Bezueglich Enten und Universen

Titel: Bezueglich Enten und Universen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neve Maslakovic

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»Natürlich ergibt es keinen Sinn. Aber das heißt nicht, dass es nichtwahr wäre. Es ist jedenfalls weniger merkwürdig als die traditionelle Ansicht, dass die Entscheidungen einer Person unveränderlich ein für alle Mal den Ablauf der menschlichen Geschichte verändern, wie zum Beispiel die Kugel eines Attentäters.« Er funkelte mich voll wissenschaftlicher Inbrunst an. »Sagen wir mal, Sie laufen herum und knallen alle Kängurus ab, die Ihnen vor die Flinte kommen. Ist es wahrscheinlicher, dass Sie einfach die Entscheidung treffen, dass Kängurus aussterben sollen, überall und für alle Zeiten, oder dass sie lediglich Ihr Ziel in diesem Universum erreichen, während in anderen, in denen Sie nie geboren wurden oder in denen Sie ein vorbildlicher Bürger waren, noch jede Menge Kängurus herumhüpfen?«
    Arni war aufgestanden, um Tee in vier nicht zusammenpassende Becher zu gießen, und bot einen davon dem Professor an.
    »Wenn Sie alle Kängurus in Sichtweite abknallen würden«, meinte der Professor nachdenklich, während er die Tasse entgegennahm, »wer wäre dann wohl der Primärauslöser gewesen? Ich, der Ihnen diese Idee eingepflanzt hat? Sie und ich gemeinsam, weil wir dieses Gespräch führen? Oder die Person, die die Laserpistole erfunden hat, mit der sie die Kängurus abschießen? Oder sind wir ein untrennbares, komplexes System, das als Ganzes einen Primärauslöser konstituiert? Aber egal. Mein Vorgänger, Professor Singh, hat angenommen, er hätte mit seinem Experiment eine Kopie des Universums hergestellt. Aber er irrte.«
    Der Professor stellte den Becher auf Beans Schreibtisch ab und war mit zwei Schritten wieder zurück an der weißen Tafel. Mit einem roten Marker malte er einen dünnen Zweig, wie ein auf der Seite liegendes Y. »Singh hat zwei Universen miteinander verknüpft, während sie sich teilten. A und B begannen auf der Stelle, neue Abzweigungen aufgrund anderer, unabhängiger Ereignisketten zu bilden.« Rasch zeichnete er zusätzlicheVerzweigungen ein, bis das Y sich vervielfältigt hatte wie ein Riss, der sich in einem zerbrochenen Fenster ausbreitet. »Das ist ein wichtiger Punkt. Was wir Universum A nennen, ist lediglich eine Unterverästelungen des A-Originals. Denn ein Universum trägt seine gesamte Vergangenheit in sich, einschließlich der Verbindung, sodass jede Unterverästelung von A mit jeder Unterverästelung von B ...«
    »Warum ist das so wichtig?«, fragte ich.
    »Es ist eine wichtige wissenschaftliche Erkenntnis.«
    Der Professor verstummte und rieb sich nachdenklich das Kinn, genau wie Wagner es tat, wenn er über vertrackte Probleme nachgrübelte, etwa die richtige Anzahl der Geschwindigkeitsstufen bei einem Mixer oder das optimale Fassungsvermögen eines Salzstreuers.
    Eine Sekunde später durchbrach Bean das Schweigen. »Professor Maximilians Forschungen haben gezeigt, dass der Primärauslöser des Y-Tages klein gewesen sein muss, ungefähr vierundzwanzig Libra schwer.«
    »Meine These ist durchgefallen«, sagte Arni fröhlich. »Ich war überzeugt davon, dass eine gewisse Olivia May Novak Irving der Primärauslöser war. Wegen der vierundzwanzig Libra musste ich wieder ganz von vorne anfangen. Die Frau ist zart gebaut, aber so zart auch wieder nicht.«
    »Warum ausgerechnet sie?«, wollte ich wissen.
    »Es war eine hübsche, starke Ereigniskette, die mit einem Bootsausflug begann und in einem verpassten Vorstellungsgespräch für einen lukrativen Job endete. Das erinnert mich.« Er überprüfte seinen eleganten Omni. »Drei neue Nachrichten. Olivia Mays Sekretärin möchte wissen, ob ich unterwegs bin. Sie erwartet mich nach ihrer Yogastunde. Sie interessiert sich für die Dreh- und Angelpunkte ihres Lebens, und ich sah keinen Grund, meine Hilfe einzustellen, nur weil sie nicht mehr zu unseren Forschungen passte.«
    »Wie schön für dich«, konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen.
    »Außerdem bessert sie jedes Jahr unser Budget mit einer großzügigen Spende auf.« Er trank den Tee aus und griff nach seinem Jackett. »Wir sehen uns später. Bean, sag mir Bescheid, wie es mit den Gretchens gelaufen ist.«
    Arnis Abgang schien Professor Maximilian aus einer Art Trance zu wecken. Er wandte sich zur Tür. »Lasst euch nicht in die Karten schauen, Kinder. Es ist heutzutage schwer genug, Forschungsergebnisse zu publizieren, von etwas so Bahnbrechendem wie dem hier ganz zu schweigen. Lasst uns erst die Ereigniskette des Y-Tages vollständig rekonstruieren, sodass wir