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Bewegungswissenschaft

Bewegungswissenschaft

Titel: Bewegungswissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wollny
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methodische Strategien für die Vereinfachung sportmotorischer Lern- und Optimierungsprozesse ableiten und plausibel begründen ( vgl. Lektion 7 ).
    Wer ganz allgemein etwas über die zentralnervösen Mechanismen, Funktionsprozesse und Gesetzmäßigkeiten oder die neuromuskulären Anpassungserscheinungen bei der Aneignung und der Koordination sporttypischer Bewegungsfertigkeiten nachlesen möchte, kann die Monografie von W OLLNY (1993) studieren. Ausführlich dargestellt werden neben den in der Bewegungswissenschaft des Sports diskutierten motorischen Kontroll- und Lerntheorien die elektromyografische Prüfung der Übertragung der Theorie generalisierter motorischer Programme von S CHMIDT (1988) auf sporttypische Bewegungsfertigkeiten.
    Die Grundlagen der Theorie generalisierter motorischer Programme bilden drei eng miteinander verbundene Annahmekerne: die Impuls-Timing-Hypothese (Inhalte motorischer Programme), die Gestaltkonstanz-Hypothese (Benennung der Programmparameter) und die Schema Theory of Discrete Motor Skill Learning (situationsangemessene Parameterauswahl).
    Impuls-Timing-Hypothese
    Empirisch prüfbare Vorstellungen über die Inhalte motorischer Rahmenprogramme liefert die Impuls-Timing-Hypothese ( vgl. Lektion 4, Kap. 5.1 ). Mit Bezug auf den physikalisch-mechanischen Impulsbegriff wird festgeschrieben, wann die einzelnen Aktivitätsphasen der bewegungsausführenden Skelettmuskeln beginnen und enden und mit welchen Intensitäten die muskulären Krafteinsätze erfolgen sollen.
    Auf den alpinen Skilauf übertragen, muss der Sportler vor dem Bewegungsbeginn unter Berücksichtigung der physikalischen und körperlichen Gegebenheiten – wie Hangneigung, Schneeart oder Winkelstellung der Körpergelenke – zahlreiche Bedingungsfaktoren festlegen. Beim parallelen Grundschwingen betrifft dies den Bewegungsumkehrpunkt einer Schwungfolge, die Bewegungsgeschwindigkeit und den jeweiligen Bogenradius für die Einzelschwünge.
    Nach der Impuls-Timing-Hypothese beinhalten generalisierte motorische Programme drei invariante Zeit- und Kraftrelationen, die eine bestimmte Klasse ähnlich strukturierter Bewegungen festlegen (z. B. Überkopfwurf im Basketball aus unterschiedlichen Distanzen). Zu den Programminvarianten zählen das Sequencing, das relative Timing und die relativen Krafteinsätze.
    Das Sequencing – Reihenfolge der Einzelimpulse
und relative Impulsabstände – beschreibt die Reihung der
Muskelaktivierungen und die Proportionen ihrer zeitlichen Abstände
zueinander. Bei der Hitch-Kick-Technik im Weitsprung startet die
Bewegung durch die beiden kurz aufeinander folgenden Einzelimpulse
A und C ( vgl. Abb. 39 ). Ihnen folgen in einer bestimmten zeitlichen Relation die sechs Einzelimpulse B bis H. Als vorab programmierte Relationen der Impulsabstände gelten beispielsweise A Impulsbeginn bis B Impulsbeginn in Relation zu A Impulsbeginn bis D Impulsbeginn oder A Impulsbeginn bis B Impulsbeginn in Relation zu A Impulsbeginn bis H Impulsbeginn .
    Das relative Timing – relative Impulsdauer – betrifft die zeitliche Dauer der bewegungssteuernden Muskelaktivitäten, die durch die Verhältnisse der Einschaltdauer der Einzelimpulse festgelegt wird. Für das in Abbildung 39 dargestellte Impulsmuster der Hitch-Kick-Technik gelten exemplarisch die acht Quotienten A Impulsdauer zu B Impulsdauer ... zu H Impulsdauer .

    Abb. 39: Impuls-Timing-Programm für die Hitch-Kick-Technik im Weitsprung (mod. nach G ÖHNER , 1999, S. 172)
    Die relativen Krafteinsätze – relative Impulshöhen – als die Relationen der während der Ausführung der Hitch-Kick-Bewegung erzeugten Muskelkräfte (Amplitudenhöhe) kennzeichnet Abbildung 39 durch die acht Quotienten A Impulshöhe zu B Impulshöhe zu ... H Impulshöhe .
    Gestaltkonstanz-Hypothese
    Ausgehend von der Impuls-Timing-Idee, steuert ein einzelnes generalisiertes motorisches Programm eine bestimmte Bewegungsklasse. Welche spezielle Fertigkeitsausprägung ausgeführt wird, legen nach der Gestaltkonstanz-Hypothese (shape constancy hypothesis) leicht modifizierbare metrische Programmparameter fest (filling in parameter). Als die wichtigsten Parameter benennt S CHMIDT die Gesamtbewegungszeit (movement time) und den Gesamtkrafteinsatz (force). Diese beiden Ausführungsparameter passen die zeitlich-dynamische Relation des Impuls-Timing-Musters an die aktuellen äußeren und körperinneren Bedingungen an und bestimmen die absoluten Zeit- und Kraftwerte. Das motorische Rahmenprogramm

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