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Beziehungswaise Roman

Beziehungswaise Roman

Titel: Beziehungswaise Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbaek
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dir erwartet«, sage ich und gehe ins Arbeitszimmer. Natürlich werde ich lügen. Wir sind nicht mehr zusammen, aber man sagt seiner Ex nicht, dass man gleich danach rumbumst.
    »Die Halle.«
    »Guten Morgen, Liebster. Wie lief es?«
    Mein Gehirn produziert ein paar merkwürdige Gedanken, bevor es die richtigen Zusammenhänge herstellt.
    »Gut. Ich bin im Finale.«
    »O klasse! Gratuliere!«
    Ihre Freude ist so echt, wie sie nur sein kann. Sie gönnt mir das Beste. Das tut gut. Tat es immer.
    »Und selbst? Hast du den Vertrag unterschrieben?« Es entsteht eine kleine Pause, bevor sie antwortet. »Der ist noch beim Anwalt. Ich vermisse dich.«
    Mein Mund verzieht sich von Ohr zu Ohr.
    »Das ist schön.«
    »Wie soll das erst werden, wenn ich weiter weg bin?« »Bleib einfach hier«, sage ich.
    »Hm«, macht sie.
    Längere Pause. Und alles, was ich denken kann, ist: Gott, was machen wir hier? Ist das der Klassiker? Nach der Trennung noch mal zusammenkommen, um die Gründe für die Trennung bestätigt zu bekommen? Das wäre überflüssig, denn ich kenne sie zu gut, um mir Illusionen zu machen. Leider wirkt das Wissen klein und gebrechlich gegen die Turbulenzen in meinem Inneren. Gott, es fühlt sich fast so an wie damals, als wir uns kennen lernten.
    Ich räuspere mich.
    »Du siehst heute wieder umwerfend aus.«
    Sie gickelt.
    »Danke. Ich muss weitermachen. Ich wollte nur deine Stimme hören und wissen, wie es lief. Ich hoffe, dass es am Wochenende klappt. Morgen weiß ich es.«
    »Gut. Du fehlst mir.«
    Wieder entsteht eine Pause. Dann küsst sie in den Hörer und verabschiedet sich. Ich lege auf und starre aus dem Fenster. Sind das die Gespräche, die man mit seiner Ex so führt? Und ab wann ist man eigentlich Single? Ab da, wo man es ausgesprochen hat? Ab da, wo man keine Schuldgefühle mehr hat, wenn man mit einer anderen schläft? Ab da, wo sie nicht mehr anruft und in den Hörer küsst?
    Das Telefon klingelt wieder. Ich hebe den Hörer ab. »Das habe ich auch gerade gedacht.«
    In der Leitung bleibt es einen Augenblick still.
    »Hallo? Lasse, bist du es?«, sagt eine Stimme auf Dänisch. Ich brauche einen Augenblick, um sprachlich umzuschalten. Es geht so langsam, als würde ich die Wörter einzeln im Wörterbuch nachschlagen.
    »Ja, Schwesterchen, ich denke, ich bin’s.«
    »Far geht es schlecht. Wirklich schlecht, verstehst du? Du musst sofort kommen.«
    Ich seufze und verkneife mir circa ein dutzend blöde Sprüche. Bei Krankheit hört der Spaß ja auf. Ich wünschte, es wäre umgekehrt. Wäre ein guter Grund, meinen Job zu machen.

 
Kapitel 22
    Sechs Stunden später steige ich, nach einer Zwischenlandung in Amsterdam, endlich in Kopenhagen aus dem Taxi. Dasselbe Krankenhaus, neue Station. In diesen Gängen sehen die Besucher und Patienten noch mutloser aus. Ich bleibe vor einer Tür stehen und atme durch, dann drücke ich die Türklinke runter und trete rein. Wieder ein Viererzimmer. Diesmal alle vier Betten belegt. Far liegt in dem Bett am Fenster. Neben seinem Bett sitzt Ebba. In ihrem großen Wintermantel sieht sie klein aus. Am Bettende steht Sune und funkelt eine ältere Krankenschwester an, die schon reichlich genervt wirkt. Als ich näher trete, schaut sie mich wütend an.
    »Keine Besuchszeit!«
    Ich nicke ihr zu und trete ans Bett. Far schläft. Er sieht bleich aus. Über seinem linken Auge klebt ein Pflaster. Ich lege eine Hand auf Ebbas Schulter und nehme Fars linke Hand. Sie ist warm und weich wie immer.
    »Er ist umgefallen und hat sich den Kopf aufgeschlagen. Sie sagen, er hat eine leichte Gehirnerschütterung.«
    Ich atme erleichtert auf.
    »Was ist mit den Werten von der letzten Untersuchung?« Sune schüttelt wütend den Kopf.
    »Sind noch nicht da. Keiner weiß was.«
    Die Schwester atmet hörbar genervt aus.
    »Ihr müsst jetzt wirklich das Zimmer verlassen.«
    »Zuerst wollen wir wissen, was los ist«, sagt Sune.
    Sie starrt die Schwester an wie ein Kampfhund.
    »Da müsst ihr einen Arzt fragen.«
    »Und wo findet man einen? Läuft gerade ein Fußballspiel im Fernsehen, oder was?«
    Die Schwester seufzt jetzt vernehmlich.
    »Die Visite ist morgen früh. Vorher wird euer Vater auch nicht wach. Jetzt lasst mich bitte meinen Job machen, das wäre nett.«
    Ich nicke ihr beruhigend zu.
    »Wann genau ist die Visite?«
    »Um sieben.«
    Ich schaue Far an. Dann schaue ich Ebba an, die müde und abgespannt wirkt. Ich schaue Sune an.
    »Wir kommen morgen früh wieder.«
    Sie schaut mich böse an.

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