Bewegungswissenschaft
geringen aeroben Ausdauerfähigkeit eine deutlich herabgesetzte anaerobe Ausdauerfähigkeit . Bis zum frühen Erwachsenenalter verbessern sich beide Ausdauerfähigkeiten kontinuierlich. Die kindgerechte Form der Ausdauerbelastung stellt die aerobe Ausdauerfähigkeit (Grundlagenausdauer) dar. Uneinigkeit besteht darüber, ab welchem Lebensalter Schulkinder überlangen Ausdauerbelastungen (z. B. Marathon) ausgesetzt werden können. Bei der Bewertung von Entwicklungskurven zur Ausdauerfähigkeit muss generell berücksichtigt werden, dass die Befunde in Abhängigkeit von der eingesetzten Leistungsdiagnostik (Laufband-, Fahrradergometer-, Lauftest) in starkem Maße durch das motorische Fertigkeitsniveau beeinflusst werden.
Abb. 59: Entwicklung ausgewählter motorischer Fähigkeiten im Schulkind- und Jugendalter
a ) Aerobe Ausdauerfähigkeit (in % der Erwachsenenwerte; mod. nach B AROR , 1986, S. 14)
b ) Kraftfähigkeit (maximale Zugkraft des M. biceps brachii; mod. nach W INTER , 1998, S. 277)
c ) Schnelligkeitsfähigkeit (maximale Frequenz kleinamplitudiger Bewegungen; mod. nach W INTER , 1998, S. 278)
d ) Koordinative Fähigkeiten (Mittelwerte über mehrere Gewandtheitsläufe; mod. nach W INTER , 1998, S. 281)
Die verbesserte Trainierbarkeit des Muskel- und Sehnensystems bedingt zunächst mit geringen geschlechtsspezifischen Differenzen ansteigende Zuwachsraten der Kraftfähigkeiten ( vgl. Abb. 59 b). Die Muskulatur der unteren Extremitäten ist durch die zahlreichen Entwicklungsreize alltäglicher lokomotorischer Bewegungsaktivitäten deutlich besser ausgebildet als die der oberen Körpergliedmaßen (W INTER , 1998). Eineinheitlicher Entwicklungsverlauf besteht weder für die Maximalkraft, die Schnellkraft noch für die Kraftausdauer. Der hohe Prozentsatz der Kinder mit Rückenschmerzen, Fußoder Haltungsschwächen hat seine Hauptursache in der rückläufigen alltäglichen körperlichen Belastung. Das kindgerechte Krafttraining sollten Sportlehrer, Übungsleiter und Trainer deshalb auf die Ausbildung der Rumpf- und Fußmuskulatur ausrichten.
Die Schnelligkeitsfähigkeiten – insbesondere die Reaktions- und Bewegungsschnelligkeit – zeigen, gefördert durch die Ausreifung des Nervensystems, im Vergleich zu den energetisch bedingten konditionellen Basisfähigkeiten (Ausdauer-, Kraftfähigkeiten), deutlich höhere Zuwachsraten ( vgl. Abb. 59 c). Zum Ende des Schulkindalters nähert sich die einfache Reaktionszeit den Kennwerten der Erwachsenen an. Während die Beweglichkeitsfähigkeit des Hüftgelenks (Spreizfähigkeit der Beine) und die dorsal gerichtete Beweglichkeit des Schultergelenks der Schulkinder abnimmt, verbessert sich die Beugefähigkeit der Wirbelsäule und des Hüftgelenks ( vgl. Abb. 61 ). Die Mädchen zeigen durch die günstigen konstitutionellen Voraussetzungen für alle Körpergelenke deutlich bessere Beweglichkeitsfähigkeiten als die Jungen.
Abb. 60: Entwicklung der Weitwurfleistung mit dem 150-g-Schlagball und dem 600-g-Schlagball im Schulkind- und Jugendalter (mod. nach W INTER , 1998, S. 285)
Das auffälligste Merkmal des Schulkindalters betrifft die ausgeprägte Zunahme der koordinativen Fähigkeiten ( vgl. Abb. 59 d). Ausschlaggebend erscheinen die vorteilhaften Körperproportionen, die Vollentwicklung der sensorischen Analysatoren, die Verbesserung der motorischen Kontrollprozesse, der Zuwachs an kognitiven Fähigkeiten und die hohe Mobilität der Schulkinder (R OTH & W INTER , 1994). Einen großen Einfluss auf die Ausdifferenzierung und die variable Verfügbarkeit des elementaren und sporttypischen Bewegungsrepertoires übt der Schul- und Vereinssport sowie die Ausweitung der informellen Sportkultur zu Freizeit-, Abenteuer- oder Risikosportarten aus (B RETTSCHNEIDER , B AUR & B RÄUTIGAM , 1989). Während sich die Jungen vornehmlich an sporttypischen Leistungen orientieren, gilt das weibliche Interesse eher disziplinübergreifenden Sportangeboten (S CHEID , 1994b).
Das Auftreten spezifischer Ausprägungen sporttypischer Bewegungstechniken lässt sich im Schulkindalter nicht mehr einem bestimmten Ort auf einem zeitlichen Kontinuum zuordnen. Die sportmotorischen Fertigkeiten differenzieren sich durch die gute Lernfähigkeit, die positiven Entwicklungstendenzen der motorischen Fähigkeiten und die erweiterten Erfahrungs- und Handlungsmöglichkeiten der Schulkinder mit deutlichen interindividuellen Unterschieden. Selbst koordinativ schwierige Bewegungstechniken wie der Dreisprung in der
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