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Bewegungswissenschaft

Bewegungswissenschaft

Titel: Bewegungswissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wollny
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sportmotorischen Fertigkeiten gibt es nahezu keine empirischen Kenntnisse, sodass Sportpraktiker auf das Alltagswissen und allgemeine Beobachtungen zurückgreifen müssen.
    Die in der Entwicklungspsychologie sehr konträr geführte Diskussion über die sinnvolle Abgrenzung verschiedener Lebensabschnitte im Erwachsenenalter wird in diesem Lehrbuch nicht thematisiert. Zurückgegriffen wird auf die in Kapitel 3.1 vorgestellte grobe Gliederung von W INTER (1998): frühes Erwachsenenalter (18./20.-30. Lebensjahr), mittleres Erwachsenenalter (30.-45./50. Lebensjahr), s pätes Erwachsenenalter (45./50.-60./70. Lebensjahr) und späteres Erwachsenenalter (ab 60./70. Lebensjahr). Die verdichtete Darstellung der durch beträchtliche interindividuelle Unterschiede, Ungleichzeitigkeiten und intraindividuelle Variabilitäten gekennzeichneten motorischen Entwicklung in den verschiedenen Phasen des Erwachsenenalters geht auf die typischen Lebenslagen und die durchschnittlichen Entwicklungsverläufe der motorischen Basisfähigkeiten und der sportmotorischen Fertigkeiten trainierter und untrainierter Personen ein.
    Das frühe Erwachsenenalter (18./20.-30. Lebensjahr) prägen auffällige interindividuelle Differenzen und mehr oder minder große Veränderungen der Lebensläufe. Als Hauptursachen gelten die gesellschaftlichen „Differenzierungen und die damit einhergehende Pluralisierung von Lebenslagen und Individualisierung von Lebensläufen“ (W INTER & B AUR , 1994, S. 311). Zu den Lebensaufgaben junger Erwachsener gehören der Abschluss der Berufsausbildung, die Aufnahme der Berufstätigkeit, die Ablösung von der Herkunftsfamilie, die „feste“ Partnerbindung, die mögliche Familiengründung und die Ausformung des persönlichen Lebensstils. Die beträchtlich divergierenden Lebenslagen und beruflichen Situationen bedingen die sehr unterschiedliche Einbindung von Bewegungsaktivitäten in das alltägliche Leben und den individuellen Lebensplan. Das Sportengagement der jungen Erwachsenen liegt zwischen den beiden Polen „generelles sportliches Desinteresse“ und „Berufssport“.
    Die dritte Lebensdekade charakterisiert die vollständige Ausdifferenzierung und die allmähliche Festigung der zuvor erreichten Alltags- und Arbeitsmotorik. Augenfällig wird das biologische Adaptationsgesetz, nach dem körperliche Leistungen nur bei systematischer Beanspruchung der Organ- und Funktionssysteme erhalten bleiben. Bei körperlich inaktiven jungen Menschen machen sich deutliche Stagnationstendenzen oder bereits erste Verschlechterungen der Organfunktionen und der konditionellen Basisfähigkeiten bemerkbar. Das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Leistungsverschlechterungen ist deutlich größer als bei Trainierten. Besonders auffällig erscheinen bei den untrainierten Personen die geschlechtsspezifischen Leistungsdifferenzen zu Ungunsten der Frauen. Die koordinativen Fähigkeiten stagnieren bei Nichttrainierten schon zu Beginn des frühen Erwachsenenalters. Das in der Jugendzeit erworbene koordinative Leistungsniveau bleibt aber weit gehend erhalten. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede fallen erheblich geringer aus als bei den konditionellen Fähigkeiten. Die Entwicklung der sporttypischen Bewegungstechniken der Nichttrainierten entspricht dem durchschnittlichen Entwicklungsverlauf der konditionellen Fähigkeiten ( vgl. Abb. 62 a und b; W INTER & B AUR , 1994; W INTER , 1998).
    Die besten sportmotorischen Leistungen erreichen Frauen und Männer im frühen Erwachsenenalter. Die Frauen erzielen ihre sportlichen Höchstleistungen durchschnittlich im 25. Lebensjahr. Bei den Männern setzt die Höchstausprägung der Kraft-, Ausdauer- und Schnelligkeitsfähigkeiten 2-4 Jahre später ein. Dafür dauert ihre Höchstleistungsphase länger und es liegen signifikant höhere Durchschnittswerte vor. Der frühe Beginn der Hochleistungsphase der weiblichen Erwachsenen steht in einem engen Zusammenhang mit dem schnelleren Verlauf der körperlichen Ontogenese und mit sozialen Einflüssen wie dem Abbruch der Sportkarriere zu Gunsten von Eheschließung und Kindererziehung.
    Mit zunehmendem Alter zeigen die trainierten Frauen in den Ausdauer-, Kraft- und Schnelligkeitsfähigkeiten deutliche Stagnationstendenzen. Sie verfügen nur noch über 60-90 % des sportmotorischen Leistungsvermögens der trainierten Männer (M EINEL & S CHNABEL , 1998). Die Dehnfähigkeit der Skelettmuskeln und mit ihr die Beweglichkeitsfähigkeiten verringern sich mit Beginn des

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