Beziehungswaise Roman
freundschaftlicher Trennung?
Auf dem Bildschirm leidet Sean Penn, dass sich die Haare auf meinen Armen aufrichten. Zwischen uns schnarcht Frauke und klammert sich im Schlaf an Arnes Bein. Manchmal senkt er den Blick und mustert sie. Lange her, dass eine Frau ihm so vertraut hat. Lange her, dass ich ihn so angepflaumt habe. Lange her, dass mir klar wurde, wie sehr ich die beiden liebe. Lange her, dass ich es ihnen gezeigt habe. Sollte ich mal wieder machen. Genau. Die Müdigkeit kriecht durch meinen Körper, und ich fühle mich so wohl,wie ich es nur zu Hause kann. Zu Hause. Ich darf die Halle nicht verlieren. Ich muss mir etwas einfallen lassen. Oder einfach die Qualifikation gewinnen und ins Finale einziehen, es gewinnen und eine eigene Sitcom bekommen. Klar.
In der Halle ist alles ruhig, bis auf die Abspannmusik. Auch beim dritten Mal rührt mich der Film. Jugendfreunde, die sich verlieren und dennoch auf eine besondere Art für immer verbunden sind. Mir ist danach, Arne zu sagen, dass es mir leid tut, dass ich ihn manchmal so scheiße behandele, aber wie immer tue ich es nicht. Vielleicht hat er recht, irgendwas in mir ist permanent damit beschäftigt, ja nicht uncool rüberzukommen. Arne löst Fraukes Arme von seinem Bein. Er steht auf, nimmt sie vorsichtig auf die Arme, als würde er ein Baby anheben, und trägt sie in ihr Zimmer. Sie wird dabei wach und kuschelt sich an ihn. Manchmal glaube ich, sie freut sich mehr auf diesen Teil des Abends als auf die Filme.
Als er wiederkommt, bringt er mir ein Bier aus dem Kühlschrank mit und setzt sich neben mich. Ich trinke einen Schluck. Dort wo Frauke saß, ist alles voller Chipskrümel und Tabakreste. Arne nippt an seinem Karottensaft. Der Abspann ist zu Ende. Wir sitzen noch einen Augenblick da. Dann schaut er mich an. Ich zucke die Schultern. Er schiebt Kramer gegen Kramer rein. Gemeinsam beobachten wir, wie das Drama seinen Lauf nimmt.
Kapitel 17
Helles Licht. Warmes Bett. Kein warmer Körper. Kein Swing. Kein Husten. Ich öffne die Augen. Kaltes Winterlicht scheint durch die Oberlichter. Einsamkeit breitet sich unter der Bettdecke aus und erobert neue Gebiete. Bevor ich kapituliere, rolle ich mich aus dem Bett und schlüpfe in meine Laufklamotten. In der leeren Halle laufe ich gegen eine Wand aus abgestandenem Rauch. Ich muss wirklich mal mit Frauke über ihren Hanfkonsum reden. Ich drehe die Heizungen auf und laufe raus durch den ausnahmsweise katzenfreien Hof.
Als ich die Straße betrete, werde ich von einem kostümierten Radfahrer gestreift, der über den Fußgängerweg fährt. Er pflaumt mich an, ob ich nicht Platz machen könnte. So wie er auf dem Rad dahereiert, müsste ich dafür die Stadt verlassen, aber ich spare mir den Kommentar, laufe los und behalte den Vollbart im Auge, der vor der Klinik steht und mit sich selbst redet. Ein Jeck auf dem Heimweg oder ein Irrer, der sich im Datum geirrt hat? Egal, in beiden Fällen hilft die nächste Kneipe, denn Karnequal ist für Klinikinsassen nahezu perfekt zum Ausgangüben. Ganz egal wie gestört sie sich benehmen, man klopft ihnen einfach auf die Schulter, ja ja, Jung, drink doch eine mit.
Im Grüngürtel laufe ich über Scherben, weiche Gruppen aus und hänge mich an eine Joggerin, die eine gute Frequenz läuft. Als wir den See erreichen, bleibt sie stehen und tut, als würde sie ihren Schuh zubinden. Als ich vorbeilaufe,wirft sie mir einen bösen Blick zu. Ich grüße und laufe weiter. Die Welt ist voller falscher Verdächtigungen. Überall ziehen kostümierte Gruppen gut gelaunt in Richtung Südstadt, um am Rosenmontagszug teilzunehmen. Eigentlich kein großer Unterschied zu den vorherigen Tagen, aber heute kann ich über die Sprüche lachen. Ein Wochenende bei der Familie und eine WG-Filmnacht – schon finde ich Karneval erträglich. Für einen Augenblick überkommt mich Vorfreude auf meine Zukunft. Das Gefühl hält sich ein paar Sekunden. Immerhin.
Auf dem Rückweg mache ich einen Schlenker am Bäcker vorbei. Schon von Weitem hört man die unverwechselbare Schunkelmusik. Das Schaufenster ist geschmückt, der Laden ist voller Stammgäste, die sich in Stimmung bringen. Man leert ein Pittermännchen, singt finstere Texte und futtert sich eine Grundlage für den Tag an. Die Verkäuferin hinter der Theke, die sonst missmutig und mürrisch dreinschaut, ist geschmückt wie ein Weihnachtsbaum. Keine Ahnung, was ihr Kostüm darstellen soll, aber blinken tut es wirklich toll. Falls die
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