Bewusstlos
Leben.
»Schatz, begreif doch: Es geht mir um Raffael! Es geht mir darum, ihn zu schützen, nichts weiter. Die Sache mit dem Messer können wir vertuschen, klar, wir können auch alle Fingerabdrücke wegputzen, aber wir können nicht seine DNA verschwinden lassen, die sicher überall zu finden ist. Und warum hat er sie umgebracht? Weil er sie im Suff vergewaltigt hat. Logisch. Also ist mit seinem Sperma auch seine DNA in der Leiche.«
Christine hielt sich die Ohren zu. »Oh, mein Gott!«
»Verstehst du endlich? Wir haben keine andere Chance! Wir müssen die Leiche beseitigen, sonst sitzt Raffael bis an sein Lebensende hier in Italien im Gefängnis. Und das ist nicht gemütlich. Er schafft das jedenfalls nicht. Er geht daran kaputt.«
Christine schwieg und überlegte.
»Es ist fürchterlich, und ich weiß auch noch nicht, wie wir es machen, aber ich tue es nur für Raffael. Nur für ihn. Denn sonst sitzt er im Knast und hat sein Leben verwirkt«, wiederholte er noch einmal. »Und wir können auch dichtmachen. Als Eltern eines Mörders haben wir ausgespielt. Außerdem will niemand an einem Ort Urlaub machen, wo jemand ermordet worden ist.«
Nach einer langen Pause sagte Christine: »Vielleicht hast du recht.«
»Ganz bestimmt habe ich recht. Bitte, vertrau mir!«
Christine hatte nicht gedacht, dass Karl seinen Sohn so sehr liebte. All die Jahre war er zurückhaltend und kühl gewesen, und oft hatte sie angenommen, er wäre ihm egal. Vor allem, als Raffael verschwunden war und sie keinen Kontakt mehr zu ihm herstellen konnten, schien er dieser Tatsache eher gleichgültig gegenüberzustehen. Jedenfalls hatte sie ihn nie aufgewühlt oder verzweifelt erlebt.
Sein Engagement für Raffael in dieser Situation rührte sie zutiefst, obwohl sie sich immer noch fragte, ob es nicht doch ein anderer gewesen sein könnte.
Aber unabhängig davon mussten sie die Leiche entsorgen, bevor die Carabinieri hier auftauchten und unangenehme Fragen stellten. Und es musste bald geschehen, denn Paola konnte bei dieser unerträglichen Hitze auf keinen Fall lange in der Ferienwohnung liegen bleiben.
»Aber Vasco wird hier aufkreuzen. Oder aber er geht zu den Carabinieri, meldet sie als vermisst und sagt, dass sie nach dem Streit hierhergegangen ist. Und dass sie hier gearbeitet hat.«
»Da müssen wir ihm unbedingt zuvorkommen. Wir müssen ihn anrufen, uns darüber aufregen, dass Paola schon seit zwei Tagen nicht mehr zur Arbeit erschienen ist, und ihm so richtig die Hölle heißmachen. Dann wird er erst mal nicht mehr davon ausgehen, dass Paola nach dem Streit zu uns gegangen ist. Dann sind wir zumindest ’ne Weile aus der Nummer raus.«
»Das ist nicht schlecht.«
»Wir werden ihm sagen, dass sie fliegt, wenn sie nicht innerhalb der nächsten zwei Tage wieder zur Arbeit kommt. Er wird nicht mehr wissen, was er zuerst denken soll, und das ist gut so. Vielleicht geht er auch zur Polizei und meldet sie als vermisst, und das ist auch nicht schlecht, denn dann konzentrieren sich die Carabinieri mit ihren Ermittlungen erst mal auf ihn. Nicht auf uns. Da gewinnen wir Zeit.«
»Du bist echt clever, Karl. Aber weißt du, was wir nicht bedacht haben?«
»Was?«
»Ihr Auto steht noch auf dem Parkplatz.«
Karl wurde ganz blass. »Verflucht noch mal.«
»Normalerweise steckt immer der Schlüssel. Wir müssen es wegfahren. Und zwar so, dass es Maria und Cecilia nicht mitbekommen. Denn die kennen Paolas Wagen ganz genau.«
»Und wenn sie den Wagen gestern schon gesehen haben?«
»Unwahrscheinlich. Cecilia kommt immer mit dem Fahrrad und fährt direkt durch das große Tor, und Maria parkt unten vor der Auffahrt, weil es ihr zu eng ist, auf dem Parkplatz zu wenden.«
Karl hatte eine steile Falte auf der Stirn, weil er scharf nachdachte. »Okay. Das Auto wegzufahren ist jetzt das Erste, was wir erledigen müssen. Die Leiche hat noch Zeit bis heute Nacht, aber das Auto muss weg. Sofort. Gut, dass du daran gedacht hast.« Karl lächelte unglücklich.
»Und was sollen wir heute Nacht mit Paola machen?«, fragte Christine und hoffte, dass Karl längst eine Idee hatte.
»Wart’s ab. Solange die Gäste hier rumlaufen, können wir nichts unternehmen. Die Tür ist abgeschlossen, niemand geht hinein. Und heute Nacht lassen wir dann die Leiche verschwinden.«
»Hast du schon eine Idee, wie?«
»Nein, aber ich überleg mir was. Und bis dahin kein Wort zu niemandem. Okay?«
»Ja, klar.«
»Versprichst du mir das?«
»Sicher.«
»Hoch und
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