Bezaubernde Spionin
zugestimmt hatten.
»Und England auch«, fuhr James fort, »jedenfalls wenn ich die neuesten Nachrichten aus Frankreich richtig verstanden habe.«
Er hob kühl eine Braue, als Cunninghams Miene sich verfinsterte. Die letzten Feldzüge gegen Frankreich waren nicht so gut verlaufen, und es war kein Geheimnis, dass John von Bedfords Beliebtheit im englischen Volk ebenso schwand wie sein Einfluss im Parlament.
»Um das zu bewerkstelligen, verehrter Lord Peter«, fuhr der Monarch fort, während er einladend auf das Portal deutete, hinter dem sich der Saal befand, in dem das Bankett stattfinden sollte, »werden Wir einen schottischen Gesandten nach England entsenden.« Er lächelte zufrieden, als er Cunninghams verblüffte Miene sah. »Um wen es sich dabei handelt«, kam er der Frage des Engländers zuvor, »werden Wir Euch nach dem Bankett mitteilen. Ich bin sicher, dass Ihr Euch so lange noch gedulden könnt.«
Aylinn hörte, wie Rupert scharf die Luft einsog. Ganz offenbar war er über die Pläne des Königspaares und Juliets nicht informiert gewesen.
Geschieht ihm recht,
dachte sie und hob den Kopf noch ein Stück höher.
Wie er wohl reagieren wird, wenn er erst erfährt, wer dieser Gesandte sein wird?
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8. KAPITEL
W ie konnte er das tun?« Sir Rupert von Atholl lief wie der sprichwörtliche schottische Löwe in seinem Gemach hin und her. »Was hat er sich dabei gedacht? Und was hat sie sich dabei gedacht?« Er schlug wütend mit der Faust auf den Tisch. »Wann hat Seine Majestät denn beschlossen, Aylinn von Albany nach England zu schicken?« Er schüttelte den Kopf und fuhr sich mit den Händen durchs Haar. »Genauso gut könnte er sie den Löwen zum Fraß vorwerfen!« Er schlug noch einmal auf die Tischplatte, diesmal so fest, dass der Wein in dem Krug, der darauf stand, hoch aufspritzte.
Was Sir Archibald ein besorgtes Stöhnen entlockte. Er trat hastig an den Tisch und hielt den irdenen Krug fest. Sicherheitshalber. Es war schon schlimm genug, dass der Lordkämmerer die unschuldigen Möbel malträtierte, er musste nicht auch noch den kostbaren und äußerst schmackhaften Wein vergeuden, den Sir Rupert sich mit einigem Aufwand aus Frankreich kommen ließ. Apropos … Archibald musterte die Karaffe. Normalerweise neigte der Jüngling nicht dazu, selbst die einfachsten Gesetze der Gastfreundschaft zu missachten, aber vermutlich war er so aufgewühlt, dass er nicht daran dachte, dass er seinem Gast schon vor einer ganzen Weile den letzten Schluck angeboten hatte, um die trockene schottische Sommerluft aus dem Mund zu vertreiben. Sir Archibald warf einen Blick aus dem Fenster. Es war bereits dunkel geworden, und gegen die bunten Bleiglasscheiben prasselte ein Sommerregen. Na ja. Wie sollte man nicht ans Trinken denken, wenn draußen die Natur die Erde gerade so wunderbar tränkte …?
»Spuckt es aus, Sir Archibald!« Rupert war stehen geblieben und starrte jetzt den Lordkanzler wütend an.
»Ausspucken? Aber ich habe doch noch gar keinen Schluck …«, begann der Ältere indigniert, bis ihm klar wurde, dass Rupert ihm nicht unterstellen wollte, dass er sich etwa heimlich an dem Wein bedient hätte.
Rupert knurrte und fuhr ungeduldig mit den Händen durch die Luft. »Um Himmels willen, Sir Archibald! Schottlands Zukunft steht auf dem Spiel, und Ihr denkt nur an Euren Gaumen. Ihr solltet lieber an Schottland denken!«
Sir Archibald straffte seine Schultern und richtete sich kerzengerade auf, was den Stoff des Wamses über seinem mächtigen Bauch gefährlich spannte. »Trinken hält Leib und Seele zusammen, mein junger Lordkämmerer«, erwiderte er hoheitsvoll, trat dann kurz entschlossen an den Tisch, nahm die Karaffe und schenkte etwas von dem Wein in einen Pokal. »Und mit Verlaub, Sir Rupert, mir scheint Eure Sorge um Lady Aylinn ein bisschen übertrieben zu sein. Mir bereitet William Douglas weit mehr Kopfzerbrechen als die Wahl der Herzogin zur schottischen Gesandten.« Sir Archibald nahm den Pokal hoch und fuhr damit genießerisch unter seiner Nase hin und her. Eines musste man dem jungen Stewart lassen, er hatte einen ausgezeichneten Geschmack, was Wein anging. »Wirklich eine ausgezeichnete Wahl.«
»Wie bitte? Ihr findet Aylinn eine ausgezeichnete Wahl?«
Sir Archibald zuckte bei Sir Ruperts schneidendem Tonfall heftig zusammen. War der Lordkämmerer immer noch bei diesem leidigen Thema? Warum sollte der König die Herzogin nicht nach England entsenden? Damit hätte er einige Probleme mit
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