Bhagavad Gita wie sie ist
unbefriedigt bleibt, wandelt sie sich zu Zorn; aus Zorn entsteht Illusion, und aufgrund von Illusion wird man gezwungen, das materielle Dasein weiter fortzusetzen. Deshalb ist Lust der größte Feind des Lebewesens. Und es ist Lust allein, die das reine Lebewesen veranlaßt, in der materiellen Welt verstrickt zu bleiben. Zorn ist eine Ausdrucksform der Erscheinungsweise der Unwissenheit – diese Erscheinungsweise äußert sich durch Zorn und andere Folgeerscheinungen. Wenn man jedoch die Erscheinungsweise der Leidenschaft nicht in die Erscheinungsweise der Unwissenheit absinken läßt, sondern gemäß den vorgeschriebenen Regeln lebt und handelt, kann man sich von der Erscheinungsweise der Leidenschaft zur Erscheinungsweise der Tugend erheben. Auf diese Weise kann man durch spirituelle Anhaftung vor der Erniedrigung durch Zorn gerettet werden.
Der Herr, die Höchste Persönlichkeit Gottes, erweiterte Sich in viele, um Sich Seiner ewig anwachsenden spirituellen Glückseligkeit zu erfreuen, und die Lebewesen sind Teile dieser spirituellen Glückseligkeit. Ebenso besitzen sie eine partielle Unabhängigkeit, doch durch den Mißbrauch ihrer Unabhängigkeit – wenn die dienende Haltung in die Neigung zu Sinnengenuß umgewandelt wird – geraten sie unter die Herrschaft der Lust. Die materielle Schöpfung ist vom Herrn geschaffen worden, um den bedingten Seelen die Möglichkeit zu geben, diese lustvollen Neigungen auszuleben, und wenn die Lebewesen in ihrer ständigen Bemühung, diese Lust zu befriedigen, immer wieder scheitern, beginnen sie, nach ihrer eigentlichen Stellung zu fragen.
Diese Fragestellung bildet den Anfang des Vedānta-sūtra, wo es heißt: athāto brahma-jijñāsā. „Man soll nach dem Höchsten fragen.“ Und im Śrīmad-Bhāgavatam finden wir die folgende Definition des Höchsten: janmādy asya yato ’nvayād itarataś ca. „Der Ursprung von allem ist das Höchste Brahman.“ Folglich hat auch die Lust ihren Ursprung im Höchsten. Wenn deshalb die Lust in Liebe zum Höchsten, in Kṛṣṇa-Bewußtsein, umgewandelt wird, das heißt, wenn man alle Wünsche auf Kṛṣṇa richtet, können sowohl Lust als auch Zorn spiritualisiert werden. Hanumān, der berühmte Diener Śrī Rāmas, entfaltete seinen Zorn, indem er Rāvaṇas goldene Stadt in Brand setzte, und wurde auf diese Weise der größte Geweihte des Herrn. Auch hier in der Bhagavad-gītā veranlaßt der Herr Arjuna, seinen Zorn gegen die Feinde zu richten, um den Herrn zufriedenzustellen. Deshalb werden Lust und Zorn, wenn sie im Kṛṣṇa-Bewußtsein beschäftigt werden, zu unseren Freunden statt zu unseren Feinden.
Vers 38
38
DaUmaenaAi˜ayatae vai¶"yaRTaAd"zAAeR malaena ca /
yaTaAelbaenaAva{taAe gABaRstaTaA taenaed"maAva{tama, //38//
dhūmenāvriyate vahnir
yathādarśo malena ca
yatholbenāvṛto garbhas
tathā tenedam āvṛtam
dhūmena – von Rauch; āvriyate – ist bedeckt; vahniḥ – Feuer; yathā – genau wie; ādarśaḥ – Spiegel; malena – von Staub; ca – auch; yathā – genau wie; ulbena – vom Mutterleib; āvṛtaḥ – ist bedeckt; garbhaḥ – Embryo; tathā – so; tena – von dieser Lust; idam – dieses; āvṛtam – ist bedeckt.
Wie Feuer von Rauch, ein Spiegel von Staub und ein Embryo vom Mutterleib bedeckt ist, so wird das Lebewesen von verschiedenen Graden dieser Lust bedeckt.
ERLÄUTERUNG: Es gibt drei Grade von Bedeckung, durch die das reine Bewußtsein des Lebewesens verfinstert wird. Diese Bedeckung ist nichts anderes als Lust in verschiedenen Manifestationen und wird mit Rauch im Feuer, Staub auf dem Spiegel und dem Mutterleib über dem Embryo verglichen. Wenn Lust mit Rauch verglichen wird, bedeutet dies, daß das Feuer des lebendigen Funkens schwach wahrgenommen werden kann. Mit anderen Worten, wenn das Lebewesen sein Kṛṣṇa-Bewußtsein ein wenig entfaltet, kann es mit dem von Rauch bedeckten Feuer verglichen werden. Wo Rauch ist, muß notwendigerweise auch Feuer sein, doch am Anfang ist das Feuer noch nicht richtig zu sehen. Diese Stufe entspricht dem Beginn des Kṛṣṇa-Bewußtseins. Der von Staub bedeckte Spiegel bezieht sich auf den Spiegel des Geistes, der gereinigt werden muß, und dafür gibt es vielfältige spirituelle Vorgänge. Der beste Vorgang ist das Chanten der Heiligen Namen des Herrn. Der vom Mutterleib bedeckte Embryo ist ein Vergleich, der eine hilflose Lage illustrieren soll, denn das Kind im Mutterschoß ist so hilflos, daß es sich nicht
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