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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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anstrahlen und mich dabei betatschen. Sehr beliebt sind Taille, Bauch und Hintern. Ich komme mir vor, als würde ich nonstop einchecken. Wenn Heteromänner Frauen gegenüber auch so gnadenlos vorgingen, sollte man Fraueneinen strafrechtlichen Freischein für die ersten zwei, drei Körperverletzungen ausstellen.
    Nach zwei Songs rinnt meiner Tanzpartnerin der Schweiß in Strömen übers Gesicht, ich schätze, in dem Kostüm steht sie bis zur Hüfte in Wasser. Dementsprechend verabschiedet sie sich nach dem nächsten Stück auf die Toilette, um eine Drainage zu legen. Ich bleibe zurück, allein, wehrlos den Blicken ausgeliefert. Einem brustwarzen- und wer-weiß-noch-wo-gepiercten Bodybuilder scheine ich es besonders angetan zu haben. Er glotzt mich dumpf an, wie ein Löwe ein Lämmchen, doch bevor die Fresswut ausbrechen kann, kommt Sebastian aus dem Nichts, schnappt sich meine Hände, legt sie sich auf seine Schultern und tanzt los. Seine eigenen Hände machen sich sofort an das gute alte Taille-Bauch-Hintern-Programm.
    »Hände weg.«
    Er lacht.
    »Es ist Karneval.«
    »Kein Grund, sich zu prügeln, oder?«
    Er lacht wieder, doch zumindest bleiben seine Hände über dem Hosenbund.
    »Gefällt es dir bei uns?«
    »Schön warm. Hände weg!«
    Er lacht noch mal, lässt aber los. Im selben Moment beginnt ein Techno-Remix von Barbra Streisand, und der Raum dreht wieder durch. Fünfzig schlecht bis kaum bekleidete Männer, die People who needpeople heulen. Härter kann es am Omega Beach auch nicht gewesen sein.
    Als die ersten Polonäsen sich wieder formieren, ziehe ich mich schnell in eine Ecke am Fenster zurück, wo die Luft sauerstoffhaltiger ist. Karneval, Polonäsen, nackte Männer, alles nicht zwingend mein Ding, doch die Anwesenden mögen überdreht, verdrogt und notgeil bis zu den Haarspitzen sein – nirgends ist die geringste Spurvon Aggression zu spüren, nicht mal unter den Ledertypen. Das ist eines der Dinge, die ich an Schwulen schätze, aber einfach nicht verstehe: Wo stecken sie bloß ihre Aggressionen hin? O.k., so genau muss ich es nicht wissen. Am Sex kann es jedenfalls nicht liegen, denn wenn Sex friedlich machte, müssten Heteros ebenfalls friedlich sein, sie haben ja auch Sex. Außer sie sind in langen festen Beziehungen. Hm. Ist es das? Bringt Promiskuität automatisch Entspannung mit sich? Oder entspannt Sex mit einem Kerl einfach anders als mit einer Frau? Vielleicht sollte ich mir diese Frage nicht auf einer Schwulenparty stellen. Schon gar nicht, da mein Karma unter sexuellem Dauerbeschuss steht. Monas SM-Bärchen hat seine Zunge tief in den Mund des Scheichs vergraben und seine Pranken um dessen dürren Hintern geklammert, dabei starrt er mich an wie Frischfleisch in der Knastdusche. Hilfe!
    Mein Kaninchen kommt wieder und wirft den beiden Liebenden einen Blick zu.
    »Und ich muss mit denen im selben Zimmer schlafen ...«, schnauft sie und drückt mir ein Glas in die Hand. »Vielleicht sind sie bis dahin fertig.«
    Sie wirft mir einen Besserwisserblick zu und leert ihr Glas in einem Zug.
    »Du bist dran.«
    »Solltest du trinken, wenn du schwanger bist?«
    Sie stöhnt.
    »Mein letzter Karneval! Der letzte Rausch! Das letzte bisschen Leben für achtzehn Jahre! Und da sagst du, dass ich ...«
    »He, schon klar, ich geh ja schon.«
    Ich leere mein Glas, weiche ein paar Polonäsen aus, drücke mich unbemerkt an dem Bodybuilder vorbei und entere den Balkon. Tausend Flaschen, freie Auswahl. Für einenAugenblick begrüße ich die Kälte und die damit verbundene frische Luft, doch noch bevor ich zwei Wodka-Os gemixt habe, schlottern mir schon wieder die Knie. Für Monas Baby mixe ich eine stark verwässerte Ausgabe von meinem steifen Drink, dann drängele ich mich schnell wieder rein. Auf dem Rückweg suche ich das Bad auf, das sich natürlich nicht abschließen lässt. Früher fand ich so etwas aufgeschlossen. Lange her. Bei dem Versuch zu pinkeln, ohne die Türklinke loszulassen oder den Boden zu versauen, kugele ich mir fast die Schultern aus, und als es dann endlich geschafft ist, atme ich erleichtert auf. Blank gezogen von einem pickligen Bodybuilder erwischt zu werden sprengt meine Vorstellung von Folter.
    Als ich wieder reinkomme, muss mein Hintern kompensieren, dass meine Hände nicht frei sind. Schritt für Schritt und Hand für Hand durch die Menge. Endlich schaffe ich es bis zu Mona, die in der Zwischenzeit den oberen Reißverschluss geöffnet hat und sich am Fenster belüftet. Den Kopfteil

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