Bewegungswissenschaft
control) betrifft die Organisation schneller Bewegungen (< 200 ms) mithilfe im Hirn repräsentierter, vorstrukturierter Bewegungsvorschriften (motorische Programme; vgl. Lektion 4, Abb. 18 ). Vor dem Bewegungsbeginn informieren die Afferenzen über die aktuellen Umweltbedingungen und den Zustand der Bewegungsorgane. Diese Informationen dienen der optimalen Abstimmung der zentralnervösen Bewegungsanweisungen auf die motorische Aufgabe. Externe Störeinflüsse kann der Sportler während der Fertigkeitsausführung nur dann kompensieren, wenn diese bereits vor dem Bewegungsbeginn bekannt waren und bei der Erstellung der Bewegungsvorschriften berücksichtigt wurden. Nach dem Bewegungsende unterrichten die Reafferenzen über das Bewegungsergebnis, um mögliche Fehler in der Bewegungsausführung aufzudecken.
Grundlegende Einblicke in die variantenreichen kybernetischen, psychologischen und bewegungswissenschaftlichen Vorstellungen über die Closed- und Open-Loop-Bewegungskontrolle vermitteln die Monografien von B ERNSTEIN (1967, 1988), C RUSE (1981), S CHMIDT (1988) oder W OLLNY (1993).
Bei der in Kapitel 3 ausführlich behandelten Bewegungsregelung (syn. Closed-Loop-Kontrolle, feedback control) gewährleisten kontinuierlich stattfindende Informationsprozesse und das Zusammenwirken verschiedener Einzelelemente eines Kreisprozesses die Stabilität von Systemzuständen, die Zustandsveränderung des motorischen Systems während der Bewegungsausführung und die Kompensation unvorhersehbarer Störungen (vgl. Kap. 3, Abb. 10 ). Auf der Grundlage der Situationsafferenzen generiert der Mensch vor Beginn der motorischen Handlung eine Bewegungsvorschrift, die ausschließlich der Initiierung erster einleitender Bewegungssequenzen dient. Die weitere Kontrolle und die Flexibilität der Bewegungsfertigkeit basiert auf der kontinuierlichen Verarbeitung der sensorischen Rückmeldungen.
Während der Bewegungsausführung fließen die (Re-)Afferenzen weit gehend unbewusst in die ablaufbegleitende Bewegungskontrolle ein. Diese sucht auf der Grundlage der Efferenzkopie nach möglichen Ausführungsfehlern. Ins Bewusstsein treten die (Re-)Afferenzen nur dann, wenn bedeutsame Bewegungsfehler oder Störungen auftreten. Bei ihrer Identifizierung senden höhere Instanzen des Zentralnervensystems so lange efferente Korrekturimpulse an die Skelettmuskulatur, bis die (Re-)Afferenzen mit der Efferenzkopie übereinstimmen.
Das Führen eines Mountainbikes auf einem schmalen Trail am Rande eines Abhangs steht als ein anschauliches Beispiel für die Closed-Loop-Bewegungskontrolle. Die wünschenswerte Zielgröße stellt das „Fahren in der Mitte des Trails“ dar. Durch kontinuierliche visuelle Rückmeldungen überprüft der Mountainbikefahrer, inwieweit er diese Vorgabe erfüllt. Bei Fahrfehlern, wie die gefährliche Annäherung an den Rand des Abhangs oder beim Umfahren oder Überwinden größerer Steine, Bodenunebenheiten oder Wurzeln, leitet der Mountainbikefahrer entsprechende Korrekturbewegungen ein, um das Mountainbike in der Mitte des Trails zu halten.
Detaillierte Erklärungen der speziellen Mechanismen und Funktionsprozesse der Bewegungsregelung findet der Leser in Kapitel 3. Die Besonderheiten der Bewegungssteuerung und der Kombination der Open- und Closed-Loop-Bewegungskontrolle greifen die Lektionen 4 und 6 auf.
3 Was charakterisiert die Closed-Loop-Kontrolle?
Das zentrale Kennzeichen der Closed-Loop-Kontrolle (Regelung) ist der Funktionsablauf in einem geschlossenen Wirkungskreis, der Störungen selbstständig kompensieren kann. Zu den funktionellen Komponenten kybernetischer Regelsysteme zählen der Sollwert, der Istwert, die Exekutive, die Fehleraufdeckung, die Stellgröße, der Effektor und der geschlossene Regelkreis ( vgl. Abb. 10 ). Der Sollwert entspricht dem Ziel des Regelvorgangs. Der Istwert (Feedback) kennzeichnet den durch spezielle Messfühler erfassten aktuellen Systemstatus. Die Exekutive vergleicht den Sollwert mit dem Istwert ( Fehleraufdeckung ). Bei Sollwert-Istwert-Differenzen generiert die Exekutive eine entsprechende Stellgröße zur Korrektur der Sollwert-Istwert-Differenzen. Die Umsetzung der Stellgröße übernimmt der Effektor. Seine Messfühler erfassen den neuen Istwert und übermitteln diesen an die Exekutive, die wiederum einen Sollwert-Istwert-Vergleich durchführt. Der beschriebene Rückkopplungsprozess findet in einem geschlossenen Regelkreis statt, der so lange durchlaufen wird, bis keine
Weitere Kostenlose Bücher