Beziehungswaise Roman
mich.
»Ich fahre jetzt nach Hause.«
»Das freut mich.«
Sie sieht zum Ausgang.
»Ich brauchte das«, sagt sie und nickt mehr für sich selbst. »Ich bin kein Tempel. Ich bin nur eine Frau, die ein Kindkriegt. Ich habe Bedürfnisse. Und jetzt gehe ich nach Hause.« Sie wirft mir wieder einen Blick zu. »Verstehst du das?«
Ich nicke. He, das hab ich doch prima hingekriegt. Schickt mir eure Frauen, nach einer Nacht mit mir kommen sie wimmernd zurück nach Hause und betteln auf Knien um Einlass. Vielleicht wäre das ein Job für mich – professionell schlecht im Bett. Wobei, in dem Metier versauen die Amateure bestimmt den Markt. Gott, ist mir kalt. Ich nehme Mona in die Arme, küsse sie auf die Wange und drücke sie an mich.
»Vielen Dank, Mona aus Dresden. Es war schön mit dir. Du bist erste Sahne.«
Ich spüre ihr Lächeln an meiner Wange.
»Erste Sahne?«
»Allererste«, nicke ich und löse mich wieder. »Du bist eine klasse Frau. Du wirst bestimmt eine gute Mama.«
Ihr Blick geht in die Ferne, sie nickt nachdenklich. »Aber was wird mit dem Rest von mir?«
»Der wird fett und unter Schlaflosigkeit leiden. Ich werde an dich denken, wenn ich morgens um elf aufstehe.«
Ihr Blick kommt zurück.
»Musst du eigentlich immer Sprüche machen?«
Ich nicke.
»Liegt in der Familie.«
»Ist die witziger?«
»Aua! «
Sie lächelt, dann legt sie ihren Kopf in den Nacken und bietet mir ihre Lippen. Ich küsse sie, lasse sie los, überlege einen Moment und küsse sie noch mal. Dann lassen wir uns wieder los. Sie wirft einen neuerlichen Blick zum Ausgang und zieht den Pelz noch enger um sich.
»Viel Glück.«
Ihr Blick kommt wieder zurück.
»Danke.«
Sie atmet ein, strafft sich und geht. Am Hoftor dreht sie sich noch einmal um. Ich sehe Angst, Hoffnung und Unsicherheit in ihren Augen. Dann ist sie verschwunden, und das Tor schließt sich. Ich bleibe stehen und horche auf das komische Gefühl in mir, das Gefühl, mit einer Frau geschlafen zu haben, die mich nicht wiedersehen will. Ich analysiere die Erleichterung, dass sie nach Hause gegangen ist, und die Enttäuschung, dass sie vorher nicht zumindest ein bisschen geklammert oder gesagt hat, dass sie immer an mich denken wird. Männeregos. Ich schlafe mit ihr, und sie ist mir dennoch nicht total verfallen? Miststück.
Gott, ist das kalt. Ich greife gerade nach der Türklinke, als die Scheißkatze auftaucht. Sie kommt hochnäsig auf der Mauer daherspaziert und springt wie selbstverständlich in den Hof. Erst im Sprung merkt sie, dass ich da bin, und versucht mitten in der Luft umzudrehen. Sogar für eine Katze zu schwer. Alle vier Pfoten suchen in einer anderen Richtung nach Halt, finden keinen, und schließlich landet sie im Schnee. Im gleichen Moment drehen ihre Krallen durch, und sie springt fauchend auf die Mauer zurück, als stünde ihr Schwanz in Flammen. Als sie merkt, dass ich keine Anstalten mache, ihr zu folgen, bleibt sie oben stehen und mustert mich ausdruckslos.
»Ist nur ein Katzensprung«, erkläre ich ihr.
Sie setzt sich und beginnt ihr Skrotum zu lecken. Ja, richtig, das kann ich nicht. Dafür kann ich was anderes, ha, das Equipment funktioniert. Und seltsamerweise habe ich das große Bedürfnis, Tess anzurufen und es ihr mitzuteilen. Seit Jahren ist sie meine erste Adresse für mitgeteilte Freude. Sofort ist das Schuldgefühl wieder da. Wir fechten einen kleinen Kampf, dann rette ich mich vor dem Tod durch Erfrieren und gehe wieder rein. Die Punkbandist immer noch enttäuscht von der Menschheit, und Arne hockt immer noch am Tisch. Ich stelle mich an die Küchenzeile und fülle die Espressokanne mit Kaffeepulver und Wasser. Die ganze Zeit spüre ich seinen Blick. Ich warte. Er sagt nichts. Was Konflikte angeht, ist er noch schlechter als ich. Zumindest verbal. Denn mit Blicken und Schweigen kann er Psychosen auslösen. Schließlich knalle ich den Löffel auf die Anrichte und drehe mich um.
»Wenn du etwas zu sagen hast, dann sag es, verflucht noch mal!«
Er räuspert sich.
»Ich möchte nicht, dass du solche mit hierherbringst.« Ich starre ihn verblüfft an.
»Was zum Henker meinst du mit ›solche‹? War sie dir nicht gut genug?«
Er zögert, und an seinen leicht schwingenden Haaren merke ich, dass er auf seinem Stuhl hin und her wippt. Ein Gespräch kann bei ihm schon Hospitalismus auslösen. »Die trug einen Pelz.«
»Nicht überall.«
Er spitzt prüde die Lippen. Ich drehe mich wieder um und beginne, Frühstück zu
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