Beziehungswaise Roman
machen.
»Wenn ich eine solche Frau hätte ...«, beginnt er wieder. Ich drehe mich wieder um.
»Wenn du überhaupt eine hättest. Dann würdest du dich wahrscheinlich um sie statt um meine kümmern, und das wäre prima. Es geht dich einen Scheiß an, mit wem ich schlafe. Mache ich dir etwa Vorwürfe, dass du damit ganz aufgehört hast? Meinst du nicht, du könntest mal wieder jemanden kennen lernen? Hast du dich nicht lange genug gegeißelt?«
Sein Gesicht verhärtet sich. Für einen Augenblick denke ich, er wird mir eine langen. Stattdessen wird seine Mimik wieder ausdruckslos. Er senkt seinen Blick, steht auf, gehtin sein Zimmer und schließt leise die Tür. Ich drücke sofort auf eject. Die Punkband stirbt mitten im Akkord. Der CD-Wechsler fährt raus. Ich sehe, dass die neue Diana-Krall-CD mit auf dem Wechsler liegt, fahre sie wieder rein und drücke auf play. Wieso sind Anlagen eigentlich immer noch englisch beschriftet? Und wieso bin ich so ein Arschloch? Und warum ausgerechnet bei meinen Freunden? Mehr als ein Freund, weniger als freundlich? Ich weiß, dass Arne Tess schützen will, weil er sie liebt. Vielleicht sollte ich ihm einfach sagen, dass wir uns getrennt haben. Vielleicht sollte ich vorher aber erst mal dreißig Jahre Kampfsport machen.
Ich mache mir gerade ein Rührei aus seinen Bioeiern, als Frauke aus ihrem Zimmer kommt und sich gähnend umschaut.
»Was ist hier für ein gottverdammter Krach?«, flucht sie und lässt sich auf einen Stuhl plumpsen.
Die Musik kann sie ja nicht meinen, denn Dianas Stimme verrät uns sanft wie ein Lamm nach einer rauchigen Nacht, dass seine Nähe sie verrückt macht und sie es liebt, bei ihm zu sein.
»Arne ist sauer«, sage ich.
»Was hat er denn jetzt schon wieder? Ist ein Öltanker gesunken?«
»Schlimmer. Er musste sich Sex anhören und, he, da hört er sich lieber seine Kackmusik an.«
Für einen Moment schaut sie mich fassungslos an, dann verzieht sie das Gesicht zu einem breiten Grinsen, steht auf, kommt schnell um den Tisch herum und umarmt mich.
»Hey! Du hattest Sex! Und es war jemand dabei!« Sie schnappt sich meinen rechten Arm und hält ihn in die Luft. »Sieger durch Ejakulieren: Laaaassseeee!!«
»Lass mich los, du Doof!«, lache ich.
»Mensch, wir müssen sofort das Seismologische Institut anrufen! Die müssen eine Tsunamiwarnung für Südeuropa rausgeben!«
Ich versuche sie wegzuschieben, sie klammert sich kichernd an mich. So ringen wir fröhlich, bis wir merken, dass Arne neben dem Tisch steht.
»Morgen, Arne«, sagt Frauke.
Er nimmt sich wortlos einen Joghurt aus dem Kühlschrank und geht wieder in sein Zimmer. Die Tür schließt sich leise. Frauke grinst mich kopfschüttelnd an und schaut zu meinem Zimmer rüber.
»Wo ist Tess? Schläft sie noch nach dieser Anstrengung?« »Tess ist nicht da.«
Sie nickt mir lächelnd zu. Bis sie Schlüsse aus dieser Erkenntnis zieht. Dann fällt der Groschen. Ihr Mund öffnet sich zu einem O. Ich nicke ihr anerkennend zu.
»Wow, und das vor dem ersten Kubikmeter Hanf.«
Sie blinzelt und nickt mehrmals, als würde sie die einzelnen Punkte in der Logikkette abhaken, dann schaut sie mich entrüstet an.
»Du hast jemanden mitgebracht. Eine Fremde – hierher.« Sie schaut wieder zu meiner Zimmertür rüber, als könnte sie irgendwelche Spuren erkennen. »Sag mal, spinnst du? Was ist, wenn Tess das erfährt!«
Sie wirkt ehrlich empört.
»Ja, wer hat mir denn in den Ohren gelegen, dass ich das Equipment testen soll und ohne Sex wäre das Leben nichts und blablabla?!«
Sie schaut mich ungläubig an.
»Du sollst mit Tess schlafen, du Blödmann!«
Ich zucke die Schultern.
»Sie war nicht da.«
Sie schüttelt mehrmals den Kopf.
»So ein Mist ...« Sie heftet ihren Anwaltsblick auf mich.
»Bist du verliebt?«
»Nein.«
»Jemand, den ich kenne?«
»Nein.«
»Siehst du sie wieder?«
»Nein.«
Sie stößt die Luft aus.
»Gott sei Dank!« Die Erleichterung steht ihr ins Gesicht geschrieben, als sie mich bittend anschaut. »Tess wird das doch nicht erfahren, oder?«
»Wieso sollte sie?«
»Gut«, nickt die Anwältin. Bloß nie etwas zugeben.
Wie alle ihre Mandanten verschweige ich ihr etwas. Himmel, wenn sie mitkriegt, dass wir uns getrennt haben, verklagt sie mich wahrscheinlich. Das Traumpaar zu sein hat eindeutig Nachteile.
Das Telefon klingelt. Wir schauen uns an.
»Lüg sie an«, sagt sie und lässt sich wieder auf ihren Stuhl fallen.
»Einen anderen Rat hätte ich auch nicht von
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