Bianca Arztroman Band 0031
sich eine Kleinigkeit zu essen, als sie Lafe und Serena aus dessen Hütte kommen sah. Er lachte voller Zuneigung über etwas, das sie gesagt hatte … sie wirkten sehr vertraut. So, wie sie und Lafe einst waren. Er würde doch nicht so schnell einen Ersatz gefunden haben?
Ihr Herz krampfte sich zusammen. Suzannah schob das Essen von sich. Sie hatte keinen Hunger mehr.
Das Motel hatte für den Abend eine Country- und Westernveranstaltung geplant, und jeder ging hin.
Linda hatte sich mit Lederstiefeln und einem Rock aus Hirschfell passend zurechtgemacht. Auch Shirley war in ihrem Wildledermantel und einem langen Jeansrock auf die Feier vorbereitet.
“Kommst du nicht mit?”, fragte sie Suzannah, die regungslos dasaß und in die Luft schaute.
Sie schüttelte den Kopf. Es war nicht nötig, nach einer Entschuldigung zu suchen. Während der vergangenen Woche hatte sie nur wenig Schlaf bekommen. Es war Zeit, mal wieder eine Nacht ohne Störungen auszuruhen.
“Ach, komm schon, Suzannah”, versuchte Shirley, sie zu überreden. “Du wirst die Einzige von uns sein, die nicht hingeht.”
“Was ist mit Lafe?”, konterte sie. “Er wird sicherlich auch nicht mitkommen. Er ist zu beschäftigt mit seiner Bekannten.”
“Sie ist schon wieder abgefahren. Nach Lindas Angaben hat Serena einen Zwischenstopp in Port aux Basques gemacht, um ihm zu erzählen, dass sie sich sehr bald mit einem anderen ehemaligen Kollegen der Eisstation verheiraten wird.”
“Ach so.”
“Macht das die Dinge etwas angenehmer für dich?”, neckte die andere Frau.
“Nur ein bisschen. Leider.”
Das war die Wahrheit. Es änderte ja nichts an ihrem Verhältnis zu Lafe.
Nachdem Shirley gegangen war, stromerte Suzannah ziellos durch die Hütte. Endlich ging sie zu ihrem Kleiderschrank und nahm einen Pullover und eine Hose heraus. Es war lächerlich, hier alleine zu sitzen. Auch wenn Lafe ihre Gesellschaft nicht schätzte, die anderen taten es.
Mit stilvollen, hochhackigen Stiefeln und ihrem weichen Haar, das offen unter einem Hut herauskam, war sie bereit, ihre Melancholie in eine zerbrechliche Fröhlichkeit zu verwandeln.
“Du hast es dir anders überlegt!”, rief Shirley. “Ich freue mich so, dass du hier bist, Suzannah. Es gibt hier zu selten Abwechslung, als dass man es sich entgehen lassen sollte.”
Suzannah lächelte. Sie mochte die unkomplizierte Physiotherapeutin. Sie hatte keinen Moment bereut, mit ihr die Hütte zu teilen. Mit Linda war das anders. Man konnte gut mit ihr auskommen, aber das beschränkte sich auf einen oberflächlichen Kontakt.
Gerade begann ein rauer Fischer, einen Countrysong zu singen, zu dem die versammelten Bewohner der Gegend ausgelassen den Takt mitklatschten.
Alison und Wayne saßen alleine an einem Tisch und hielten sich wie üblich im Hintergrund. Dann fehlte nur noch Lafe aus ihrem Team. Aber Suzannah wollte heute Abend keinen Gedanken an ihn vergeuden.
Als Shirley ihr einen Stuhl anbot, ließ sie den Blick steifen. Die andere Frau folgte ihrem Blick und sagte: “Dort drüben … in der Ecke …” Lafe saß alleine an einem Tisch. Vor ihm stand ein unangetastetes Getränk.
Mit einem karierten Hemd und einer schmal geschnittenen Jeans, die seine schön geformten Hüften betonte, sah er aus wie das, was er war: ein attraktiver kanadischer Mann. Es würde nicht eine Frau geben, die ihn nicht bemerkt hatte.
Allerdings schien er sich für niemanden wirklich zu interessieren. Als sich ihre Blicke trafen, hob er grüßend die Hand, machte aber keine Anstalten, sich zu ihnen zu gesellen.
Meine Bestrafung scheint anzudauern, dachte Suzannah niedergeschlagen. Sie hatte es verdient … Warum war sie bloß hergekommen?
Ein Mann stieß gegen den Tisch. Als Suzannah aufsah, erkannte sie Michael Ericson, den Direktor der Holzfarm. Er streckte seine Hand aus.
“Möchten Sie tanzen, Doktor?”
Sie wollte gerade ablehnen, als sie Lafes Blick bemerkte, und änderte ihre Meinung. Auf irgendeine Weise würde sie wieder zu ihm gelangen. Und wenn es durch die Umarmung eines anderen Mannes wäre.
“Ja, warum nicht?”, antwortete sie mit einem blendenden Lächeln.
Aber das Lächeln war ein Fehler gewesen. Er hielt sie zu eng, und während sich Suzannah noch wünschte, dass es ein schnellerer Tanz gewesen wäre, zu dem er sie aufgefordert hatte, begann er bereits, ihren Nacken mit seinen Lippen zu berühren.
Sie kamen an dem Tisch vorbei, wo Lafe gesessen hatte. Der war aber nicht mehr da. Ihr dummer Plan
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