Beziehungswaise Roman
mit den Ohren hat sie sich in den Nacken geklappt, sie schüttelt ihre nassen Haare aus.
»Hey, Hase.«
Sie richtet sich auf. Dabei öffnet sich das Kostüm etwas und lässt den Ansatz ihrer Brüste sehen. Ihre Haut glänzt, ihre Haare hängen ihr klatschnass ins Gesicht, sie sieht aus, als hätte sie gerade den Ärmelkanal durchquert. Ich halte ihr eines der Gläser entgegen. Sie nimmt es und leert es gleich in einem Zug.
»Ahhhh, du hast recht«, klagt sie. »Es ist wirklich nicht auszuhalten, ich ziehe mich gleich nackig aus, stört hier wahrscheinlich wirklich keinen, ich meine, schau dir das mal an.«
Ich folge ihrem Blick. Auf der Tanzfläche fummeln zwei leicht bekleidete, durchtrainierte Männerkörper aneinander rum. Beide tragen nur Maske, Tanga und Stiefel. Beijeder Bewegung spannen sich definierte Muskeln an, während sie sich betasten und mit den Zungen duellieren. »Voll Porno.«
Sie kichert und lässt die beiden keine Sekunde aus den Augen.
»Diese Tangas sind ganz schön knapp. Was machen die, wenn ... oh.«
Sie starrt auf das, was da sichtbar wird. Die beiden Typen fummeln weiter und genießen, dass sich alle Blicke auf sie richten.
»Ich wollte sowieso gerade gehen«, sage ich.
Sie lacht und hakt sich bei mir ein, ohne die Augen von dem Schauspiel zu nehmen.
»Du lässt mich jetzt nicht hier allein, komm, wir trinken noch einen.«
Sie heftet ihre Augen wieder auf die Liveshow, die vor unseren Augen abläuft. Wie erwartet, lässt sich auch der Zweite von der freundlichen Atmosphäre anstecken. Mona kneift die Augen zusammen und schaut genauer hin. Dabei beugt sie sich vor, und ich habe freie Sicht auf ihre Brüste. Schöne Brüste. Ich merke, wie der Anblick wirkt.
Sie stupst mich an.
»Schönes Exemplar, oder?«
»Alle beide«, sage ich und nehme einen Schluck von meinem Drink. Dabei stelle ich fest, dass ich unterwegs die Gläser vertauscht haben muss, denn meiner schmeckt, als hätte es zwei Tage reingeregnet. Ich kippe ihn dennoch hinunter. Mona hält mir ihr leeres Glas entgegen, ohne den Blick von den beiden Peepshowprotagonisten abzuwenden. Ich nehme es, küsse sie auf die Wange, drängele mich durch den Raum, drücke einem Cowboy beide Gläser in die Hand und verschwinde durch den Ausgang.
Kapitel 10
Helles Licht. Warmes Bett. Kein warmer Körper. Ich schlucke ein paarmal gegen die Übelkeit und öffne die Augen. Durch die Oberlichter kriecht mal wieder Winterlicht. Mein Schädel hämmert. Wann lerne ich es endlich? Karneval = Auslandsreise. Müssen ja nicht die Kanaren sein, wo eine verrückte Kölnerin auch schon einen verdammten Karnevalsverein gegründet hat, nein, vielleicht kann ich nächstes Jahr um diese Zeit einfach mal Tess besuchen. China ist gerade weit genug.
Die Halle begrüßt mich mit zu niedrigen Temperaturen und zu lautem Punk, was bedeutet, dass Arne zuerst aufgestanden ist. Meine Mitbewohner sitzen beide am Tisch, tragen dicke Pullover, trinken Arnes politisch korrekten Kaffee und unterhalten sich. Ich setze mich fröstelnd dazu und gieße mir ein.
»Wieso ist es so kalt hier?«
»Wir sparen Strom«, sagt Frauke, ohne den Blick von Arne abzuwenden.
»Warum machen wir dann nicht die Musik aus?«
Sie verdreht die Augen, zieht an ihrem Frühstück und nickt Arne zu, fortzufahren. Er berichtet von den letzten aktuellen Aktionen seiner Aktionsgruppe, eine Art militante Buddhisten. Sie glauben an die Menschheit und die Zukunft und tun das, was wir alle tun sollten – sich engagieren. Sie organisieren Demos, sammeln Unterschriften und leiten nicht ganz legal beschaffte Informationenüber Umweltschweinereien der Konzerne an Journalisten weiter. Sie betonen immer wieder, dass sie gewaltfrei agieren. Außer wenn man sie provoziert. Und die Einleitung von Giftstoffen in deutsche Flüsse, kontaminierte Kinderspielplätze und atomare Endlager sind nun mal Provokationen.
Ich schmiere mir ein Ökobrot mit Ökokäse, ertränke den Nicaraguakaffee mit weißem Zucker, was mir Seitenblicke von Arne einbringt, und höre seiner Frontberichterstattung zu. Außer die Umwelt zu retten, hat er in den letzten Wochen an jedem Wochenende Gotcha gespielt. Das ist dieses Rambospiel, bei dem man durch einen Wald rennt und andere Gestörte mit Farbpatronen wegpustet. Überlebenstraining nennen die das. Arne nennt es angewandte Pädagogik. Wenn er sich breitbeinig über einen Vorstandsvorsitzenden stellt, den er soeben sauber erwischt hat, und sagt: »Hey, mit der
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