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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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haben? Haben nur deine Terrorkumpels Anspruch auf Loyalität?«
    Seine Augen verengen sich ein bisschen.
    »Nenn sie nicht Terrorirgendwas«, sagt er leise. »Terror ist das, was die Konzerne mit ihren Lobbyisten ausüben. Wir sind Menschen mit Respekt vor anderen Menschen, darum engagieren wir uns auch für alle, sogar für dich, aber so etwas kennst du ja nicht, weil du ständig mit diesen todlustigen Vollidioten rumhängst. Dein berufliches Umfeld ist scheiße, und es prägt dich immer mehr, aber wir kämpfen trotzdem für dich, oder atmest du nicht gerne saubere Luft? Haben wir nicht genug Allergien?«
    Ich hebe die Hände.
    »Meinst du, die Welt wird besser, wenn ich mein Zuhause an die Bank verliere?«
    Er stößt wieder Luft aus und schüttelt mit Verzögerung den Kopf.
    »Meins. Meins. Meins.«
    »Nur dass hier keiner singt und lacht. Wieso müssen Frauke und ich darunter leiden, dass ihr miserable Ökonomen seid? Ich dachte, autonom bedeutet selbstständig.« Wieder drückt sein Mund Missbilligung aus.
    »Erzähl du mir mal, wer hier unter wem leidet. Du bist soeben mit einem Flugzeug aus dem Land mit dem größten Energieverbrauch der Erde gekommen.«
    »Nächstes Mal schwimmen wir rüber.«
    Frauke seufzt.
    »Müsst ihr euch immer streiten?« Sie legt Arne eine Hand auf die Schulter. »Also, ich finde es toll, dass du dich engagierst.« Sie lächelt mich an, die Augen rot wie ein Albino. »Hast du nicht auch das Gefühl, dass man sich mehr engagieren müsste?«
    »Klar, aber nicht am Sonntagabend.«
    Arnes Kopf bewegt sich ein paar Millimeter seitwärts. »Auf den Demos treffe ich Mütter, die nach ihrer Schicht noch fünfhundert Flyer verteilen, bevor sie die Kinder ins Bett bringen. Die haben keine Angst, uncool rüberzukommen, nur weil sie gegen Mächtige kämpfen und Niederlagen einstecken müssen. Die haben ein schweres Leben und engagieren sich trotzdem. Das sind Basisdemokraten, die Stützen der Gesellschaft, aber dir wären sie wahrscheinlich zu humorlos, du bejubelst ja lieber einen unterhaltsamen Blender, der dich lächelnd ins Verderben schickt, als einen unscheinbaren Menschen, der für einen Hortplatz Unterschriften sammelt und am Wochenende gegen Atomtransporte auf die Straße geht. So gesehen wärst du mit Berlusconi perfekt bedient gewesen.«
    Ich überlege mir gerade die passende Retourkutsche, als Frauke auf MTV umschaltet und die Lautstärke voll aufdreht. Eine Wand aus Geräuschen hämmert auf uns ein. Irgendein perverser Sonderschüler brüllt uns an, dass sein Leben scheiße ist. Kein Wunder, so wie er singt. Ich halte mir die Ohren zu und versuche nicht zu wimmern.
    Nach ein paar Sekunden stellt Frauke den Ton wieder ab und mustert uns tadelnd. Ich nehme die Hände von den Ohren, um zu hören, ob ich noch was höre.
    »Jungs, ich kiffe, ja? Ich nehme Drogen, die mich entspannen. Und das ist gut so, denn nur so kann ich unseren Filmabend so richtig ge-nie-ßen. Also, vertragt euch wieder, oder ...«
    Sie schaltet den Ton wieder an. Uiii, der Sonderschüler ist jetzt aber richtig sauer! Ich verstehe zwar nicht, was er sagt, weil er irgendwie nicht so krass derb richtiger Deutsh kreischt, aber ich meine herauszuhören, dass er sauer ist, und zwar auf alle, die nicht so sind wie er. Also auf ganz, ganz viele, hoffe ich.
    Frauke schaltet den Ton wieder aus. Ich schnappe mir die Chipstüte und halte sie Arne hin.
    »Chips?«
    Er antwortet nicht. Ich lege die Tüte hin und drehe seine Karottensaftpfandflasche auf.
    »Darf ich dir nachschenken?«
    Ich fülle sein halb volles Glas bis zum Rand. Er starrt mich ausdruckslos an.
    »So ist gut«, lächelt Frauke und drückt auf die Fernbedienung.
    Ich zucke zusammen, aber es ist nur der Anfang von einem großartigen Film. Frauke legt die Fernbedienung weg, rollt sich zu einer Kugel zusammen, und nach fünf Minuten schläft sie. Damit ist meine Mehrheit futsch, aber nach Mystic River wäre es eh Frevel, einen weiteren großen Film anzuschauen. Das wäre, als würde man nach einer langen, liebevollen Beziehung die erstbeste Frau heiraten, die einem über den Weg läuft. Super Vergleich, echt prima, dass mir das jetzt einfällt. Da fällt mir gleich das Nächste ein, denn wenn ich mich richtig erinnere, lautet eine Faustregel, dass man die Hälfte der Beziehungsdauer braucht, um sich völlig von der Beziehung zu regenerieren. Herrje, dreieinhalb Jahre beziehungsunfähig??! Oder gilt das nur für Scheißbeziehungen? Gibt es Kulanz bei

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