Bezueglich Enten und Universen
entlanggingen.
Mein Blick fiel auf einen blühenden Kaktus.
»He, der sieht genauso aus wie der für Paks Mutter, nur größer. Wie nannte er ihn? Reichenbach-Igel oder so. Ich frage mich, wie spitz die Stacheln sind.« Ich kniete mich hin und begutachtete die aus zahllosen Segmenten bestehende Pflanze. Ohne Vorwarnung sah ich einen Blitz auf mich zuschießen und einschlagen. Verblüfft richtete ich mich auf und senkte den Blick auf den Dorothy-Sayers-Band, den ich an die Brust gepresst gehalten hatte, geschützt vor Stacheln und Erde. Einkleines, rundes Loch befand sich darin. Vor einer Sekunde war es noch nicht da gewesen.
»Was ist denn das?«, fragte Bean. »Das sieht ja fast aus wie ...«
Sie kam nicht dazu, den Satz zu beenden.
In den formgeschnittenen Büschen hinter dem Kaktus wurden die Geräusche eines Kampfes laut. Dann sagte eine Stimme: »Ich hab sie.«
34
MEINE ERZ-NEMESIS
Mrs Noor trat, begleitet von einer jüngeren, männlichen Version ihrer selbst, hinter einem Busch in Kamelgestalt hervor. »Sie ist da drüben«, keuchte die Detektivin und deutete hinter sich. Sie hielt ein schweres, gebundenes Buch in der Hand, viel größer als mein qualmendes
Die Neun Schneider
.
»Bean«, sagte ich, »das ist Mrs Marp... Mrs Noor von der Detektei
Noor & Brood
.«
»Und mein Sohn Ham«, ergänzte Mrs Noor.
»Und – tja, das da drüben ist Felix B.« Er stand im Hintergrund.
Bean sagte Hallo.
Wir folgten Mrs Noor durch eine Lücke zwischen dem Kamelbusch und einem in Pfauenform tiefer in den Garten hinein. Rosafarbene und weiße Rosen umgaben zwei Holzbänke. Eine war leer und auf der anderen saß Gabriella Short. Ihr schickes Sommerkleid passte so gar nicht zu der Laserpistole, die knapp außer Reichweite vor ihr auf dem Boden lag. Ich bemerkte, dass sie die Hände ziemlich steif hinter dem Rücken hielt.
»Ohne meinen Anwalt sage ich kein Wort«, verkündete sie und wandte den Blick ab.
Mrs Noor ließ sich schwer auf die Bank gegenüber fallen. »Gabriella.« Sie rang immer noch nach Luft. »Gabriella plante, Sie abzuservieren, Felix.«
»Was lesen Sie denn da?«, fragte ich und zeigte auf das Buch in ihrer Hand.
»Das? Das ist das
Chicago-Handbuch für Detektive
. Ich habe es zum Nachschlagen immer im Auto.«
Bean starrte mich an. »Felix, hast du nicht gehört, was sie gesagt hat?«
»Doch. Ich wusste ja, dass mich jemand umbringen will.«
»Warum hast du nichts gesagt?«
»Es klang so verrückt. Außerdem, na ja, ich hatte da so eine andere Vermutung«, sagte ich und vermied es, Felix anzusehen.
»Ham soll die Geschichte erzählen«, sagte Mrs Noor. »Ich hatte den Verdacht, aber er hat die Laufarbeit erledigt. Leg los, Ham, mein Guter.«
Ham zog ein Notizbuch hervor, das genauso aussah wie das seiner Mutter, nur in Blau, und klappte es auf. »Punkt eins. Dienstag. Zielperson folgt Klient auf Route 1 von San Francisco nach Carmel Beach mit Wagen, gefahren von männlichem Begleiter der Zielperson. Ebenfalls im Auto: Quasi-Hund und Alter Ego des Klienten.«
Ich erinnerte mich, dass Mrs Noor gesagt hatte, eines ihrer Kinder sei nicht so talentiert für die Detektivarbeit. Ham konnte sie damit wohl nicht gemeint haben.
»Granola James und Gabriella Short, zwei Angestellte von
Past & Future
, fuhren Felix B nach Carmel«, führte Mrs Noor aus. »Eine Zeit lang waren sie direkt hinter Ihnen. Ein hellgrünes Cabrio mit geschlossenem Verdeck. Ham folgte
denen
und versuchte sich darüber klar zu werden, was eigentlich los war.«
»Wir zeigten ihnen den Vertrag, den ich unterschrieben hatte. Aus dem Fenster von Beans VW Käfer«, erklärte ich.
»Sie haben ihr den Vertrag gezeigt? Das wird sie nicht gerade glücklich gemacht haben«, meinte Mrs Noor. »Sie muss das Gefühl gehabt haben, dass Sie ihr entglitten, aus ihrem Blickfeldverschwanden. Ein bisschen detaillierter, bitte, Ham«, fügte sie hinzu.
»Punkt zwei. Mittwoch. Beobachte Zielperson beim Betreten von Bed and Breakfast in Carmel, wo Klient abgestiegen ist. Zeit: gegen Mitternacht. Grund: unbekannt. Weitere Nachforschung: nicht möglich.«
Ich erinnerte mich an den Gegenstand, über den ich fast die Treppe des
Be Known Inn
hinuntergefallen wäre. Hatte sich Gabriella ins Haus geschlichen, nachdem alle im Bett waren, eine Glühbirne herausgeschraubt und das Nudelholz so hingelegt, dass ich, als der einzige Bewohner des Turmzimmers, im Dunkeln darauf ausgleiten und höchstwahrscheinlich die Treppe hinabstürzen musste? Es war
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