Beziehungskiller: Kriminalroman (German Edition)
gemacht.
Ursprünglich
wollte ich Runker ins ›Good Morning Vietnam‹ mitnehmen, aber dem geborenen
Waldviertler war das zu exotisch. »Vietnam is a Kriegsfilm und ka Lokal«,
meinte er. »Außerdem schmeckt dem Wasti Hund net. Er is ka Kannibale.«
Dass
Vietnamesisch mit Austernsauce, Glasnudeln und Chilischoten der absolute Genuss
ist, war ihm nicht klarzumachen. Nach zehn Minuten gab ich auf und wir gingen
ins ›Il Tavoliere‹. »Die goldene Regel, waßt eh«, meinte er. Wer das Gold hat,
macht die Regel.
Zu
meiner Überraschung war das Lokal gar keine üble Pizzabude, sondern entpuppte
sich als eine echte Trattoria. Es roch nach Pasta, Parmesan, Weißbrot und
Rotwein. Es waren auch weder Ägypter noch Inder, keine Österreicher und auch
keine Chinesen, die herumwuselten. Das Personal bestand aus Italienern,
unfassbar, aber wahr.
Runker
hatte eine Karaffe Nero d’Avola vor sich stehen, die Reste von einem riesigen
Fisch auf dem Teller und tunkte genüsslich die
Weißwein-Knoblauch-Petersiliensauce auf. Dass man Rotwein nicht zum Fisch
trinkt, war ihm wurscht.
»Wia
geht’s dem klan Finger?«
»Er
erfreut sich bester Gesundheit.«
»Vergiß
net, wems’d des verdankst.«
»Sind
wir beim du?«
»San
sich der Herr Doktor zu guat für mi?«
»Keineswegs,
aber vielleicht der Herr Kommissar für mich?«
»Geh!«
Er machte eine wegwerfende Handbewegung, dann hob er sein Glas, prostete mir zu
und trank genüsslich aus.
»Der
Wein is klass. Wüllst net a an Schluck?«
»Danke
nein, ich bleib beim Apfelsaft.«
»Dein
Finger geht’s guat, aber des Hirn, des tät i amal anschaun lassn, irgendwas
stimmt da net.«
»Irreparabler
Geburtsfehler.«
»Denk i
ma. Also, red ma Tacheles. Du hast no an Finger, wal i kumman bin. Abendessen
hab i a spendiert. Also, du schuldest mir was.«
»Was
denn?«
»Uijeggerl.
Samma angrührt?«
»Nein,
nur vorsichtig.«
Runker
schmunzelte, während er vorsichtig mit dem Weißbrot zwischen den Gräten herumsuchte,
ob sich noch was von der Sauce finden würde.
»Es
geht um die Entführung.«
»Denke
ich mir.«
»Der
Gunzmar, der is übel. Warum war der bei dir?«
»Keine
Ahnung.«
»Des is
net guat. Gar net guat.«
Mittlerweile
war sein Brotstück fündig geworden und Runker führte es zum Mund. »Maaah!« Lang
gezogener Ausruf der tiefsten Zufriedenheit. »Da nimmt ma an Biss und is im
Urlaub. Herrlich.« Er spülte den Bissen mit dem Rest vom Wein hinunter und fuhr
in den Brotkorb, aber unter der gefalteten Stoffserviette befand sich kein Brot
mehr. Ohne eine Sekunde nachzudenken, nahm er das Weidenkörbchen und schwenkte
es in der Luft. Sofort kam ein dunkelhaariger, eleganter junger Mann und
ersetzte es durch ein neues.
»Isse
schon dritte Brot, den Abend!«, meinte er in dem typischen italienischen
Akzent, der ausschließlich von schlechten Schauspielern und echten Italienern
verwendet wird. »Schön, wenn schmeckt.«
»Eh«,
meinte Runker und holte ein neues Stück heraus. »Brot is leiwand«, sagte er zu
mir.
»Sicher.
Das heilige Mehl, das Mark der Männer.«
»Wassndes?«,
fragte ein kauender Runker.
»Homer.«
»Grieche?«
»So ist
es.«
»Also i
steh mehr auf Italien. Griechenland war i a scho, aber Italien is besser.
Pasta, Chianti, Sonnenschein. Nirgendwo is Urlaub so schön. In die Sechzger san
mei Frau und i immer mitn Spucki owegfahrn. Des war a Abenteuer. Nia hast
gwusst, wann der Spucki sein Geist aufgibt.«
»Spucki?«,
fragte ich nach.
»Unser
Käfer. Des war a zacher Hundling, aber er is a scho dahi. Wia mei Frau.«
»Herzliches
Beileid.«
»Da
Krebs. War ka schene Sach. Gott sei Dank hat’s die Karin hinter sich.«
Runker
verstummte ein wenig, wurde nachdenklich. Ein paar Minuten ließ er sogar das
Brot bleiben.
»Ah so.
Zruck zum Gunzmar. Was wuillt’n der von dir?«
»Meine
Finger, mehr hat er nicht gesagt.«
»Also
hat er di nach der Entführung gfragt.«
»Kann
sein.«
»Was
hast ihm gsagt?«
»Das
gleiche, was ich auch dir gesagt habe«, ging ich paritätischerweise ebenfalls
zum Du über.
Runker
schnaufte tief durch. »Hearst Arno, bist bled oder bist derrisch?«
»Hören tu
ich gut.«
»Wenn
des so is, dann wirf dei Denkfett an!«
»Du
meinst, dass der Gunzmar jetzt hinter Laura her ist?«
»Genau.
Und was glaubst, passiert mit deiner Freundin, wenn sie dem in die Finger
grat’?«
Kein
schöner Gedanke, Gunzmar und die Finger von Laura.
»Aber
was kann ich da tun?«
»Wenns’d
mir sagst, was’d weißt, dann
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