Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
wusste sie, dass es der Hund war, mit dem er sprach. Sie begann, ein wenig Neid zu empfinden.
Hin und wieder sah Rothewell entschieden schlecht aus, aber falls er wieder eine heftige Attacke erlitt – und Camille vermutete, dass es so war –, so verbarg er dies vor ihr. Keiner von ihnen beiden erwähnte, was sie ihm in der Nacht ihres Streits als Letztes gesagt hatte; es war, als existierte zwischen ihnen ein stillschweigender Waffenstillstand.
Im Nachhinein erkannte Camille, dass es dumm von ihr gewesen war, sich einzumischen. Von Anfang an hatte Rothewell nichts von ihr erbeten – außer Treue und, wenn möglich, Freundlichkeit. Er hatte sehr deutlich gemacht, dass sein Leben sie niemals wirklich einschließen würde.
»Sie wären gut beraten, sich nicht von mir abhängig zu machen«, hatte er gesagt. »Sie müssen sich ein eigenes Leben aufbauen.« Und sie hatte dem zugestimmt. Denn es war genau das gewesen, was sie gewollt hatte. Also warum trafen seine Worte sie jetzt so sehr?
Wie es seiner Gewohnheit entsprach, schlief Rothewell kaum, aber die meisten Nächte verbrachte er in Camilles Bett, häufig in den Stunden vor der Morgendämmerung, wenn er von einem Abend zurückkehrte, von dem nur Gott allein wusste, wie er ihn verbracht hatte. Camille fragte nicht länger danach und sah Rothewell ansonsten nur selten. Sie versuchte, sich zu sagen, dass es auch kaum von Bedeutung war. Trotz Geschlechtsverkehrs und gelegentlicher gemeinsamer Mahlzeiten wahrten sie beide eine achtsam gehütete Distanz. Und obwohl es schmerzte, unternahm Camille keinen Versuch, diese Distanz abzubauen. Ihr Ehemann hatte sie absichtlich errichtet – und schließlich, so versuchte sie, es sich einzureden, war Intimität nicht das, was sie wollte. Genau genommen hatte sie sich geschworen, sie zu vermeiden.
Aber ihre Anstrengungen, ihr Herz zu retten, waren vergeblich, und langsam begann Camille zu befürchten, sich einer zweiten düsteren Wahrheit stellen zu müssen. Von seiner kräftigen Statur und seiner so offenkundigen Männlichkeit einmal abgesehen, war ihr Mann krank. Selbst in den kurzen Wochen, die sie ihn kannte, war sein Gesicht schmaler geworden.
Und dann gab es auch noch die anderen Anzeichen. Anzeichen, die Camille nur allzu gut von der langen Krankheit ihrer Mutter kannte. Seine Unruhe. Die Schatten unter seinen Augen. Die Unlust und die schlechte Stimmung. Rothewell trank sich – und trauerte sich vielleicht auch – zu Tode.
Sie sagte sich, dass sie es nicht tun würde. Sie würde ihre Aufmerksamkeit nicht an einen Menschen verschwenden, der geneigt war, sich langsam umzubringen – und dennoch konnte sie ihn nicht sich selbst überlassen, weil sie ein Kind wollte. Aber die Realität war dabei, sich als weitaus komplizierter als das zu erweisen.
Camille versuchte, nicht darüber nachzudenken. Versuchte, nicht an ihn zu denken. An seine geflüsterten Worte und heißen Berührungen. Daran, wie sie jede Nacht unruhig und voller Erwartung in ihrem Bett lag und den Moment herbeisehnte, in dem er zu ihr kommen würde. Und so vergingen die Tage ruhig und viel zu langsam in Rothewells farblosem, leerem Haus. Es war ein einsames Dasein, aber Camille war an die Einsamkeit gewöhnt.
Diese Einsamkeit wurde eines Nachmittags kurz unterbrochen, als Rothewell Camille in die Stadt zu den Anwälten ihres Großvaters begleitete, damit sie ihnen den Nachweis ihrer Eheschließung überbringen konnte. Es war ein Treffen, vor dem Camille sich gefürchtet hatte, seit sie den Brief ihres Großvaters, versteckt zwischen den Sachen ihrer Mutter, gefunden hatte. Aber der Besuch fiel ihr leichter mit Rothewell an der Seite und seiner ernsten, abschreckenden Präsenz.
Hoch anzurechnen war Rothewell, dass er sein Bestes tat, den Eindruck zu erwecken, dass ihre Ehe auf gegenseitiger Wertschätzung gründete, wenn nicht gar mehr. Er gestattete ihr, für sich selbst zu sprechen, während er sich im Hintergrund hielt und, auf seinen Spazierstock mit dem goldenen Knauf gestützt, dastand und aus dem Fenster schaute.
Als der Senior-Anwalt schließlich seine Ausführungen beendet hatte, war seine Stirn gefurcht. »Nun, danke, dass Sie gekommen sind, Lady Rothewell«, sagte er. »Unsere Glückwünsche zu Ihrer Eheschließung. Mylord, wir werden einen Wechsel über fünfzigtausend auf den Besitz des verstorbenen Earls anordnen, sobald die Banken morgen früh öffnen.«
Rothewell wandte sich vom Fenster ab. »Für die Mitgift, meinen Sie?« Er hob
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