Bezaubernde Spionin
nicht in ihren Augen, dessen war sich Rupert sicher. Er erinnerte sich nur zu gut an den Blick in ihre wundervollen grünen Augen, als er sie in die Arme genommen und geküsst hatte. Sie hatten geglüht, wie zwei Smaragde, und das nicht nur vor Lust und Leidenschaft. Aylinn von Albany war keine leichtfertige Person, ganz und gar nicht, das wusste er. Sie gab sich einem Mann nur hin, wenn sie ihn auch liebte, und diese Liebe hatte er in dieser Nacht deutlich gespürt. Sie liebte ihn, dessen war sich Sir Rupert von Atholl ganz sicher. Und er liebte sie, das wusste er auch. Er war alles andere als der gewissenlose Verführer, für den sie ihn jetzt sicher hielt. Und wenn ihre Liebe noch eine Chance haben sollte, dann musste er ihr das deutlich machen, denn wenn sie erst einmal mit diesem Groll im Herzen nach England gereist war, hatte er kaum noch eine Chance, ihr zu sagen, wie sehr er sie liebte. Außerdem fürchtete er, dass sie sich vor Schmerz und Wut zu einer unbedachten Handlung hinreißen lassen könnte. Wer weiß, vielleicht heiratete sie sogar aus Trotz irgendeinen englischen Adligen. Wenn sie das tat, würde sie nicht nur ihm, Sir Rupert, einen Dolch ins Herz bohren, sondern, und das machte die ganze Sache noch schlimmer, sie würde dadurch ihrem hinterhältigen Onkel Bedford in die Hände spielen und Schottland möglicherweise einen schlechten Dienst erweisen. Es wäre eine Katastrophe! Nicht nur für ihn persönlich, sondern für alle anderen auch, nicht zuletzt für Aylinn …
»Sir Rupert?« Sir Archibald sah den Lordkämmerer fragend an. »Seid Ihr plötzlich taub geworden?«
Sir Rupert schrak hoch. Sie standen immer noch vor den hohen Portalen des Thronsaals. »Verzeiht, Sir Archibald, was habt Ihr gesagt?«
»Ich habe gesagt, wir sollten uns jetzt schleunigst darum kümmern, ein Treffen mit den Chieftains anzuberaumen, die der Krone treu ergeben sind, um unsere weiteren Pläne abzustimmen, wie wir den abtrünnigen Clans entgegentreten«, knurrte Sir Archibald, der sich denken konnte, wohin Sir Ruperts Gedanken abgeschweift waren. Plötzlich lächelte er mitfühlend, und legte dem jüngeren Mann eine Hand auf den Arm. »Ich denke wirklich, wir sollten den Clans einen Besuch abstatten. Und ich finde, wir fangen mit dem McPherson-Clan an, was haltet Ihr davon?« Er lachte leise, als er Sir Ruperts erstaunte Miene sah.
»Connor McPherson? Aber was wollt Ihr von ihm, Sir Archibald? Er ist doch durch Juliet bestens über die Geschehnisse …« Er unterbrach sich, als ihm dämmerte, was der Lordkanzler da vorgeschlagen hatte.
»Ganz recht, ganz recht, Lordkämmerer«, knurrte Sir Archibald bärbeißig. »Und wenn mich nicht alles täuscht, liegt Campbell House auf dem Weg nach Mandrake Manor, ist das nicht so?«
»Genauso ist das, Lordkanzler«, erwiderte Sir Rupert, dessen Gesicht leuchtete. »Wartet einen Moment auf mich. Ich hole nur rasch meinen Umhang und befehle der Küche, uns etwas zu essen für unterwegs …«
»Gemach, junger Freund, gemach«, meinte Sir Archibald und hob die Hand, als Sir Rupert sich anschickte davonzueilen. »Wenn ich es recht bedenke, sind meine alten Knochen bereits zu mürbe für die Strapaze eines solchen Gewaltritts. Ich fürchte, ich muss Euch diese Aufgabe allein aufbürden. Was ich auch dem König sagen werde, falls er mich fragen sollte.« Er senkte den Kopf und funkelte den jüngeren unter seinen dichten Wimpern belustigt an. »Seid Ihr dazu imstande, eine solch verantwortungsvolle Aufgabe …?«
»Gewiss, Sir Archibald, ganz gewiss. Und ob ich das bin.« Ruperts Stimme verklang, als er bereits um die Ecke des Ganges bog und förmlich zur Treppe rannte, die hinab zu den Stallungen führte. »Und danke«, hallte es durch den Gang zu dem alten Lordkanzler zurück, der den Kopf schüttelte und leise gluckste. »Diese Jungen«, knurrte er und erinnerte sich dann an die Verrücktheiten, die er angestellt hatte, bis Lady Hester schließlich sein Werben erhört und ihn in ihre Kammer gelassen hatte. Und in ihr Herz.
»Oh ja, das Herz«, murmelte er, während er langsam und gemessen den Gang entlangschritt zu seinem Gemach, wo zweifelsohne bereits die Boten der königstreuen Clans warteten, die Sir Archibald vorausschauend bereits vor dieser Audienz von der Dringlichkeit der Lage verständigt hatte.
Aber wenn er seinen Augen, und seinen Ohren, trauen konnte, dann musste er sich um die Herzen dieser beiden jungen Leute keine Sorgen machen. Wichtiger war eher, eine
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