Bewusstlos
für das räumliche Denken. Und wenn es diesen Platz gäbe: Wäre dann ein Mensch mit einem Hirnschaden an ebendiesem Punkt völlig hemmungslos und moralisch außer Kontrolle?«
»Geiles Thema.«
»Genau. Ich muss wissen, ob es an meiner Erziehung oder an meiner Anatomie liegt, ob ich gut sein kann und will. Ein Schlag auf den Kopf – und ich werde aggressiv. Ein Schuss in den Kopf – ich überlebe, aber werde zum Mör der. Schuld und Unschuld? Das große Thema der Menschheit. Und eine entscheidende Frage, auch in der Philosophie. Dich als Erzieherin müsste sie doch auch interessieren. Was kannst du überhaupt noch bewirken?«
Der Mann war faszinierend. Solche Gedankengänge hatte sie nie gehabt. Er gefiel ihr immer mehr, und sie sah ihn bewundernd an.
»Da vorne rechts«, sagte er.
Sie bog ab.
Raffael wollte sie vögeln. Jetzt und sofort. Er hatte keine Lust, noch länger durch die Gegend zu gurken, dummes Zeug zu erzählen und herumzuphilosophieren, er sah nur ihre Knie, die sich durch die Hose abzeichneten, wurde fast wahnsinnig dabei und wünschte, dass sie endlich ihre Schnauze hielte.
»Hinter den Bäumen da hinten kannst du halten. Da sind Parkbuchten.«
»Aber wo wohnst du denn? Da ist ein Parkhaus!« Sie war verunsichert.
»Ich wohne fünfzig Meter weiter. Aber da gibt es keine Parkplätze, und ich dachte, wir wollten uns noch fünf Minuten unterhalten.«
Sie fuhr in eine der Parkbuchten und schaltete den Motor ab.
Braves Kind, dachte Raffael. Na also, es geht doch.
Um diese Zeit war in der Paulstraße kein Mensch mehr unterwegs.
»Hast du morgen frei?«, fragte er sie, und sie nickte.
»Glaubst du, ich würde sonst noch so spät in die Kneipe gehen? Mein Arbeitstag beginnt um halb sieben.«
»Na, dann haben wir ja Zeit.«
Raffael legte seine Hand auf ihre. Sie riss sie zurück.
»Lass das!«
Er fasste sie derb in den Schritt.
»Hör auf mit dem Scheiß! Spinnst du?« Ihr Ton war scharf, aber es schwang auch eine Spur Panik in ihrer Stimme.
»Halt die Fresse!«, zischte er.
Er fasste über sie, und mit einem einzigen Griff brachte er ihren Fahrersitz krachend in die Waagerechte. Dann ergriff er sein Messer, die Klinge sprang heraus, und er drückte sie ihr an die Kehle.
»Wenn du anfängst Faxen zu machen, is’ Feierabend. Schneller, als du denken kannst, zieh ich dir das Ding durch die Gurgel.«
Nataschas Widerstand erlahmte augenblicklich. Sie spürte die Klinge auf ihrer Haut und wagte es kaum noch zu atmen, um sich nicht zu verletzen.
Raffael versuchte, ihr die leichte Leinenhose auszuziehen, und sie half ihm fast dabei, weil sie Angst hatte, geschnitten zu werden, wenn er sich zu sehr abmühen und an der Hose zerren musste.
Dann rollte er sich über sie, was wegen des Lenkrads schwierig war, und drückte sein Knie gewaltsam zwischen ihre Schenkel.
»Lass mich«, schluchzte sie. »Nicht hier, Sven, bitte nicht, wir gehen zu mir nach oben, okay?«
»Du lügst!«, schrie er. »Niemals nimmst du mich mit hoch. Du haust ab, oder oben wartet dein Freund oder deine Mami oder sonst wer. Versuch nicht, mich zu verarschen!«
»Nein!«, schrie sie, als er in sie eindrang.
»Hysterische Ziege!«, schnauzte er und wurde in allem, was er tat, noch brutaler.
Ihr Körper war völlig verkrampft. Alles, was er machte, tat ihr weh und trieb ihr die Tränen in die Augen.
Sie weinte stumm und hielt durch.
Nach wenigen Minuten war alles vorbei.
»Ich hätte nie gedacht, dass du so eine feige, brutale Sau bist«, flüsterte sie. »Das absolut Letzte. Das Allernachletzte.«
»Nun krieg dich mal wieder ein.« Raffael steckte sich das Hemd in die Hose. »Wir waren uns doch einig, oder? Und im Auto ist es doch mal was anderes. Also stell dich nicht so an.«
»Steig aus, du Schwein!«
Raffael stieg aus, und sie schloss sich im Wagen ein.
Sie beobachtete, wo er hinging.
Vor einem Mietshaus ein Stück weiter blieb er stehen und kramte in seinen Hosentaschen nach dem Hausschlüssel.
Sie merkte sich die Hausnummer zweiundsiebzig und brauste mit ihrem Wagen an ihm vorbei. Wollte nicht, dass er noch einmal auf sie aufmerksam wurde.
Raffael sah ihr hinterher und grinste. Gott sei Dank war sie weg, er hätte sonst nicht gewusst, wie er ins Haus kommen sollte, denn klingeln war zwecklos. Mitten in der Nacht ließ ihn niemand ein.
Aber das Problem hatte sich ja wundervoll von selbst erledigt. Er überlegte jetzt, ob er sich noch ein Sixpack besorgen oder lieber gleich in seine Wohnung gehen
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