Bezaubernde Spionin
erscheinen.
Sir Ruperts Blick glitt von den Douglas zu Lord Peter Cunningham, dem englischen Gesandten, der nach der Vorstellung und einem huldvollen, wenngleich auch etwas kühlen Nicken von James von dem Podest weggetreten war und jetzt neben Lady Harrington stand und mit ihr plauderte. Allerdings schien das Gespräch nicht sonderlich erbaulich zu sein, denn der englische Gesandte wirkte leicht gereizt, während die Miene von Lady Harrington förmlich strahlte. »Schlange und Wolf«, knurrte Archibald neben Sir Rupert. »Eine wahrhaft entzückende Paarung, was meint Ihr, Sir Rupert? Ich frage mich, wie sie sich mit unserem schottischen Greif verstehen werden. Wer da am Ende wen wohl frisst?«
Sir Rupert antwortete nicht. Er beobachtete Lady Harrington, die jetzt Lord Peter Cunningham zu den Douglas folgte. Letztere schritt anmutig und gelassen durch die Menge der Höflinge. Der Clanchief William verbeugte sich in ungelenker Höflichkeit vor der englischen Gesandten und küsste ihr sogar die Hand.
Sie schien mit ihrem Charme ganz offenbar selbst die grimmigen Clansleute zu verzaubern, denn William Douglas’ für gewöhnlich finstere Miene, hellte sich auf, und er ließ sich sogar zu einem Lachen über einen Scherz verleiten, den Lady Harrington gemacht hatte, während er ihre Hand etwas länger in seiner hielt, als es schicklich gewesen wäre. Offenbar bemerkte Lord Cunningham, der englische Gesandte, dies ebenfalls, und es schien ihm sichtlich zu missfallen, jedenfalls seiner säuerlichen Miene nach zu urteilen.
Lady Harrington legte ihren Kopf anmutig auf die Seite und schenkte dem schottischen Clanchief ein strahlendes Lächeln. Ein Lächeln, das, wie Sir Rupert bemerkte, ebenso hinreißend wie falsch war. Denn während sie der Antwort des Clanchief offenbar amüsiert lauschte, drehte sie unmerklich den Kopf, und der Blick ihrer schwarzen, glühenden Augen richtete sich unfehlbar auf die Stelle im Thronsaal, an der er stand. Er hob unwillkürlich eine Braue, während er ihren Blick erwiderte. Hatte er erwartet, dass sie jetzt ihre Augen niedergeschlagen und sich mit ihrem schwarzen Fächer Luft zugefächelt hätte, wie es gewiss jede anständige Lady am englischen Hofe und auch hier am Hofe von James I. getan hätte, wurde er überrascht. Lady Georgina Harrington sah keineswegs zur Seite, sondern schien ihn mit ihrem Blick förmlich versengen zu wollen. Wieder hatte Sir Rupert den Eindruck, dass sich ihr Lächeln veränderte, irgendwie … verheißungsvoller wurde, nein, frivoler, das war das richtige Wort, während sie nach wie vor tat, als würde sie William Douglas zuhören.
Das raue Räuspern neben ihm machte ihm bewusst, dass er nicht allein im Thronsaal stand. Sir Archibald wartete noch auf eine Antwort zu seiner Bemerkung, aber Rupert war nicht bereit, in diesem Blickduell als Erster nachzugeben.
»Ich habe den Eindruck, Sir Archibald, dass im Moment all unsere stolzen Schotten fressen, und zwar dieser englischen Lady aus der Hand«, erwiderte er, ohne Georgina Harrington aus den Augen zu lassen.
»Hm.« Erneut räusperte sich Sir Archibald. »Alle, Sir Rupert? Habt Ihr heute Morgen vielleicht nicht ausreichend gefrühstückt? Ich war eigentlich der Ansicht, Ihr hättet ausgiebig gegessen.«
Sir Rupert lächelte. Aber nicht über die eher missmutige Bemerkung Sir Archibalds.
Denn Lord Peter Cunningham hatte offenbar ebenfalls bemerkt, dass Lady Harringtons Lächeln keineswegs dem Clanchief der Douglas galt, und sich herumgedreht, um zu sehen, wen sie mit ihrem Strahlen beehrte. Jetzt funkelte er Sir Rupert quer durch den Thronsaal böse an.
Sir Ruperts Lächeln verstärkte sich, als er so leicht, dass es nahezu einer Beleidigung gleichkam, den Kopf in Richtung des englischen Gesandten neigte, ohne dabei auch nur einen Herzschlag lang dem Blick Lady Harringtons auszuweichen. Was, dessen war er sich gewiss, den Engländer noch mehr aufbrachte, denn der fauchte jetzt eine kurze und offenbar recht scharfe Bemerkung in Lady Harringtons Richtung. Die ihrerseits ihre makellosen Brauen hob, ohne den Blick von Sir Ruperts Augen zu lösen. Außerdem schien sie dieses Spielchen sehr zu genießen, denn jetzt zog sie ihre roten Lippen noch ein wenig weiter zurück, entblößte ihre makellosen, weißen Zähne, die sich öffneten, als sie Cunningham antwortete, und dann …
Sir Rupert war sich nicht sicher und musste sich zusammenreißen, um nicht ungläubig zu blinzeln. Hatte er da wirklich ihre rosa
Weitere Kostenlose Bücher