Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
zumindest einen Teil davon – mit dem Menschen geteilt, von dem er sich als Letztem gewünscht hatte, er würde je davon erfahren. Und mit welcher Konsequenz? Den Kummer auch an jemand anderem nagen zu lassen? Camille noch geringer von ihm denken zu lassen, als sie es ohnehin schon tat?
Er verhielt sich ihr gegenüber distanziert. Damit hatte sie recht. War er jetzt entschlossen, sie ganz und gar zu vertreiben, indem er ihr die volle Wahrheit darüber sagte, was er war? Er hatte mit der Frau seines Bruders Ehebruch begangen. Und dann hatten seine Verfehlung und seine Zügellosigkeit Luke und Annemarie in den Tod getrieben.
Annemarie hatte ihn nach ihrer Heirat zum Narren gehalten, aber er hatte es zugelassen. Vielleicht hatte er es in gewisser Weise aus Boshaftigkeit getan. Er hatte Luke immer geliebt, aber zum Ende hin war da auch Hass gewesen. Hass, weil Luke ihm das Einzige genommen hatte, was er am meisten gewollt hatte – die Frau, für die er gebrannt hatte –, aber die nicht wahrhaft geliebt hatte. Und das war das Unverzeihlichste von allem.
Sich all dieser finsteren Gedanken bewusst, war Rothewell davon überzeugt, dass sein Nachmittag nicht noch unerfreulicher werden könnte. Bis er um eine Kurve lenkte, um auf das Grosvenor Gate zuzufahren, und einen vertrauten roträdrigen Phaeton rasch den Hügel hinauf- und auf sie zufahren sah. Das rote Cape des Fahrers leuchtete weithin, und er trug seinen schwarzen Hut auf eine besonders verwegene – und wiedererkennbare – Weise.
Verdammt noch mal.
Es war Valigny – aber dieses Mal war er nicht allein. Rothewell schaute zu Camille. Sie hielt sich am Rand des Wagenkastens ihres Gigs fest und presste die Lippen zu einem dünnen, festen Strich zusammen.
»Welch glückliche Fügung, Mylord Rothewell!« Valigny grinste von einem Ohr zum anderen, während er seinen Phaeton neben Rothewells zweirädrigen Wagen lenkte. »Und mon chou! Noch nie hat eine frischgebackene Ehefrau entzückender ausgesehen. Ich glaube, Sie kennen meine neue Freundin bereits?«
Rothewell sah, dass Camille sich kerzengerade hielt und das Kinn reckte. Gut so. Sie würde den beiden nicht die Genugtuung geben, sie sich winden zu sehen.
» Bonjour, Papa«, sagte sie jetzt leichthin. » Oui , ich hatte das Vergnügen, Madame Ambrose zu begegnen.«
»Christine. Valigny«, grüßte Rothewell. Seine Stimme klang angespannt.
Valigny beugte sich verschwörerisch zu ihm hinüber. »Jeder in der Stadt scheint Mrs. Ambrose und mich heute anzustarren, Rothewell!«, sagte er von seinem höheren Phaeton herunter. »Ich frage mich nur, warum? Vielleicht sagt man, dass wir einen kuriosen Tausch gemacht haben, Sie und ich, eh? Meine Tochter für Ihre Geliebte?«
Christine warf unbekümmert ihre blonden Locken zurück. »Lass die Leute doch reden, wenn sie es wollen«, sagte sie und schob ihre Hand unter Valignys Arm. »Ich scheue mich nicht vor Klatsch – und ganz bestimmt nicht jetzt.«
Rothewells Pferd tänzelte ungeduldig. Er straffte die Zügel und beugte sich zu dem anderen Wagen hinüber. »Sei ehrlich, Christine«, sagte er ruhig. »Du willst doch, dass die Leute reden. Warum sonst würdest du bei ihm sein?«
» Alors , mein Freund, geben Sie denn nichts auf mein gutes Aussehen und meinen Charme?«, sagte Valigny lachend.
Aber Christine beachtete Valigny nicht. Ihr Mund verzog sich verächtlich, als sie auf Rothewell und Camille hinunterschaute. Sie führte etwas im Schilde. Ein kalter Schauer lief Rothewell plötzlich den Rücken hinunter.
»Valigny hat mir eine höchst interessante Geschichte erzählt, Rothewell!« Christine lachte ein leichtes, girrendes Lachen. »Mein Gott! Man fragt sich, was die Leute dazu sagen werden, wenn sie erfahren, wie du deine Frau kennengelernt hast.«
Das Frösteln wandelte sich zu einem harten, kalten Klumpen in seinem Herzen. »Du wirst dich nicht unterstehen.«
Ihr sprödes Lächeln wurde zu einem höhnischen Grinsen. »Meinst du?«
Rothewell beugte sich über den Rand des Wagenkastens des Phaetons. Seine Stimme war kaum zu hören, als er sprach. »Madam, ich weiß es«, sagte er mit absoluter Beherrschung. »Fordern Sie mich in dieser Hinsicht nicht heraus.«
»Was für ein Unsinn!« Christine warf wieder ihre Locken, aber Rothewell sah Angst in ihren Augen aufflackern. »Du hast keine Macht über mich.«
Rothewell senkte seine Stimme zu einem zischenden Flüstern. »Ein Wort darüber, Christine, und ich werde dafür sorgen, dass du erledigt bist,
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