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Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Titel: Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Bødker
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Handtuch gegen die Stichwunde am Hals gepresst hatte. Herzog hatte viel Blut verloren und stand unter Schock, konnte aber gerade noch die Frage bejahen, ob sie den Täter kannte. Als der Beamte kurz darauf fragte, wer es sei, verlor sie das Bewusstsein. Und als um 19 . 50  Uhr der Rettungswagen eintraf, war es bereits zu spät. Puls und Atmung hatten ausgesetzt. Die Sanitäter diagnostizierten einen Herzstillstand und versuchten Herzog auf dem Weg ins Krankenhaus zu reanimieren, doch ohne Erfolg. Im Krankenhaus wurde ein erneuter Wiederbelebungsversuch unternommen, doch um 20 . 20  Uhr wurde sie für tot erklärt. Zu diesem Zeitpunkt waren Thor und Daniel Kraus bereits in Christiania am Tatort.
    Nun streiften sie durch die Räume, wühlten aufs Geratewohl in den Schubladen und Schränken, ohne allzu gründlich zu sein. Später würde ohnehin noch einmal alles auf den Kopf gestellt und registriert werden. Jetzt ging es eher darum, ein Gefühl dafür zu bekommen, ob etwas nicht so war, wie es sein sollte. Um das kleine Detail, das verriet, was Herzog in den Stunden vor ihrem Tod gemacht hatte und ob sie etwas vorausgeahnt hatte.
    Als hätten sie sich abgesprochen, tauchten sie beide gleichzeitig wieder im Eingangsbereich auf, wo die Konzentration an Blutspritzern und -tropfen am größten war.
    Im Blut waren Fußabdrücke zu erkennen, die aber vermutlich zu verschmiert waren, um das Schuhwerk identifizieren zu können. Das meiste Blut fand sich vor der Treppe zum ersten Stock. Die Wand vor der Treppe war in etwa einem Meter Höhe rot gefärbt, und einige Tropfen waren nach unten geronnen. Thor sah sich im Flur um.
    »Der Kampf hat hier neben der Treppe stattgefunden«, sagte er dann. »Hier ist sie angegriffen worden. Auf der Treppe sitzend. Sie kann sich nicht mehr viel bewegt haben. Sie hat es gerade noch so bis zur Tür geschafft. Und da war sie schon mit Messerstichen übersät.
    »Entweder stand sie unter Drogen, oder das Ganze lief extrem schnell ab.«
    »Oder der Täter war von einer unbändigen Wut getrieben.«
    Linkisch begann Kraus die Treppe hinaufzustaksen, damit er nicht in die Blutspuren trat. Die Ermittlungen hätte das allerdings nicht behindert, da ohnehin längst alles fotografiert und alle Proben genommen worden waren.
    *
    Kalte Fliesen auf dem Boden und Neonröhren an der Decke. Linnea starrte reglos in der Dunkelheit vor sich hin. Das Licht einer Straßenlaterne veranstaltete ein dramatisches Schattenspiel in der Vorhalle. Zu dieser Zeit herrschte kein Verkehr, und in dem großen Gebäude hielt sich niemand mehr auf.
    Sie sollte aufstehen und gehen. Von hier wegkommen. Oder sich vielleicht einfach nur aufsetzen und schreien. Schreien, bis sie nicht mehr konnte. Bis ihr der Speichel aus dem Mund spritzte und sie heiser wurde. Den Schrei herauslassen, der immer größer geworden war, je länger sie ihn zurückgehalten hatte. Brüllen und heulen.
    Aber sie konnte nicht. War zu nichts imstande. Sie schaffte es gerade noch, sich auf dem Boden zusammenzukauern. Mit den Armen um die Knie, halb sitzend, halb in Embryonalstellung gekrümmt. Sie bewegte sich nicht. Tat nichts. Starrte nur vor sich hin und sammelte all ihre Kräfte, um nach ihrem Telefon zu greifen und ihn anzurufen.
    »Komm und hol mich«, flüsterte sie.
    Er antwortete sofort.
    »Was ist denn los?«, fragte Thor. »Wo bist du?«
    »Komm und hol mich«, wiederholte sie. »Ich bin im Rechtsmedizinischen Institut.«
    »Das geht leider nicht, ich stecke mitten in einem Mordfall. Kann ich dir sonst irgendwie helfen?«
    Doch sie hatte einfach aufgelegt, ohne zu reagieren. Ließ die Hand wieder auf ihre Beine sinken. Das Telefon entglitt ihr und landete scheppernd auf dem Boden. Sie hob es nicht auf. Starrte wieder in die Luft. Unternahm nicht einmal einen Versuch aufzustehen. Ihr Körper verweigerte jede Bewegung. Sie war wie gelähmt und wusste nicht, wie sie hierhergelangt war. Wie hatte sie sich überhaupt aus der Kirche befreien können? Sie konnte sich nicht mehr erinnern.
    Sie musste gerannt sein. Um ihr Leben gerannt. Und anschließend – nichts. Keine Reaktion, keine Überlegungen. Kein Zusammenbruch. Nur eine Instinkthandlung, die das Erlebte auf Abstand hielt und den Schock verzögerte, der sie jetzt mit der Wucht eines Presslufthammers traf.
    An einem Imbiss in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof hatte sie einen Becher Kaffee hinuntergekippt, während ihr das Herz bis zum Hals schlug und sie versuchte, wieder normal zu atmen. Auf

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