Bezaubernde Spionin
Heims von Connor McPherson und seiner Gemahlin Juliet hoch.
»Mylord?« Geoff McGregor, ein langjähriger Freund und Kampfgenosse Connors, der jetzt die Aufgabe des Majordomos auf Mandrake Manor erfüllte, erwartete ihn an der Tür und musterte ihn fragend von oben bis unten. »Was führt Euch um diese Zeit …?«
»Geoff«, unterbrach Rupert ihn hastig, »ich muss mit Connor sprechen. Und möglichst auch mit Juliet. Sofort.« Er sah den schottischen Krieger beinah flehentlich an. »Es ist wichtig. Es geht … es geht um eine gemeinsame Freundin.«
Geoff maß Rupert mit einem prüfenden Blick aus zusammengezogenen Augen und nickte dann kurz. »Wie Ihr meint. Ich war ohnehin gerade dabei, Connor zu holen.« Er schüttelte knurrend den Kopf. »Merkwürdige Nacht, heute. Ihr seid schon der zweite, der Connor unbedingt sprechen will. Auch wegen einer Frau. Er ist gerade erst gekommen und wartet in der Bibliothek. Ich führe Euch hin.« Er kratzte sich den Kopf. »Vielleicht handelt es sich ja um dieselbe Frau, hm?« Er grinste, wurde aber sofort wieder ernst, als er Ruperts Miene sah. »Keine Sorge, Connor wird die Angelegenheit schon regeln.«
Das bezweifelte Rupert zwar, aber die Worte von Connors Freund und Majordomo ließen ihn einen Moment stocken. »Noch jemand? Auch eine Frau? Wer …?«
»Das werdet Ihr schon sehen, wenn Ihr hineingeht.« Geoff hatte die schwere Eichentür zur Bibliothek der Burg geöffnet. »Ihr kennt Euch ja aus, Mylord. Geht nur. Auf dem Tisch steht gewürzter Wein. Greift zu. Ich hole Connor.«
Rupert betrat den Raum, den Juliet mit Connors Hilfe liebevoll und behaglich eingerichtet hatte. Er war bereits häufiger hier zu Gast gewesen, meist nach seinen vergeblichen Besuchen auf Campbell House, so wie es auch jetzt wieder der Fall war.
Die Steinwände der Bibliothek säumten Regale mit schweren Folianten und Handschriften, um die Connor so manche Klosterbibliothek beneidet hatte. Und in dem mächtigen Kamin an der Stirnseite brannte trotz der späten Stunde noch ein Feuer. Offenbar hatte Geoff ein paar Scheite für den Besucher aufgelegt, der mit einem Weinglas in der Hand an dem schweren Sims aus Felssteinen lehnte und gedankenverloren in die Flammen starrte.
Der Raum strahlte eine behagliche, ruhige Atmosphäre aus, aber Rupert war zu aufgewühlt, als dass er sie hätte genießen können. Er achtete auch nicht auf die schweren, gepolsterten Sessel aus Eichenholz und die lange, mit kostbaren Fellen und schweren Decken geschmückte Bank oder den mächtigen, langen Eichentisch, auf dem Karten und aufgeschlagene Folianten lagen und wo in zwei eisernen, schweren Kerzenhaltern mächtige, dicke Kerzen flackerten.
Sein Blick war ausschließlich auf die Person am Kamin gerichtet, die sich jetzt bei seinem Eintritt langsam herumdrehte und ihn mit einem etwas gequälten Lächeln ansah.
»Ich habe mich schon gefragt, wann Ihr hier auftaucht, Mylord Lordkämmerer«, meinte Buffon O’Dermick und verbeugte sich. Wie üblich wirkte diese respektvolle Geste bei ihm mehr ironisch als ehrerbietig, aber das störte Rupert nicht. Er wusste, dass der irische Barde und Freund Connors seine scharfe Intelligenz, sein umfassendes Wissen und auch seine tadellosen Manieren gern hinter der Maske eines Spötters und Schelms versteckte. Aber ein Blick in die grünen Augen des Barden verriet Rupert, dass auch er besorgt war. Ruperts Herz krampfte sich zusammen. Das konnte nur einen Grund haben, und seine Vermutung wurde von den nächsten Worten des Iren bestätigt. »Ist Euch auch die Frau abhandengekommen, Mylord Vatermörder?«, meinte er mit einem ironischen Grinsen und nahm einen langen Zug Wein aus dem einfachen Zinnpokal.
*
»Buff?«
Rupert fuhr herum, als er Connors Stimme vom Eingang hörte. Der Laird von Mandrake Manor und Earl von Glaschoire trat in die Bibliothek. Offenbar hatte Geoff ihn aus dem Bett geholt, denn er trug nur ein offenes Leinenhemd und eine enge Hose sowie weiche, kurze Lederstiefel an den Füßen. Sein schwarzes, langes Haar war zerzaust, und ein schmerzlicher Stich durchfuhr Rupert, als er sich vorstellte, dass seine geliebte Juliet sie ihm vermutlich beim Liebesspiel zerwühlt hatte. Das erinnerte ihn daran, wie hinreißend zerzaust Aylinn nach ihrem Liebesspiel in der Nische ausgesehen hatte; aus diesem Grund hatte er nicht gewollt, dass sie sein Gemach betrat, in dem er fälschlicherweise Sir Archibald vermutet hatte. Hätte er nur gewusst, dass nicht der Lordkanzler, sondern
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