Bianca Arztroman Band 0031
zu halten, und lenkte das Gespräch immer wieder auf unverfängliche Themen. Aber als Jodie nach dem Nachtisch in ihr Zimmer lief, um ein Buch zu holen, für das ihre Tante Interesse gezeigt hatte, konnte auch Kate es nicht verhindern, dass Diana sich zu Ethan drehte und ihn ins Gebet nahm.
“Sag mal, was hat es damit auf sich, dass du deine Arbeit im St. Margaret’s Hospital aufgegeben hast?”
“Ich habe mich in den Ruhestand versetzen lassen.”
“Mit neununddreißig Jahren tritt man nicht in den Ruhestand”, stellte Diana Wilson kategorisch fest, “und erst recht nicht als Herzspezialist und Koryphäe von deinen Graden. Und womit verplemperst du jetzt dein Talent, wenn man fragen darf?”
“Verplempere ich irgendetwas, wenn ich zu Hause bleibe, um meiner Tochter die bestmögliche Obhut angedeihen zu lassen?”, entgegnete Ethan scharf. Der Blick aus seinen blauen Augen war mit einem Mal eiskalt geworden.
“Da erwiesen ist, dass Jodie dich nicht vierundzwanzig Stunden am Tag an sieben Tagen in der Woche braucht, verplemperst du deine Zeit”, erklärte Diana unbeeindruckt. “Ich bin mir sicher, dass Kate das genauso sieht.”
Kate erschrak, als sie plötzlich beider Augen auf sich gerichtet sah. Martin hatte ihr bei früherer Gelegenheit davon erzählt, dass Dr. Ethan Flett sich in Fachkreisen unter anderem dadurch einen Namen gemacht hatte, dass er die Bypass-Operation revolutionierte, bevor er sich aus dem Beruf zurückzog. Was Diana sagte, war schwerlich zu bestreiten. Jodie brauchte ihren Vater nicht rund um die Uhr. Auf der anderen Seite war Ethan ihr Chef. Sie konnte es sich nicht leisten, gegen ihn Partei zu ergreifen.
Zu ihrer Erleichterung war es Ethan selbst, der ihr aus der Patsche half. “Was Kate meint, tut überhaupt nichts zur Sache”, verkündete er. “Es geht hier um eine Entscheidung, die allein ich zu treffen habe.”
“Wenn du deine Fürsorge für Jodie wenigstens sinnvoll gestalten würdest …” Diana ließ nicht locker. “Aber ihr beide lebt hier wie die Einsiedler. Ihr geht nirgendwohin, es kommt niemand hierher …”
“Diana, hör auf”, sagte Ethan scharf.
“Meine Güte, wenn ich an die zauberhaften Partys denke, die du und Gemma früher gegeben habt”, fuhr Diana unbeirrt fort. “Abendgesellschaften, Kostümfeste …”
“Gemma ist tot.”
“Ja, aber schon seit vier Jahren. Und du lebst noch. Und vor allem lebt Jodie”, konterte Diana. “Das Mädchen braucht Freunde, auch wenn du keine brauchst. Sie ist fast fünfzehn …”
“… und wird noch früh genug zu ihren Partys kommen.”
“Und wie ist das mit dieser jungen Dame?” Sie fuhr einen unförmigen, beringten Zeigefinger in Kates Richtung aus. “Willst du sie hier in Malden auch versauern lassen?”
“Ach, ich finde das zurückgezogene Leben hier ganz schön”, beeilte sich Kate zu versichern, als sie Ethans forschenden Blick auf sich spürte.
“Aber sind Sie nicht trotzdem auch der Meinung, dass Jodie mehr Leute ihres Alters um sich haben sollte?”, drang Diana weiter in sie. Kate steckte wieder in der Klemme. Ihr schlechtes Gewissen machte ihr schon Probleme genug, weil sie hinter Ethans Rücken Jodie dazu anleitete, ihre Physiotherapie selbst zu machen. Jetzt sollte sie auch noch gegen Ethan Partei ergreifen, wobei sie Diana aus vollstem Herzen zustimmte.
“Ich glaube …”, begann Kate vorsichtig, aber weiter kam sie nicht. Jodie trat in die Tür und erlöste sie. “Ich fürchte, wir müssen dieses Gespräch auf ein anderes Mal vertagen, Mrs. Wilson. Es ist Zeit für Jodies Übungen.”
“Muss das wirklich sein?”, protestierte das Mädchen. “Können wir heute nicht mal eine Ausnahme machen, wo Tante Diana hier ist?”
Kate schüttelte den Kopf. “Du musst deine Atemwege freihalten. Du brauchst wenigstens Bewegung. Wir könnten eine Partie Tennis spielen, wenn du willst.”
“Tennis ist langweilig”, maulte Jodie. “Und mit dir macht das auch nicht so viel Spaß. Da schlägt man einfach immer nur den Ball hin und her.”
“Das ist ein äußerst ungehöriger Ton”, fuhr Ethan dazwischen. “Dafür wirst du dich sofort bei Kate entschuldigen.”
“Warum? Es ist doch wahr”, widersprach Jodie. “Ich hab keine Lust zu Tennis. Ich hasse es. Meinetwegen brauchten wir keinen Tennisplatz zu haben.”
“Du hast doch gehört, was Kate gesagt hat”, wies Ethan sie zurecht, mit dem Ergebnis, dass Jodies Gesichtsausdruck nur noch trotziger wurde. Kate ärgerte sich. Das
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