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Bewusstlos

Bewusstlos

Titel: Bewusstlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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sollte!«
    Raffael lief der Schweiß in Strömen den Rücken hinunter, und für solche Sprüche hätte er den Idioten Weser, der sicher noch nicht einmal in der Lage war, im Badezimmer einen Handtuchhalter anzubringen, auf der Stelle erwürgen können.
    Mittlerweile waren die Kulissenteile so ineinander verkeilt, dass sie sich überhaupt nicht mehr bewegen ließen.
    »Was ist denn das für ein Dilettantismus!«, schrie Weser, und Raffael hatte jetzt Lust, in den Zuschauerraum zu springen und ihn zu verprügeln. Was nicht ging, ging eben nicht. Das musste selbst dieser Schwachkopf von Regisseur irgendwann begreifen.
    Nach dem vierten Bild trank er auf der Toilette sein fünftes Bier. Gegessen hatte er noch nichts.
    Als der Vorhang fiel und die Probe zu Ende war, hatte sich Weser ziemlich verausgabt, rumgeschimpft wie ein Rohrspatz, hatte versucht, Kinski-Ausbrüche zu kopieren, die er beeindruckend fand, und fühlte sich großartig dabei. Auch Inszenieren war Entertainment. Natürlich war die Probe noch nicht so gelaufen, wie sie sollte und wie Weser es sich vorgestellt hatte, aber das sah er nicht als Problem. Bis zur Premiere konnte noch jede Menge passieren. Er hatte keinen Zweifel daran, dass auch die technischen Schwierigkeiten zu lösen waren und die Umbauten wesentlich schneller funktionierten, wenn sich das Ganze eingespielt hatte. Nächste Woche war Premiere, und es würde ein Riesenerfolg werden.
    Seine Inszenierung war einfach genial.
    Helmut Weser klopfte auf Holz.
    Er drehte sich erst um, als nach dem Schluss des Stückes die Tür zum Rang klappte. Seine Regieassistentin, die im Parkett und auf dem Rang die Sichtachsen überprüft hatte, bahnte sich einen Weg durch die Sitzreihen zum Regiepult.
    »Der Alte war drin«, sagte sie und vermied es, Weser anzusehen, indem sie sich etwas in ihrem Regiebuch notierte. »Er will dich sprechen. Du sollst ins Büro kommen.«
    Weser war wie elektrisiert. »Hat er die ganze Probe gesehen?«
    »Ja, hat er.«
    »Und? Hat er was gesagt? Hat’s ihm gefallen?«
    Michaela zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Er hat keinen Ton gesagt, nur, dass du raufkommen sollst.«
    Weser war keineswegs irritiert, sondern stolz und glücklich, dass der Intendant die Probe gesehen hatte. Selbstverständlich hatte es ihm gefallen, da gab es gar keinen Zweifel. Fischer war ein alter Hase. Er konnte bestimmt abstrahieren, was eine gute Inszenierung war und was nicht. Auch wenn die Technik noch versagt hatte und fast alle Schauspieler unter ihren Möglichkeiten geblieben waren.
    Mit warmer Stimme, denn er hörte sich unglaublich gern reden, sprach er ins Mikrofon: »Die Technik bitte auf die Bühne und alles auf Anfang. Dann kleine Pause, die Kritik mit den Schauspielern mache ich im Foyer, danach möchte ich mit dem Bühnenmeister sprechen. Frank wird ja wohl eine Erklärung dafür haben, wo und warum es bei den Verengungen gehakt hat.«
    Es war so wunderbar. Alle tanzten nach seiner Pfeife. Während der Proben war er hier der Chef, der liebe Gott, und er genoss dieses Gefühl in jeder Sekunde. Daher machte es ihm auch nichts aus, wenn die Proben zwölf Stunden und länger dauerten – es war einfach eine Lust.
    Hocherhobenen Hauptes stieg er die Treppe hinauf zum ersten Rang und betrat von dort den Bürotrakt.
    Fischer saß in seinem Büro hinter dem Schreibtisch in einem hohen Sessel und drehte einen Kugelschreiber wie einen Zauberstab zwischen den Fingern.
    Als Weser hereinkam, sah er nicht auf.
    Weser war augenblicklich unbehaglich zumute. Das konnte selbst er nicht anders deuten: Fischer platzte vor Wut und versuchte mit allen Mitteln, sich zu beherrschen.
    »Setzen Sie sich«, sagte er, und erst als Weser Platz genommen hatte, sah er ihn an.
    Weser erschrak über die Kälte und Verachtung in Fischers Blick.
    »Eine Frage vorweg: Die wievielte Inszenierung machen Sie jetzt bei mir?«
    »Die dritte.«
    »Ah, ja. Dann würde ich gern mal wissen: Sind Sie irgendwie krank?«
    »Nein, wieso? Ich fühle mich glänzend.«
    »Weil ich mir sonst nicht erklären kann, warum Sie urplötzlich den Verstand verloren haben.«
    Weser schwieg entsetzt.
    »Ich habe mir heute die Bühnenprobe angeguckt«, begann Fischer und wurde sofort von Weser unterbrochen:
    »Da stimmte natürlich noch vieles nicht. Die Technik war eine Katastrophe, und dementsprechend schlecht waren auch die Schauspieler, aber das kriegen wir alles hin.«
    »Unterbrechen Sie mich bitte nicht!«, fauchte Fischer. »Ich weiß sehr wohl

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