Bewegungswissenschaft
motorische Verhaltensweisen ausschließlich auf angeborene Reflexe zurückführt und durch das klassische Konditionieren keine neuen Verhaltensweisen aufgebaut werden können. Erlernt wird lediglich, mit etablierten Reaktionen auf neue Reize zu antworten. Ein wesentlicher Teil der Bedeutung der klassischen Konditionierung kommt im Alltag und im Sport dem Erwerb emotionaler und motivationaler Einstellungen gegenüber zuvor neutralen Objekten zu.
Bekannt sind die Furchtreaktionen beim bloßen Hören der Geräusche eines Zahnarztbohrers oder die Angstreaktionen von Schülern beim Anblick des Sprungkastens, an dem sie sich im Sportunterricht wiederholt leicht verletzt haben. Die individuell erworbenen Furcht- und Angstreaktionen gegenüber bestimmten Umweltbedingungen unterliegen ausschließlich biografischen Erfahrungen. Ein „berühmtberüchtigtes“ Experiment zur klassischen Konditionierung emotionaler Einstellungen führte W ATSON mit seinem einjährigen Sohn Albert durch ( vgl. Tab. 5 ).
Tab. 5: Der Fall des kleinen Albert W ATSON – Konditionierung von Furcht- und Angstreaktionen
Der Fall des kleinen Albert W ATSON
Der einjährige Albert besaß als Spielkameraden eine zahme weiße Ratte, auf die er positiv emotional reagierte. Um aufzuzeigen, dass der Mensch emotionale Reaktionen erlernt, konditionierte W ATSON bei seinem Sohn Albert eine negative Emotion auf die weiße Ratte. W ATSON erzeugte immer dann mit einem Hammerschlag auf einen Stahlstab ein lautes, Furcht erregendes Geräusch, wenn der kleine Albert die Ratte gerade streicheln wollte. Hierauf zuckte der Junge zurück, begann zu weinen und krabbelte davon. Die Reizkombination „weiße Ratte und lautes Geräusch“ wiederholte W ATSON mehrmals. Jedes Mal zeigte der einjährige Albert die gleichen Angstreaktionen. Nach mehreren Tagen präsentierte W ATSON seinem Sohn die Ratte ohne das laute Geräusch. Schon der alleinige Anblick der Ratte, aber auch anderer pelzartiger Gegenstände führten beim kleinen Albert zu intensiven Angstreaktionen (W ATSON & R AYNER , 1920). Mittlerweile haben sich in der Wissenschaft die ethischen Standards glücklicherweise verändert, sodass derartige Experimente nicht mehr genehmigt werden.
Verstärkungstheoretische Position
Als Begründer der verstärkungstheoretischen Position gilt Edward Lee T HORNDIKE (1913), der die Theorie der instrumentellen Konditionierung – Lernen durch Versuch und Irrtum – formulierte. Im Unterschied zur klassischen Konditionierung, bei der ein neutraler Reiz durch die Verknüpfung mit einer angeborenen Reaktion verhaltensrelevant wird, lösen bei der instrumentellen Konditionierung internale Reize (z. B. Triebe, Motive) das Verhalten aus. Das Erlernen von Reiz-Reaktionsverbindungen erfolgt unbewusst nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum (Trial and Error). Eine neue Reiz-Reaktionsverbindung festigt sich durch die auf die Reaktion folgende positive oder negative Konsequenz.
Die experimentellen Studien zur instrumentellen Konditionierung finden typischerweise mit hungrigen Katzen statt, die in einem Problemkäfig sitzen ( vgl. Abb. 29 a). Das Futter steht für die Versuchstiere gut sichtbar, aber nicht direkt erreichbar außerhalb des Käfigs. Die Käfigtür kann von den Katzen beispielsweise mittels eines verdeckten Mechanismus durch Zug an einer von der Decke herabhängenden Schlaufe geöffnet werden. Zu Beginn des Experiments versuchen die Katzen, das Futter durch die Spalten des Käfigs zu erreichen. Dabei treten die Versuchstiere zufällig mit der Vorderpfote in die von der Decke herabhängende Schlaufe und öffnen hierdurch die Käfigtür. Die Katzen benötigen zunächst eine sehr lange Zeitdauer, um mit der richtigen Handlung dasFutter zu erreichen (Abb. 29b). Im Verlauf des Experiments verringert sich der Zeitaufwand für das Öffnen der Käfigtür zunehmend. Zum Untersuchungsende treten die Katzen zielstrebig in die von der Decke herabhängende Schlaufe, sobald sie vom Versuchsleiter in den Problemkäfig gesetzt werden.
Abb. 29: Versuchsaufbau und Ergebnisse zur instrumentellen Konditionierung von Katzen (mod. nach D OMJAN , 1998, S. 124)
a) Schematische Darstellung des Problemkäfigs für Katzen (Beschreibung siehe Text)
b) Darstellung eines typischen Lernverlaufs
T HORNDIKE (1913) fasst die experimentellen Befunde zur instrumentellen Konditionierung zu drei Gesetzmäßigkeiten des Lernens zusammen. Diese besagen im Einzelnen, dass sich instrumentell erlernte
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