Bewegungswissenschaft
unentwickelte Theorien, inhaltliche Unklarheiten und verwirrende Begriffssystematiken der koordinativen Fähigkeiten. Insgesamt kann sich kein autorenspezifisches Strukturmodell koordinativer Fähigkeiten entscheidend durchsetzen. Angeraten wird, die Konzeption und empirische Prüfung eines Integationsmodells, das die verschiedenen autorenspezifischen Anforderungsklassen koordinativer Fähigkeiten versucht, zu vereinen.
Zur Aufdeckung und Analyse der koordinativen Teilfähigkeiten greift der Sport auf den in der Differentiellen Motorikforschung bewährten sportmotorischen Test zurück.Hierbei handelt es sich um unter standardisierten Bedingungen zu lösende Bewegungsaufgaben. Diese müssen den klassischen Hauptgütekriterien der Objektivität, Reliabilität (Verlässlichkeit) und Validität (Gültigkeit) genügen. Ziel ist es, von den erfassten motorischen Leistungsdaten auf den Ausprägungsgrad bestimmter sportmotorischer Fähigkeiten des Individuums zurückzuschließen.
In den letzten Jahren kritisieren einzelne Autoren die theoretischen und forschungsmethodischen Grundannahmen der Differentiellen Motorikforschung ebenso wie die Ableitung der relevanten Leistungsvoraussetzungen dominant-koordinativer Bewegungsaufgaben. Allgemeine, technikungebundene, motorische Konstrukte werden zwar nicht grundsätzlich infrage gestellt. Jedoch erfahren die überzogenen Erwartungen bezüglich des Erklärungswerts breit ausgelegter, „situationsspezifischer“ latenter motorischer Dispositionen und die Unterschätzung der Effekte bewegungsgebundener Motorikmerkmale zunehmende Kritik (vgl. R OTH , 1999; W OLLNY , 2002).
Für den Spitzensport erachten D AUGS , M ECHLING , B LISCHKE und O LIVIER (1991), W EINERT , S CHNEIDER und B ECKMANN (1991), M UNZERT (1995) und B ÖS (2001) die auf generelle Motorikmerkmale zentrierte Denkweise des Fähigkeitsparadigmas als problematisch und wenig brauchbar. Expertisestudien und Einzelbiografien zum Experten-Novizen-Paradigma weisen darauf hin, dass sowohl bei Hochgeübten als auch bei Anfängern qualifikationsabhängig unterschiedliche nomothetische (gesetzmäßige) Fähigkeitsstrukturen vorliegen. Darüber hinaus prägen die motorischen Leistungen der Spitzenathleten im größeren Maße qualitative, höchst individuelle bewegungsbiografische Faktoren.
Zentrale Begriffe
Auswertungsobjektivität, Differenzierungshypothese der koordinativen Fähigkeiten, Durchführungsobjektivität, Gewandtheit, Gütekriterien, hierarchisches Strukturmodell der koordinativen Fähigkeiten, informationell determinierte Fähigkeiten, koordinative Fähigkeiten, Lernfähigkeit, motorische Lernfähigkeit, Nebengütekriterien, Objektivität, Reliabilität, sportmotorischer Test, Validität.
Zur vertiefenden Weiterarbeit
B ÖS , K. (2001). Handbuch sportmotorischer Tests (2. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.
K OSEL , A. (2001). Schulung der Bewegungskoordination. Schorndorf: Hofmann.
N EUMAIER , A. (1983). Sportmotorische Tests in Unterricht und Training. Schorndorf: Hofmann.
R OTH , K. (1999). Die fähigkeitsorientierte Betrachtungsweise. In K. R OTH & K. W ILLIMCZIK (Hrsg.), Bewegungswissenschaft (S. 227–288). Reinbek: Rowohlt.
Literatur
A MELANG , M. & B ARTUSSEK , D. (2001). Differenzielle Psychologie und Persönlichkeitsforschung (5. Aufl.). Stuttgart: Kohlhammer.
B ECK , J. & B ÖS , K. (1995). Normwerte motorischer Leistungsfähigkeit. Köln: Sport und Buch Strauß.
B IELEFELDER S PORTPÄDAGOGEN (Hrsg.). (2003). Methoden im Sportunterricht (4. Aufl.). Schorndorf: Hofmann.
B LUME , D.-D. (1978). Zu einigen wesentlichen theoretischen Grundpositionen für die Untersuchung der koordinativen Fähigkeiten. Theorie und Praxis der Körperkultur, 27, 29–36.
B ÖS , K. (2001). Handbuch sportmotorischer Tests (2. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.
B ÖS , K. & M ECHLING , K. (1983). Dimensionen sportlicher Leistungen. Schorndorf: Hofmann.
B ÖS , K. & T ITTELBACH , S. (2001). Wie werden sportliche Bewegungen gemessen? In V. S CHEID & R. P ROHL (Hrsg.), Bewegungslehre: Kursbuch Sport (S. 123–154). Wiebelsheim: Limpert.
C ONZELMANN , A. & S CHNEIDER , H. (2000). Grundlagentraining im Kindesalter. Spiel- und Übungsformen zur Schulung motorischer Fähigkeiten. Sindelfingen: Sportverlag.
D AUGS , R., M ECHLING , H., B LISCHKE , K. & O LIVIER , N. (1991). Sportmotorisches Lernen und Techniktraining zwischen Theorie und Praxis. In R. D AUGS , H. M ECHELING , K. B LISCHKE & N. O LIVIER (Hrsg.), Sportmotorisches Lernen
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