Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
mit dem Hund gesprochen«, sagte sie. »Chin-Chin wird nirgendwohin zurückgehen, das weißt du.«
»Meinst du, eh? Gewöhne dich nicht zu sehr an ihn.«
Als Camille wieder etwas sagte, war ihr Ton ernst. »Wann hast du zum letzten Mal etwas Anständiges gegessen, s’il vous plaît?«
Er strich mit einer Hand über ihren Arm, während er über die Frage nachdachte. »Ich kann mich nicht genau erinnern«, gestand er dann.
Einen erwartungsvollen Augenblick lang sagte sie nichts. Dann seufzte sie und sagte: »Ich möchte dich etwas fragen.«
Rothewell unterdrückte seine instinktive Weigerung. Vielleicht wurde er alt. »Also gut – frag.«
»Ich werde dich das nur dieses eine Mal fragen.« Sie lag noch immer auf ihrer Seite und schaute in die aufgehäuften Kohlen im Kamin. Sie wandte nicht den Kopf, um ihn wieder anzusehen – mit Absicht, das spürte Rothewell. »Wenn du nicht antworten kannst – oder es nicht willst -, werde ich nicht nachbohren. Genau genommen werde ich sogar nicht einmal mehr nachfragen.«
»Prägnanz bei einer Ehefrau erachte ich als bewundernswerte Eigenschaft«, sagte er.
Er beobachtete sie über ihre Schulter, als sie mit einer der Fransen der Bettdecke spielte, sie sich um den Finger wickelte und dann wieder abwickelte. Für einen Moment dachte er, sie habe ihre Meinung geändert. Als sie sprach, war es unvermittelt. »Du bist krank, n’est-ce pas?«
Als er nicht antwortete, wandte Camille sich zu ihm um. Ihre Augen waren groß und suchend.
Einen Moment lang erwiderte er ihren Blick. Dann, unfähig, es zu ertragen, schaute er weg.
Sie atmete langsam aus. »Wie schlimm ist es?«
Rothewell starrte zur Decke hinauf und kämpfte um eine Antwort. »Ich habe ein hartes Leben geführt, Camille«, sagte er schließlich. »Und bis jetzt hat mich das noch nicht umgebracht.«
Seine Worte hingen lange in der Luft. »Du bist krank«, sagte sie wieder. Dieses Mal war es keine Frage.
Rothewell schlug die Bettdecke zurück und verließ das Bett, der Hund folgte ihm. Es gab nichts mehr zu sagen. »Es wird bald hell, Camille. Ich werde jetzt gehen, damit du noch ein wenig ruhen kannst.«
Schweigend sammelte er seine Kleider vom Boden auf und ging. Camille fühlte sich verletzt, das war Rothewell klar. Und er war dabei, das zu tun, von dem er sich geschworen hatte, es nicht zu tun. Und zum ersten Mal seit jenem schicksalhaften Tag in der Harley Street wollte er plötzlich weinen. Wollte er die verpassten Möglichkeiten betrauern und über die Grausamkeiten des Schicksals wüten. Er wollte um den jungen Mann weinen, der er einmal war, und um die wunderbare junge Frau, die etwas so viel Besseres verdiente.
Camille setzte sich auf. Als er die Hand auf den Türknauf legte, sagte sie: »Rothewell, du wirst dich daran erinnern, was ich gesagt habe?«
Er wandte sich um und betrachtete sie durch das Kerzenlicht. »Worüber, Camille?«
»Darüber, wieder zu fragen.« Ihre Stimme wurde zu einem zitternden Flüstern. »Ich werde es nicht tun, habe ich dir gesagt. Ich werde es nicht tun. Ich will dich nicht anflehen – um nichts. Niemals. Nicht einmal für das – was wir im Bett zusammen machen – ganz egal, wie viel Lust du mir machst. Hast du verstanden?«
Und als er dastand, nackt, die Hand an der Tür und todunglücklich, da begriff er. Sie zwang ihn, eine Wahl zu treffen – die Wahl zwischen wahrer Vertrautheit und nackter Lust. Aber er war sich nicht sicher, ob er wahre Vertrautheit je gekannt hatte – nicht einmal mit Luke oder Xanthia –, und überdies stand seine Entscheidung bereits fest. Er würde Camille nicht belasten. Er würde keinen Schatten auf ihre Hoffnung werfen, wenn ihre Hoffnung doch war, ein Kind zu empfangen.
Camille starrte ihn noch immer mit weit aufgerissenen Augen an. Rothewell nickte knapp und öffnete die Tür.
Kapitel 10
In welchem Chin-Chin in die Stadt fährt
A m Berkeley Square verliefen die darauffolgenden Tage in einem seltsamen, fast unwirklichen Rhythmus. Camilles Tagesablauf war gleichförmig, obwohl sie in sich zerrissen und ihr das Herz schwer war.
Zu Verwunderung seines Personals verbrachte Rothewell einen größeren Teil des Tages als bisher zu Hause, zog sich in der Regel in sein Arbeitszimmer zusammen mit seinem Brandy, seinen Büchern und dem kleinen Spaniel zurück, den er nichtsdestotrotz weiterhin bei jeder Gelegenheit ignorierte. Jedoch immer, wenn Camille an der geschlossenen Tür des Arbeitszimmers vorbeiging und Rothewell reden hörte,
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