Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
wurden. Fast vierzehn Tage lang hatte ich kein Bedürfnis zu trinken oder zu essen oder zu atmen, offen gesagt. Der Koch starb daran, was immer es auch war.«
»Auf einem Schiff? Das weiß nur Gott allein!« Der Doktor kratzte sich den Kopf. »Auf jeden Fall scheint es, als seien Sie nicht vom Alkohol abhängig.«
»Brandy ist ein feiner Helfer, Sir«, sagte Rothewell. »Aber er darf einen Mann niemals beherrschen.«
»Eine bemerkenswerte Philosophie«, stellte Hislop trocken fest. »Nichtsdestotrotz, Mylord, trinken Sie zu viel – besonders Spirituosen. Und das muss aufhören, zumindest für eine Weile.«
»Wird mich das kurieren?«, fragte Rothewell hoffnungsvoll. Den Brandy aufzugeben schien plötzlich ein kleines Opfer zu sein.
»Schwer zu sagen. Aber auf jeden Fall, Mylord, kann ein Mann Ihres Alters es sich nicht länger erlauben zu trinken, als hätte er vor, sich selbst umzubringen – besonders einer mit einer so hübschen jungen Frau, und vielleicht etwas Kleinem unterwegs? Was jedoch die Diagnose angeht, so kann ich nur sagen, was diese erste oberflächliche Untersuchung vermuten lässt.«
»Die verdammt letzte, meinen Sie wohl«, bemerkte Rothewell. »Also gut, wagen Sie eine Vermutung.«
Der Arzt zuckte mit den Schultern. »Sicherlich haben Sie eine akute Gastritis. Darüber hinaus könnte es eine Ulzeration, eine Geschwürbildung, des Duodenums sein. Dies ist der oberste, an den Magenausgang anschließende Dünndarmabschnitt.«
Rothewell zuckte zusammen. »Ist das tödlich?«
»O Gott, ja! Sehr oft.« Hislop war offensichtlich zu dem Schluss gekommen, das Rothewell kein Mann geschönter Worte war. »Besonders wenn es sich bis zu Ihren Eingeweiden durchfrisst. Da Sie jedoch weder fiebrig noch verfault oder tot sind, meine ich, dass das nicht der Fall ist. Nichtsdestotrotz ist es möglich, dass etwas begonnen hat, Löcher in ihr Gedärm zu beißen.«
Das Ungeheuer . Er hatte es immer gespürt. Rothewell überdachte seine Chancen.
»Wodurch wird diese – diese Ulzeration hervorgerufen, Monsieur?«, fragte Camille.
»Trinken, Kummer und Tabak sind die vorrangigen Verdächtigen, Mylady – und es ist kein leicht zu heilendes Problem.«
» Alors , es gibt also keine Hoffnung, dass es nur eine gewöhnliche Magenverstimmung ist?«, hakte Camille nach.
Der Doktor lächelte grimmig. »Nein, nein. Nein, um nichts in der Welt.«
»Also gut.« Rothewell nickte knapp. »Wenn es keine Ulzeration ist, was ist es dann?«
Hislop bewegte abwägend den Kopf hin und her. »Nun, wie schon Dr. Redding nicht ausgeschlossen hat, kann es ein Krebs der Leber sein – oder vielleicht des Magens, der sich zur Leber ausgebreitet hat –, beides kann ziemlich wahrscheinlich sein.«
»Ein Krebs«, wiederholte Rothewell.
Nun. Da war sie wieder. Schonungslose Ehrlichkeit. Er fühlte einmal mehr dieses seltsame, fast taubmachende Frösteln, das sich in ihm ausbreitete, sich um sein Herz schloss, seine Glieder schwächte und ein feines Brüllen in seinen Ohren zurückließ. Guter Gott. Er stand in der Blüte seines Lebens – oder was die Blüte sein sollte. Und zum allerersten Mal liebte er. Er hatte alles, erkannte er jetzt, für das es sich zu leben lohnte. Eine Frau und ein Zuhause. Eine Schwester und eine Familie. Verdammt, selbst ein dummes kleines Fellknäuel von Hund, an dem er auf seltsame Weise zu hängen begonnen hatte. Rothewell wollte leben. Um seine Frau zu lieben. Um für das Kind zu sorgen, von dem er hoffte, dass sie es erwartete. Dinge, die so einfach schienen.
Eine Zeit lang hatte er sich tatsächlich gewünscht zu sterben, obwohl er das bis heute niemals bewusst zugegeben hatte. Vielleicht war das der Grund, warum er hier mit dieser stahlkalten Gewissheit saß, die sich wie Blei in seiner Brust ausbreitete, aber ohne Panik oder Leugnen. Das würde später kommen, das bezweifelte er nicht, wenn das Schlimmste passieren würde. Die Menschen hatten immer Angst, ihrem Schöpfer zu begegnen. Und Gott wusste, dass er Angst hatte.
Aber das würde nichts nützen! Ein Mann musste sterben, wie er gelebt hatte. Er hatte seinen ureigensten schlimmsten Albtraum bereits in jener schicksalhaften Aprilnacht auf dem Zuckerrohrfeld durchlebt. Schlimmeres als das konnte die andere Seite des Grabes nicht bereithalten. Er räusperte sich. Als er sprach, klang seine Stimme absolut fest. »Danke für Ihre Offenheit, Doktor. Gibt es noch irgendetwas anderes, das es sein könnte?«
Dr. Hislop hob die Hände. »Oh, zum
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