Bezaubernde Spionin
belauscht hatte. »Ich bin sicher, dass ihre Gefühle für Euch aufrichtig gewesen sind. Damals.«
Sir Ruperts Miene hellte sich auf. »Meint Ihr wirklich?«
»Allerdings. Nur leider habt Ihr dann«, Sir Archibald verzog das Gesicht und hob die Hand, »unglücklicherweise ihren Vater töten müssen.«
Ruperts Gesicht wurde lang, während gleichzeitig ein resignierter Ausdruck auf seinen Zügen erschien.
»Dennoch«, Sir Archibald seufzte und atmete tief durch. Vielleicht würde er seine Worte bereuen, ganz bestimmt sogar, denn er eignete sich eigentlich nicht sonderlich als Berater in Liebesdingen. Aber er hatte einfach genug davon, den Jungen leiden zu sehen, wann immer das Gespräch auf die Herzogin von Albany kam. Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, dachte er. Wenn Rupert der jungen Herzogin verriet, dass John von Bedford keineswegs der liebende Verwandte war, für den sie ihn vermutlich hielt, sondern ein Intrigant der schlimmsten Sorte, der, zusammen mit ihrem Vater dem Herzog, bei dem Versuch, die Krönung von James I. zum König von Schottland zu verhindern, die Finger im Spiel hatte, würde sie vielleicht ihren Vater endlich in dem düsteren Licht sehen, das er verdient hatte, und Sir Rupert endlich verzeihen.
»Dennoch?«, hakte Sir Rupert nach.
»Dennoch würde ich meinen, dass sie jetzt lange genug um ihren Vater, diesen heimtückischen, machtgierigen Despoten, getrauert hat und sich endlich der Welt öffnen sollte. Wenn Ihr wirklich die Vergangenheit begraben wollt, Sir Rupert, solltet Ihr zu ihr gehen und ihr reinen Wein einschenken.« Unwillkürlich tätschelte Sir Archibald mit der Linken die Karaffe, die auf dem Tisch stand. »Sozusagen.«
»Reinen Wein einschenken?«
»Hm. Hm.«
»Ihr meint …?«
»Ich meine, öffnet ihr die Augen, bevor sie nach England geht.«
»Die Augen öffnen?«
»Ja.«
»Wirklich?«
»Gewiss.«
»Und Ihr glaubt nicht, dass sie mich …?«
»Nein.« Sir Archibald spürte, wie sein Mund trocken wurde, und er schielte auf die Karaffe. Dieses Gespräch dauerte für seinen Geschmack bereits viel zu lange, ohne dass er seinen Gaumen hatte ordentlich ölen können.
»Und der König?«, fragte Sir Rupert. »Er hat schließlich bereits kundgetan, dass er Aylinn nach England schicken will. Wird er nicht verstimmt sein, wenn sie es sich so plötzlich wieder anders überlegt?«
»Das glaube ich nicht … Wie bitte?« Sir Archibald riss seinen Blick von der Weinkaraffe los. »Anders überlegt?« Er schüttelte den Kopf, und jetzt war es an ihm, Sir Rupert verständnislos anzusehen. »Warum sollte sie es sich anders überlegen? Ich glaube nicht, dass sie sich von dieser Aufgabe abhalten lässt, nur weil Ihr ihr klarmacht, dass ihr Vater nicht nur mit Robert Stewart unter einer Decke gesteckt hat, sondern auch mit ihrem Onkel John von Bedford diesen abgefeimten Plan geschmiedet hat, auch wenn es dafür keine eindeutigen Beweise gibt. Schließlich wollten die beiden abwarten, bis Robert Stewart den zukünftigen König Schottlands inhaftierte, sobald er seinen Fuß auf schottischen Boden setzte und ihn ermordete. Anschließend hätte Argyll von Albany Robert Stewart mit John Bedfords Hilfe als Königsmörder den Prozess gemacht, ihn aus dem Weg geräumt und sich dann selbst auf den Thron gesetzt. So wäre John Bedford mit einem Schlag ein großes Problem losgeworden und hätte Schottland mit einem einzigen Schlag des Henkerschwerts in die Hände bekommen.
Lady Aylinn weiß ganz sicher nicht, welche heimtückische Rolle ihr Onkel in dieser Scharade gespielt hat und kennt vermutlich auch das ganze Ausmaß des Verrats ihres Vaters nicht.« Sir Archibald runzelte die Stirn, sodass seine buschigen Brauen sich über der Nase trafen. »Ihr könntet ihr das mitteilen, damit sie den Plänen ihres Onkels gegenüber noch wachsamer ist. Denn zweifellos wird John von Bedford die Gunst der Stunde nutzen und ihr vor allem Ehekandidaten vorstellen, die ihm verpflichtet sind. Wenn Lady Aylinn weiß, dass er damit beabsichtigt, seinen Einfluss in Schottland zu stärken, wird sie sich hoffentlich klug entscheiden. Und in dem Punkt könnt Ihr sicherlich auf sie einwirken, Sir Rupert. Denn ich glaube, dass sie Euch anhören wird, trotz allem, was zwischen Euch vorgefallen ist, und auch wenn eine Verbindung zwischen Euch schon aus gesellschaftlichen Gründen nicht infrage kommt. Aber ich glaube, dass sie Euch nicht deshalb aus dem Weg geht. Es wäre vielleicht ratsam, wenn
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