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Bewusstlos

Bewusstlos

Titel: Bewusstlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Thiesler
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oder fünfzehn Uhr wurde er sicher nicht wach.
    Sie sah sich im Zimmer um, ob da irgendetwas war, in das sie hineinpinkeln konnte.
    Im Schrank war nur Kleidung, in der Kommode Unterwäsche, Medikamente und Krimskrams. Darauf eine Madonnenfigur und drei gerahmte Bilder von Wilhelm. Ihr Hochzeitsfoto, Wilhelm in Badehose am Starnberger See bei einem Urlaub fünf Jahre vor seiner Pensionierung und Wilhelm und sie im Café Kranzler , bei einer Weiße mit Schuss. Ansonsten gab es in dem Zimmer das Bett, zwei Nachttische, den Kleiderschrank, ein kleines Tischchen, einen Sessel – und eine Bodenvase ohne Blumen.
    Die Bodenvase war so groß, dass sie nie Blumen dafür kaufte, sie bräuchte so viele, dass es Unsummen kosten würde. In diese Vase könnte sie wochenlang hineinpinkeln, bis sie voll war. Wenigstens etwas. Das eine und dringendste Problem war Gott sei Dank zu lösen.
    Lilo ging zur Vase, hockte sich darüber, was sogar relativ bequem war und von ihr keine größere Turnübung erforderte, da die Öffnung der Vase höher war als eine Toilette, und pinkelte hinein. Erleichtert atmete sie auf.
    Dann nahm sie Die Flotten des Zweiten Weltkriegs , eins von Wilhelms Büchern, von denen ein paar auf dem Schrank vor sich hin staubten, und legte den schweren Bildband auf die Öffnung der Vase. Damit es nicht zu stinken begann. Es konnte ja auch sein, dass sie irgendwann nicht nur pinkeln musste.
    Gegen neun Uhr wurde ihr schlecht vor Hunger, aber noch schlimmer war der Durst. Dringender noch als einen Kaffee und zwei Toasts brauchte sie jetzt eine Flasche Wasser. Sie war es gewohnt, den ganzen Tag über etwas zu trinken.
    Um halb zehn wagte sie es und rief nach Raffael. Laut und anhaltend – aber ohne Erfolg.
    Sie legte sich wieder hin, fühlte sich aber in ihrem Nachthemd so unwohl, dass sie den Morgenmantel weghängte und sich komplett anzog. Sie wollte wieder aussehen wie ein gesunder Mensch. Auch ihr Kopf arbeitete völlig normal. Es war alles wie immer, sie musste nur irgendwie ihre Freiheit wiedererlangen.
    Bis zwölf Uhr rief sie alle halbe Stunde – ohne Erfolg. Raffael war nicht zu Hause, er hörte sie nicht, oder er wollte sie nicht hören.
    Lilo glaubte Letzteres. Und wenn sie hier jemals wieder rauskommen sollte, würde sie ihn rausschmeißen.
    Auf jeden Fall.
    Aber er würde nicht gehen.
    Sie war ihm ausgeliefert.
    Um dreizehn Uhr dreißig kam er.
    »Was ist denn?«, fragte er unwillig. Seine Haare waren zerzaust, seine Augen verschwollen, und er roch schlecht aus dem Mund. Offenbar war er eben erst aufgewacht. »Was willst du denn?«
    »Ich brauche etwas zu trinken und zu essen, Raffael«, flüsterte sie leise. »Du kannst mich doch hier nicht verhungern und verdursten lassen!«
    »Scheiße!«
    Im Hinausgehen warf er ihr einen wütenden Blick zu und schloss hinter sich die Tür wieder ab.
    Zehn Minuten später kam er wieder. Mit einer Flasche Wasser, Brot und etwas Aufschnitt.
    Lilo bedankte sich artig und überlegte, wie lange die Vorräte im Kühlschrank wohl noch reichen würden, denn dass Raffael einkaufen ging, konnte sie sich beim besten Willen nicht vorstellen.
    Lilo aß und trank die halbe Flasche in einem Zug, obwohl sie wusste, dass die Gefahr bestand, alles sofort wieder zu erbrechen.
    Ich werde ihn nerven, überlegte sie sich. Ich werde pausenlos irgendwelche Wünsche äußern und ihn durch die Gegend schicken. Es wird ihn unglaublich stören, und dann wird er sich vielleicht überlegen, dass es einfacher ist, meine Zimmertür wieder offen zu lassen.
    Um vier schrie sie nach ihm und verlangte nach ihren Tabletten.
    Er kam nach dem dritten Rufen, sah aber nicht viel anders aus als am Mittag.
    »Bitte bring mir das kleine, längliche Plastikdöschen mit den einzelnen Wochentagen, in dem meine Tabletten sind.«
    »Ich kenne das Scheißteil.«
    »Gut. Dann bring es mir bitte. Ich brauche die Tabletten unbedingt, sonst geht es mir dreckig. Oder lass mich hier raus. Dann brauchst du dich um nichts mehr zu kümmern.«
    Raffael erwiderte darauf nichts, schmiss die Tür zu und holte die Tabletten. Als er sie ihr gab, versperrte er breitbeinig die Tür. Er wäre immer stärker als sie. Egal, welche Tricks ihr auch einfallen sollten.
    »So«, sagte er, »und jetzt halt die Fresse. Genug für heute. Ich hau jetzt ab. Morgen guck ich wieder nach dir. Aber jetzt ist Feierabend.«
    »Warum tust du das, Raffael?«
    »Warum tu ich was?«
    »Warum sperrst du mich ein? Ich habe immer nur das Beste für dich

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