Bianca Arztroman Band 0011
sie meinte. Ärgerlich fuhr er sie an: “Verdammt, Abbie, kannst du dir überhaupt vorstellen, wie ich mich dabei fühle? Glaubst du im Ernst, dass ich von dir Nächstenliebe erwarte?”
Abbie zuckte zusammen, als er ihr diese Frage entgegenschleuderte, trotzdem spürte sie instinktiv, was sich hinter seinen harschen Worten verbarg, und dass es die blanke Angst war, die ihn dazu bewog, sie zurückzuweisen. Sie kniete sich vor ihn hin, so dass es ihm nicht möglich war, ihr auszuweichen. “Wer spricht denn hier von Nächstenliebe, Nick?”, fragte sie. “Ich doch nicht.”
“Abbie … es wäre verrückt, so etwas zu tun. Siehst du das nicht ein?” Noch während er sprach, zog er sie an sich heran.
Abbie schloss die Augen, als er sie so zärtlich küsste, als wäre es ein Traum. Ganz sanft streiften seine Lippen die ihren, doch allein diese leise Berührung schickte Schauer über ihren Rücken. Als er sich zurückzog, nahm sie seine Hände und presste die Handflächen gegen ihre Wangen, über die erst eine und dann viele Tränen rannen.
“Bitte nicht, Abbie, Ich kann es nicht ertragen.”
Seine tiefe, raue Stimme erregte jeden Nerv in ihrem Körper. Und als seine Finger durch ihre Haare strichen und er sie dabei immer näher an sich heranzog, wartete sie sehnsüchtig darauf, dass er sie wieder küsste. Doch als er es schließlich tat, war sie nicht darauf vorbereitet, welchen Sturm der Gefühle er in ihr entfachte. Denn Nick küsste sie derart wild und leidenschaftlich und mit einem so überwältigenden Verlangen, dass Abbie nur noch von dem einen Gedanken erfüllt war: So küsst ein Mann die Frau, die er lieben will.
Danach lehnte er seine Stirn an ihre, und ein Beben ging durch seinen Körper. “Du bringst mich so weit, dass ich mich vergessen könnte, Abbie”, sagte er.
Sie schmiegte die Wange in seine Hand. “Das könnte passieren, Nick. Weißt du noch, damals im Schwimmbad …”
Nick verschloss ihr den Mund mit einem Kuss, damit sie nicht weitersprach, als wollte er es nicht hören, was sie sagte. “Das bedeutet noch lange nicht, dass ich fähig bin, zu lieben. Das weißt du genauso gut wie ich.”
“Willst du es denn?”, fragte Abbie. Sie wunderte sich, dass sie so ruhig mit ihm reden konnte, während ihre Gefühle dermaßen in Aufruhr waren.
“Ja! Nein! ich weiß nicht, was ich will!” Nick nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie wieder so leidenschaftlich, dass Abbie alles um sich herum vergaß.
“Aber es geht hier nicht um die Frage, was ich will, Abbie. Es geht darum, ob es richtig wäre, es zu tun – unter diesen Umständen”, sagte er, nachdem der Sturm sich gelegt hatte.
Was für Umstände? wollte sie fragen, doch im gleichen Augenblick wusste sie, was er meinte. Nicks Verlobung mochte gelöst sein, aber das bedeutete nicht, dass er seine Ex-Verlobte nicht mehr liebte. Falls es so war, dann wäre es ein Verrat, wenn er mit einer anderen Frau schliefe. Ein paar Küsse waren vielleicht erlaubt, aber mehr war dann für ihn nicht akzeptabel.
Hastig stand Abbie auf und bemühte sich, ihm nicht zu zeigen, wie zerschmettert sie war. Es ist nicht seine Schuld, dass er mich nicht so liebt wie ich ihn, dachte sie, und diese bittere Erkenntnis muss ich hinnehmen, so sehr es auch schmerzt.
“Das ist eine gute Gelegenheit, ein paar Tage frei zu nehmen”, sagte Sam, nachdem er Abbies Handgelenk bandagiert hatte. “Auf jeden Fall solltest du aber so bald wie möglich die Hand röntgen lassen. Ich bringe dich am besten gleich ins Krankenhaus, sobald ich hier fertig bin. Es sitzen nur noch wenige Patienten im Wartezimmer.”
“Danke, das ist nicht nötig. Ich nehme den Bus oder frage Jim Patterson, ob er mich mitnimmt, wenn er die Kinder von der Schule abholt.”
“Ganz wie du willst, aber das Angebot bleibt bestehen. Ich möchte dich wenigstens nach Hause fahren. Du siehst ziemlich mitgenommen aus.”
“Mir geht es gut, Sam. Wirklich.” Abbie lief schnell durch die Hintertür hinaus in der Hoffnung, niemandem aus der Praxis zu begegnen. Sie wollte nicht lange Erklärungen darüber abgeben, wo und wie der Unfall passiert war. Je schneller ich die ganze Episode vergesse, umso besser wäre es für mein Gemüt, sagte sie sich.
Als sie über den Parkplatz ging, fiel ihr ein, dass ihr Wagen noch bei den Delaneys stand. Sie musste jemanden finden, der ihn dort abholte, denn sie konnte mit der verletzten Hand nicht fahren. Nick hatte sie in die Praxis gebracht, aber sie hatte es
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