Tischplatte montiert war. Mit einer leichten Hebelbewegung entkorkte sie die Flasche. Und dann entdeckte sie ihn.
Sie stieß einen durchdringenden Schrei aus, und ihre Hand ließ die Weinflasche los. Wie versteinert starrte sie Warwick an, oder besser gesagt seine Pistole, die auf sie gerichtet war. Verblüfft starrte er auf die Flasche. »Conti di Numio«, stand darauf, »Amarone della Valpolicella 2007« . Das Etikett war halb durchweicht. Der Wein war übergeschwappt, als die Flasche auf den Terrazzofliesen landete, aber davon abgesehen war nichts passiert. Die Flasche stand unversehrt auf dem Boden.
Warwick trat einen Schritt näher. Sie schrie erneut, aber er verpasste ihr mit der linken Hand eine Ohrfeige, so dass sie verblüfft schwieg. Erst jetzt nahm er Blickkontakt zu ihr auf.
»Heben Sie sie hoch!«
Er deutete auf die Weinflasche und wiederholte den Befehl, doch erst, als er ein paar Schritte zurücktrat, tat sie, was er von ihr verlangte.
»Setzen Sie sich aufs Sofa!«
Warwick schaute auf seine Uhr. Eigentlich müsste er es wie verabredet rechtzeitig zu einem späten Abendessen schaffen. Diesmal war Lise mit dem Kochen dran, sie war auf einem Seminar gewesen und wollte früh zu Hause sein, aber eigentlich dürfte diese Angelegenheit auch nicht viel Zeit in Anspruch nehmen. Er nahm das Glas, das Vibe Herzog vor einem Moment aus dem Schrank genommen hatte. Dann ging er zu ihr ins Wohnzimmer und setzte sich neben sie auf das Sofa.
Sie reagierte nicht, saß nur wie paralysiert da und starrte vor sich hin. Sie stand unter Schock. Er zeigte mit der Pistole auf die Weinflasche, und jetzt reagierte sie allmählich und schenkte Wein ein, während er eine aufmunternde Kopfbewegung machte.
Dann hielt er ihr die Pistole vors Gesicht.
»Das ist eine Beretta 92 FS «, sagte er. »Und das, was ich jetzt draufschraube, ist ein Advanced-Armament-Supressor, auch Schalldämpfer genannt. Nur Ihr Schrei wird zu hören sein.«
Er nickte ihr zu.
»Trinken Sie!«
Vibe Herzog sah ihn misstrauisch an, nahm dann aber doch das Glas und führte es zum Mund. Er konnte sehen, dass ihr Mascara ein wenig verschmiert war. Sie begann zu trinken, aber ihr Blick füllte sich mit Angst, als er die kleine Schachtel aus der Innentasche
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