Bezaubernde Spionin
diese merkwürdige schottische Zeremonie hinwies, in welcher schottische Könige normalerweise gekrönt werden?« Sie lächelte, und ihre weißen Zähne schimmerten im Licht der Kerzen. Ihre Augen jedoch lagen im Schatten, aber Aylinn bemerkte, wie sie funkelten. Ja, ganz offenbar, die Gesandte genoss diese Situation eindeutig. »Ich dachte, ein so heikles Thema sollte man möglichst unter vier Augen …«
»Im Bett?«, entfuhr es Aylinn unwillkürlich, nachdem sie sich aus der Erstarrung gerissen hatte.
» … besprechen. Womit ich nicht sagen will, dass ich etwa etwas gegen Eure Anwesenheit hier einzuwenden hätte, Durchlaucht.« Sie neigte den Kopf und verzog ironisch die Lippen. »Es wäre nicht das erste Mal, dass erfolgreiche Diplomatie in einem Bett stattfindet …«
»Oh, ich bin sicher, dass Ihr in dieser Hinsicht eine äußerst erfolgreiche Diplomatie vollbringt«, fauchte Aylinn. Sie spürte, wie die Enttäuschung und der Schmerz, die sie beim Anblick dieser Frau in Ruperts Bett überkommen hatten, in Wut umschlug. In eine glühende, jede Vorsicht vergessen lassende Wut.
»Das stimmt allerdings, Herzogin«, entgegnete Georgina Harrington. »Ihr dagegen …«, die englische Gesandte musterte Aylinn von oben bis unten, ihr nach wie vor etwas derangiertes Samtkleid, die geschwollenen Lippen, die zerzausten Haare, und hob dann vielsagend eine Braue. » … scheint Eure Art von Diplomatie ja eher in Erkernischen zu betreiben.« Sie lächelte. »Und das offensichtlich nicht weniger erfolgreich.« Sie erhob sich mit einer fließenden Bewegung vom Bett, und ihr Kleid glitt mit einem leisen Rascheln wieder über ihre Beine hinab. »Was man für ein wenig … stillos halten könnte, aber«, fuhr sie rasch fort, als sie sah, wie Aylinns Augen sich erst vor Schreck und dann vor Wut weiteten. » … ich nehme an, in dieser Art von Diplomatie sind alle Mittel erlaubt.«
Sie verneigte sich spöttisch und mit einem deshalb nicht weniger tadellosen Hofknicks vor Aylinn und sah dann Sir Rupert an, der dastand und immer noch sichtlich um Fassung rang, während er dem Streit dieser beiden Amazonen ungläubig gefolgt war.
»Ich nehme an, Sir Rupert, für heute ist Euer Maß an Diplomatie bereits hinlänglich erfüllt. Ich bin sicher, dass wir noch genügend Gelegenheit haben werden, uns über die für Schottland wichtigen Clansangelegenheiten zu unterhalten – ungestört, wie ich hoffe.« Sie lächelte ihn unverhohlen lasziv an. »Trotz allem, was man mir nachsagt«, fuhr sie fort, während sie auf dem Weg zur Tür dicht an Sir Rupert vorbeiging und dabei in einer ebenso zarten wie aufreizenden Geste mit den Fingerspitzen seine Brust berührte, »ziehe ich es vor, so delikate diplomatische Angelegenheiten unter vier Augen zu … besprechen.«
Sie ignorierte, dass Rupert vor ihrer Berührung zurückzuckte, trat zur Tür und drehte sich dort um. »Wofür sich gewiss auch bald ausreichend Gelegenheit bieten wird.« Sie sah Aylinn an. »Wie ich höre, wolltet Ihr bald nach England abreisen, Durchlaucht, um dort als Gesandte Eure diplomatischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.« Sie wartete nicht auf Aylinns Antwort, die ohnehin angesichts der unverfrorenen Kühnheit dieser Person kein Wort über die Lippen gebracht hätte. »Die in England zweifellos ebenso viel Anklang finden werden wie hier, daran hege ich keinerlei Zweifel.« Sie legte den Kopf auf die Seite und verzog den Mund erneut zu einem anzüglichen Lächeln. »Ich begehe sicherlich keine Indiskretion, wenn ich Euch sage, dass Herzog John ein recht geradliniger Diplomat ist, der gern rasch zum Punkt kommt.« Sie senkte den Kopf und sah Aylinn direkt in die Augen. »Wobei ihm, meiner Erfahrung nach jedenfalls, der Ort ganz gleichgültig ist.«
Aylinn zuckte zusammen, als die Tür hinter der englischen Gesandten ins Schloss fiel, und schloss die Augen. Wie dumm, wie unendlich dumm war sie gewesen! Und warum hatte sie nicht auf ihre innere Stimme gehört? Sie hatte doch versucht, sie zu warnen! Wie hatte sie sich nur so vergessen und sich diesem Mann hingeben können, diesem …
»Aylinn! Ich …«
Beim Klang von Ruperts Stimme fuhr Aylinn herum und streckte hastig die Hand aus, als Rupert sich ihr nähern wollte.
»Nicht! Komm nicht näher! Du … Ihr …!« Die Wut schnürte ihr so sehr die Kehle zu, dass sie kaum sprechen konnte. »Das war also der Grund, aus dem ich nicht in Eure Gemächer gehen sollte, richtig? Eine diplomatische Besprechung unter vier
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