Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
Und Annemarie – sie bewunderte Luke, so wie jeder ihn bewunderte. Aber sie fühlte sich von mir angezogen. Angezogen wie die Motte von der Kerzenflamme. Und am Ende verbrannte sie in dem Feuer – buchstäblich.«
»Kieran«, sagte Camille leise. »Das ist nicht das, was passiert ist.«
Langsam schüttelte er den Kopf. »Nein?«, fragte er ruhig. »Warum fühlt es sich dann so an? Warum war nicht ich in der Kutsche? Ich hätte darin sitzen müssen. Vielleicht hatte man mich töten wollen? Gott weiß, dass ich Feinde genug hatte. Vielleicht wussten sie nicht einmal, dass Luke drinnen saß?«
»Oder vielleicht war es auch ein wütender Mob, der außer Kontrolle geraten war.« Camille berührte leicht seine Wange. »Vielleicht geschah das alles ohne Sinn und Verstand. Und du wirst es nicht dadurch besser machen, dass du glaubst, sterben zu wollen.«
Es war die beste Antwort, die Camille hatte. Sie rückte näher, zog die Beine unter ihren Röcken an und lehnte sich an ihn. »Kieran, mon cœur «, sagte sie und legte ihren Kopf an seine Schulter. »Du hast deinen Schmerz zu lange mit dir herumgetragen. Und ich kann nicht machen, dass du damit aufhörst. Aber vielleicht kann ich mit meinem ganzen Herzen versuchen, dass du eine andere Blickweise bekommst. Es kann eine Zukunft für dich geben – für uns . Daran muss ich glauben.«
Er legte die Hand zwischen Camilles schmale Schultern und begann, sie in kleinen zarten Kreisen zu streicheln. Sie schien weder angeekelt oder besonders schockiert zu sein über das, was er gesagt hatte. Und sie hatte recht – es war ein außer Kontrolle geratener Mob gewesen, der das Feuer gelegt hatte. Doch noch immer dachte er, dass er in der brennenden Kutsche hätte gefangen sein sollen. So hätte es sein müssen. Und mehr als ein Jahrzehnt hatte er damit verbracht zu versuchen, diese alte Schuld wiedergutzumachen.
Aber vielleicht gab es jetzt andere, an die er denken musste? Oder vielleicht war es auch schon zu spät. Aber er war nie ein Feigling gewesen, und er würde jetzt nicht damit anfangen, sich wie einer zu benehmen. Eine Reise nach Surrey im strömenden Regen, während er sich vor Schmerzen krümmte, war ein leichtes Unterfangen gewesen. Das, was Camille von ihm wollte, war schwerer zu bewältigen. Sie bat ihn nicht einfach nur darum zu versuchen, gesund zu werden, sie bat ihn darum zu hoffen. Auf die Zukunft. Für sie beide. Für ihn.
Rothewell neigte den Kopf und küsste seine Frau auf die Schläfe. »Lass morgen früh nach deinem Doktor schicken, Camille«, sagte er noch einmal. »Lass nach ihm schicken, wenn das noch immer dein Wunsch ist. Und wenn Redding sagt, dass man noch etwas tun kann, dann … dann werde ich es tun.«
Kapitel 14
In welchem Dr. Hislop eine Visite macht
K urz nach Tagesanbruch wurde Trammel mit Rothewells Gig von Camille losgeschickt, um Dr. Redding aus seiner Praxis in der Harley Street abzuholen. Kieran ging währenddessen in seinem Morgenrock im Schlafzimmer auf und ab. Der Schmerz war in der Nacht zurückgekehrt. Aber als Trammel nach einer guten Stunde wieder an der Schlafzimmertür auftauchte, war er allein.
Camille stellte die Schale mit dem Porridge, den zu essen sie ihren Mann mehr oder weniger gezwungen hatte, ab und ging hinaus auf den Flur, um mit dem Butler zu sprechen.
»Ich fürchte, der Doktor war nicht da, Ma’am«, sagte Trammel unsicher. »Er ist schon seit der Nacht bei einem Patienten in Marylebone.«
Camille bekam plötzlich Angst. »Zut!«, murmelte sie. »Ich denke, Trammel, dass wir jemand anderen finden müssen, solange Seine Lordschaft so fügsam ist.«
»Ich habe jemanden mitgebracht, Ma’am, er ist unten«, sagte Trammel, sah aber zweifelnd aus. »Ein Arzt aus der Straße. Sein Name ist Dr. Hislop – er war Armeearzt, sagt er, und früher dem Generalarzt in Indien zugeteilt. Er wirkt ein wenig ungeschliffen, aber ich dachte … nun, ich dachte, besser er als gar keiner.«
» Oui, certainement , Trammel«, sagte Camille erleichtert. »Führen Sie ihn gleich herauf.«
Dr. Hislop brauchte seine Zeit, die Treppe zu erklimmen, keuchend und schnaufend, aber endlich war er am Ziel. Er trug eine abgenutzte riesige Arzttasche bei sich. Camille verstand Trammels Besorgnis sofort. Der Arzt war ein stämmiger, gebückt gehender Mann unbestimmbaren Alters, der aussah, als hätte er in seinen Kleidern geschlafen. Sein weißes Haar war zersaust – seinen Hinterkopf zierte zudem ein Haarwirbel von der Größe von
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