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Beweislast

Beweislast

Titel: Beweislast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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letzten Kräfte zu mobilisieren.
     
    Häberle war den schmalen Asphaltweg zum Erlenhof hinaufgefahren, wo ihm am Samstag der bestialische Mistgestank beinahe den Atem geraubt hätte. Als der Wagen in die Hofstelle rollte, präsentierte sich ihnen wieder die längst bekannte Unordnung. Nur dass diesmal zwischen alten landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen drüben vor dem Querbau ein roter VW-Golf parkte, der offenbar auch schon bessere Zeiten gesehen hatte. Kaum waren die beiden Kriminalisten ausgestiegen, tauchte aus einer der windschiefen Türen Hudelmaier auf. »Grüß Gott, die Herrn«, schallte es ihnen entgegen. »haben Sie den Blücher immer noch nicht gefunden?«
    Die Kriminalisten schüttelten ihm die Hand und machten betretene Gesichter. »Leider nein«, sagte Häberle, »es sieht ganz danach aus, als sei er doch nicht mehr in diesem herrlichen Tal hier.«
    »Wenn Sie das sagen …« Hudelmaier strich sich übers unrasierte Kinn, »… Ihre Leute haben schließlich alles auf den Kopf gestellt.«
    »Nicht alles«, entgegnete Häberle, was sein Gegenüber für einen Augenblick stutzen ließ. Linkohr sah sich unterdessen wieder um und staunte insgeheim, wie verschmutzt der alte Golf war.
    Häberle gab sich locker. »Aber vermutlich müssen wir den Fall Blücher in der Tat ungeklärt zu den Akten legen. Wir sind nur gerade noch dabei, einige Punkte abzuchecken.«
    »Hier … bei mir?«
    »Nicht nur. Die Kollegen, die hier im Gelände waren, haben ein paar Dinge zu Protokoll gebracht, die routinemä­ßig geprüft werden müssen. Aber das …« Häberle schaute über die desolaten Türen und Fenster, »das wird nicht viel bringen. Es geht um unverschlossene Türen, die an einigen Gehöften aufgefallen sind. Bei Ihnen war zwar alles verschlossen, aber es gab da wohl eine Tür, deren Schloss nur notdürftig angenagelt war.«
    »Klar, ich verstehe«, zeigte sich Hudelmaier kooperativ, »hinten. Wollen Sie es sehen?«
    »Wenns möglich ist«, bat Häberle, während sich der Hofbesitzer bereits in Bewegung setzte, um durch den Querbau hindurch zur Gebäuderückseite zu gelangen.
    »Das ist nichts Außergewöhnliches«, hörte er Hudelmaiers Stimme, als sie durch die Scheune gingen, in der offenbar eine Vielzahl von uralten Geräten standen. Es roch nach Heu, Öl und Gülle. »Hier draußen bei uns sind viele Gebäude in einem sehr schlechten Zustand. So richtig sanieren, das will keiner mehr. Die Höfe sind finanziell gesehen ein Fass ohne Boden.« Er redete ohne Unterbrechung, bis sich eine Tür öffnete und ihnen wieder Tageslicht entgegenschlug.
    Linkohr hatte sich zurückgehalten. Er wollte dieses Gehöft auf sich wirken lassen, das eigentlich auch ein Museum hätte sein können. Wo wohl die Frau Hudelmaier war?, dachte er sich plötzlich und sog die frische Luft ein, die kaum noch nach Mist roch. Er besah sich die Fensterläden im ersten Geschoss des Wohnhaustraktes. Überall wäre frische Farbe nötig gewesen. Dann drehte er sich zu dem Golf, der von der Karosserieform her offenbar noch aus der allerersten Baureihe stammen musste. Der Wagen war aber zugelassen. Zumindest gab es auf den Kennzeichen die entsprechenden Stempel. Linkohr versuchte, den Kilometerstand abzulesen, was ihm aber nicht gelang. Stattdessen zog er ein frisches Papiertaschentuch aus der Hosentasche und wischte damit vom linken vorderen Kotflügel den festgetrockneten Schmutz. Nachdem er sich mit einem Rundumblick vergewissert hatte, dass nirgendwo jemand aus einem Fenster gesehen hatte, faltete er das Taschentuch zusammen und steckte es wieder ein.
    Zwei Minuten später tauchten Häberle und Hudelmaier wieder auf. »Dann ist also alles klar«, hörte er den Chefermittler sagen, während die beiden Männer näher kamen. »Ich geh davon aus, dass die Routinearbeit damit beendet ist.«
    »Die Routinearbeit?«, fragte Hudelmaier zweifelnd. »Was macht eigentlich der Prozess. Wird morgen das Urteil verkündet?«
    »Wenn nicht noch etwas dazwischenkommt, ja.«
    »Könnte denn etwas dazwischenkommen?«
    »Ich hoffe es«, erwiderte Häberle und wandte sich ab.

68
     
    Lebenslänglich. Nur diese eine Strafe komme in Frage, hatte der Staatsanwalt nach fast einstündigem Plädoyer erklärt. Aus Rache gehandelt. Rache dafür, dass er sich über den Berater des Arbeitsamtes maßlos geärgert habe. Bereits vormittags, so argumentierte Bändele, habe Ketschmar den Entschluss gefasst, jetzt ein Zeichen zu setzen. Als es dann am Abend zu dem vermutlich

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