Bianca Arztroman Band 0031
wenn du eines Tages deine Ausbildung anfängst und irgendwo auf eine Designerschule gehst, musst du doch deine Physiotherapie selbst machen”, erklärte Kate.
“Oh Mann, bleiben Sie auf dem Teppich”, erwiderte das Mädchen schroff. “Ich hab Mukoviszidose. Wie soll ich da auf eine Designerschule gehen?”
“Mukoviszidose hat was mit deiner Lunge zu tun, aber nichts mit deinem Kopf oder deinen Händen”, hielt Kate dagegen. “Die Voraussetzung für eine Designerschule ist Talent und kein ärztliches Attest. Und Talent scheinst du zu haben.”
Für einen Augenblick leuchtete ein Funken in Jodies Augen auf, im nächsten verzog sie aber schon wieder verächtlich ihre Lippen. “Ach, ich verstehe: Immer schön lieb sein zu dem bedauernswerten Patienten, ihm gut zureden … das beruhigt. Vergessen Sie’s, Mrs. Rendall. Ich glaube nicht mehr an den Weihnachtsmann.”
Damit ließ sie sich ins Bett zurückfallen und vertiefte sich demonstrativ wieder in ihr Buch. Kate erhob sich und seufzte. Dr. Fletts Tochter davon zu überzeugen, dass ihr trotz ihres Leidens eine ganze Menge Türen offenstanden, konnte ein hartes Stück Arbeit werden. Aber vor Herausforderungen war Kate noch nie zurückgeschreckt. Sie war schon auf dem Weg zur Tür, als sie hinter sich Jodie ihren Namen rufen hörte. Kate blieb stehen und drehte sich um.
Jodie sah sie prüfend mit leicht gerunzelter Stirn an. “Mrs. Rendall, was Sie gerade gesagt haben … über die Designerschule und mein Talent und dass ich die Übungen selbst machen könnte … wie war das wirklich gemeint? Glauben Sie im Ernst, das könnte gehen?”
“Ganz im Ernst: Du scheinst mir doch nicht der Typ zu sein, der den Kopf in den Sand steckt”, antwortete Kate eindringlich.
Die Andeutung eines Lächelns erschien auf dem Gesicht des Mädchens. “Na schön”, meinte sie, “so ganz glaube ich zwar nicht daran, aber ich werde darüber nachdenken, okay?”
“Okay.” Kate nickte mit Nachdruck und bemühte sich, ein allzu breites Grinsen zu unterdrücken.
Lange sollte dieses Hochgefühl nicht vorhalten. Sobald sie wieder auf dem Korridor stand, holte sie ein, was ihr Arbeitgeber Dr. Flett von ihr erwartete. Wenn er erfuhr, dass sie bereits im ersten Gespräch mit Jodie ihr nicht nur vorgeschlagen hatte, ihr die Physiotherapie beizubringen, sondern ihr auch die Idee in den Kopf gesetzt hatte, einmal eine Designerschule zu besuchen, würde er an die Decke gehen.
“Schwester Rendall …!”
Dieser Mensch bewegte sich wirklich wie eine Katze. Sie drehte sich um und sah Ethan Flett auf sich zukommen. Erzähl ihm lieber das mit der Physiotherapie und der Designerschule, bevor er es von seiner Tochter hört, sagte ihr ihre innere Stimme, und sie wollte gerade Luft holen, als er ihr zuvorkam.
“Na, war sie sehr garstig zu Ihnen?” Es klang wie ernsthafte Anteilnahme. Aber sie entdeckte noch etwas anderes in seinem besorgten Gesicht, einen Ausdruck von Erschöpfung. Dieser Mann stand gefährlich nahe am Zusammenbruch. Eine Welle von Mitgefühl erfasste Kate.
“Sie ist eben in so einem Alter”, sagte sie sanft. “Man muss das nicht so tragisch nehmen.”
Er seufzte. “Wenn Sie das sagen …”
“Dr. Flett …”
“Ach übrigens”, unterbrach er sie, “ich hatte Ihnen ja schon am Telefon gesagt, dass ich es besser fände, wenn Sie hier keine Schwesterntracht tragen, damit Jodie nicht immer an ihren Zustand erinnert wird. Ich glaube, das Gleiche gilt auch für unsere Anrede. ‘Schwester Rendall’ und ‘Dr. Flett’ klingt genauso nach Krankenhaus. Ich schlage also vor, ich sage Kate zu Ihnen, und Sie nennen mich Ethan.”
“E…ethan”, stotterte Kate.
“Haben Sie Schwierigkeiten damit?”
“Nein, bestimmt nicht”, antwortete sie. Aber sie wusste, dass das gelogen war. Sie wollte ihn nicht ‘Ethan’ nennen … ‘Dr. Flett’ oder ‘Sir’ wären ihr lieber gewesen, eine Anrede, die eine gewisse Distanz zwischen ihnen aufrechterhielt.
“Nun, wenn es dann keine weiteren Fragen von Ihrer Seite gibt”, versetzte Ethan, “überlasse ich Sie jetzt sich selber, damit Sie sich in Ruhe einrichten können.”
Kate dachte noch einmal an das, was ihr ihre innere Stimme geraten hatte, hielt aber trotzdem den Mund. Feigling! flüsterte ihr ihre innere Stimme zu. Aber sie blickte Ethan nur hinterher und schwieg.
2. KAPITEL
“Es hat keinen Zweck, Kate, ich kann’s nicht.”
“Du kannst es. Bleib ruhig liegen und entspann dich.”
“Ich liege ruhig,
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