Bezaubernde Spionin
Königin. Aber sie ließ sich nur sehr selten bei Hofe sehen, und wenn, dann zumeist in Begleitung ihres Gemahls und nie ohne ihre frisch geborene Tochter Elizabeth.
Dass sie offenkundig allein hier war, ließ darauf schließen, dass sie von der Königin gebeten worden war zu kommen, was wiederum bedeutete, dass Joan Beaufort ein Problem zu lösen hatte, das ebenso dringend wie heikel war und bei dem sie auf die Hilfe ihrer Nichte nicht verzichten mochte. Sir Rupert beschlich ein ungutes Gefühl, als er ahnte, um welches Problem es sich dabei handeln könnte. Denn Juliet McPherson war nicht nur eine Vertraute und Freundin der Königin, sondern sie war auch mit einer anderen einflussreichen Person des schottischen Hochadels sehr gut befreundet, der Person, die Sir Rupert seit mehr als einem Jahr nicht aus dem Kopf ging, die Frau, die …
Im nächsten Moment zuckte er zusammen, als der Seneschall seinen Stab auf den Boden rammte und mit seiner lauten, durchdringenden Stimme verkündete: »Lady Aylinn, Herzogin von Albany.«
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4. KAPITEL
L ady Aylinn, Wir freuen Uns sehr, dass Ihr Euch entschlossen habt, Unseren Plan zu unterstützen.« Joan Beaufort, die Königin von Schottland, lehnte sich auf ihrem gepolsterten und reich mit Schnitzereien verzierten Stuhl zurück und lächelte Aylinn an. »Ich kann Euch versichern, dass wir wahrhaftig Hilfe brauchen.« Sie schüttelte den Kopf. »Die Clans der Lowlands wittern ihre Chance und fühlen sich in ihrer Unbotmäßigkeit gegen den König bestärkt, nachdem der Herzog von Bedford König ausgerechnet Lord Peter Cunningham als Gesandten hier bei uns in Schottland bestätigt hat.«
Aylinn nickte. Sie wusste aus Gesprächen, die ihr Vater vor seinem Tod mit den englandtreuen Clanchiefs geführt und die sie belauscht hatte, dass die Engländer bei ihren Strafaktionen gegen die stolzen und unbeugsamen Clans der Highlands sehr brutal vorgegangen waren, und der Name eines englischen Anführers war dabei häufiger gefallen. Offenbar hatte sich dieser Mann trotz seiner Herkunft aus dem niederen Adel aus eigener Kraft vom Leutnant zum Obristen hochgearbeitet, oder vielmehr gemetzelt, und hatte es jetzt sogar zum Diplomaten und zum Titel eines Lords gebracht. Angesichts seiner Ernennung zum englischen Gesandten war es kein Wunder, dass der Unmut der Lowland-Clans über den schottischen König und die Reformen, die er anstrebte, erneut angefacht wurde. Immerhin konnten diese Reformen sie ihre Privilegien kosten, welche ihnen der englische König bereits verliehen oder in Aussicht gestellt hatte, doch mit Cunningham hatte der englische Monarch ein eindeutiges Zeichen gesetzt, dass er die aufständischen Clans zu stärken gedachte. Aylinn verzog die Lippen. Das heißt wohl weniger der Monarch, denn der ist ja noch ein Kind, dachte sie, sondern mein werter, ferner Verwandter John von Bedford. Aylinn hatte jedoch keine Gelegenheit, lange darüber nachzugrübeln, dass offenbar nach dem Tod ihres Vaters nunmehr ihre Verwandten dessen politische Machenschaften fortführten und sie weiterhin in einem Netz aus Arglist, Tücke und Ränke gefangen war, denn die Königin sprach weiter.
»Unsere Cousine Juliet hatte nun die Idee, ebenfalls einen Gesandten nach England zu schicken, sozusagen als Zeichen Unseres guten Willens. Freilich steht zu erwarten, dass Unser Gesandter dort nicht gerade mit offenen Armen empfangen wird.« Die Königin verzog die Lippen. »Wir machen uns keinerlei Illusionen über die Einstellung des Herzogs von Bedford Schottland und seiner Monarchie gegenüber, Lady Aylinn. John von Bedford unterstützt alle Kräfte, die versuchen, Unserem königlichen Gemahl sein von Gott gegebenes Recht und die Krone streitig zu machen. Und das sind vor allem die von den Engländern hofierten Clans der Lowlands. Und ganz offenbar hat er jetzt sogar einen Weg gefunden, seinen unverschämten Einmischungen in unsere Angelegenheiten den Anstrich von Rechtmäßigkeit zu geben.« Sie seufzte. »Was ihm möglicherweise noch weiteren Zulauf unter den Clans einbringen könnte! Und Wir können es Uns auf keinen Fall leisten, dass sich die Zahl unserer Anhänger noch weiter verkleinert!« Sie sah Aylinn scharf an. »Ihr wisst, wovon Wir sprechen, nehme ich an?«
Aylinn nickte. »Gewiss, Majestät. Der Stein von Scone.« Natürlich wusste sie es. Es war schon schlimm genug, dass Bedford und die Engländer seit der Krönung von Jakob zu James I. von Schottland gegen das schottische Königreich
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