Bianca Arztroman Band 0031
Mädchen versuchte fast jedes Mal, sich vor ihren Übungen zu drücken. Kate hatte ihre eigene Methode, mit der sie sie schließlich doch jedes Mal herumkriegte. Jetzt hatte Ethan ihr es fast unmöglich gemacht.
“Lass uns beide doch eine Partie spielen”, schlug Diana zur Verblüffung aller vor. “Ich kann dir zwar nicht versprechen, dass es mit mir ein Wimbledon-Match wird, aber ich werde dich schon über den Platz scheuchen.”
Jodie lachte. Als die beiden hinausgingen, seufzte Kate erleichtert auf. Diana mochte mitunter etwas rüde und direkt in ihrer Art sein, aber sie hatte offenbar Verständnis für die Bedürfnisse eines Mädchens in Jodies Alter, was man von Ethan nicht behaupten konnte, der es immer wieder schaffte, seine Tochter gegen sich aufzubringen.
“Nun bin ich wohl wieder mal der Bösewicht”, sagte Ethan, der sich zu Kate umgedreht hatte, als sie beide im Zimmer allein waren. Er verzog seinen Mund zu einem spöttischen Lächeln. “Ich kann es doch nicht ändern. Die Übungen sind nun einmal lebenswichtig für Jodie.”
“Natürlich, aber …”
“Aber was?”
Kate blickte in ihre leere Kaffeetasse und überlegte, wie sie ihm schonend beibringen konnte, was sie ihm sagen wollte. “Es ist ja richtig, was Sie sagen, aber wenn Sie Jodie so bedrängen und in die Enge treiben, ist das … nun, dann ist das wenig hilfreich.”
“Aha”, sagte Ethan nur. Sein Lächeln war augenblicklich verschwunden.
“Ich meine natürlich nicht, dass Sie nicht hilfreich sind, verstehen Sie mich bitte nicht falsch”, beeilte sich Kate zu beteuern, “aber …”
“… aber es wäre Ihnen lieber, ich würde mich mehr heraushalten.”
Um ein Haar wäre Kate der Versuchung erlegen, ihm tröstend die Hand zu streicheln. Sie hielt ihre leere Tasse fest, als wollte sie sich auf diese Weise davon abhalten. Was war bloß in sie gefahren? Es war nicht Ethan, um den sie sich hier zu kümmern hatte, obwohl der sicherlich auch Zuwendung gebrauchen konnte. Aber das war nun wirklich nicht ihr Job. “Ihr Rückzug in die wissenschaftliche Arbeit und Ihr Einsiedlerdasein … das sind wohl die beiden Themen, die Sie meinten, auf die Ihre Schwester ständig zurückkommt?”, versuchte Kate, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben.
“Richtig”, antwortete er und lachte mit etwas gezwungener Heiterkeit. “Di meint es gut, das weiß ich. Aber, sehen Sie, wenn Jodie etwas zustoßen würde, das ich mit meiner Anwesenheit hätte verhindern können … damit könnte ich nicht leben.”
Aber wo führt das hin? dachte Kate. Jodie in Watte zu packen, sie von allem fern zu halten, sie so sehr zu umsorgen, dass man ihr die Luft zum Atmen nimmt … Vorsichtig wagte sie sich vor: “Es hat doch seit Jodies Geburt eine ganze Menge Fortschritte in der Behandlung von Mukoviszidose gegeben: Beatmungsmasken …”
“… Enzym-Therapien, Transplantationen”, setzte Ethan Kates begonnene Aufzählung fort. “Glauben Sie mir, ich bin Arzt. Ich kenne das alles bis zur Gentechnik einschließlich.”
“Das glaube ich. Und als Arzt sollten Sie wissen, dass es gelungen ist, das Mukoviszidose-Gen zu identifizieren”, argumentierte Kate weiter, “und dass es vielleicht nur eine Frage der Zeit ist, dass das schadhafte Gen durch ein gesundes besiegt werden kann, um die unkontrollierte Sekretion zu unterbinden.”
“Nur eine Frage der Zeit … Sie haben gut reden”, hielt Ethan ihr entgegen. “Wer sagt denn, wie viel Zeit Jodie überhaupt noch bleibt?”
Sein Gesicht wirkte unbewegt, aber in seinen blauen Augen lag so viel Sorge und Schmerz, dass Kate hart schlucken musste, bevor sie antworten konnte. “Keiner von uns weiß, wie viel Zeit einem bleibt”, sagte sie leise.
Er sah ihr aufmerksam ins Gesicht. Ethan wusste, dass Kate an ihren Mann dachte, und begann sich zu fragen, auf welche Weise er wohl ums Leben gekommen war. Er tippte auf einen plötzlichen, unerwarteten Tod, einen Autounfall vielleicht. Es fiel ihm auf, dass sie selten von ihrem Mann sprach, und er konnte sich vorstellen, dass es ihr helfen würde, häufiger über ihn zu reden. Er schenkte ihr noch einen Kaffee ein und fragte: “Wann ist er gestorben?” Kates Kopf fuhr in die Höhe. “Ihr Mann, meine ich.”
Kate war von dieser Frage offensichtlich überrascht. Sie sammelte sich einen Augenblick, dann antwortete sie: “Vor zwei Jahren … vor zwei Jahren, einem Monat und drei Tagen, um genau zu sein.”
“Am schlimmsten ist es, wenn man morgens
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