Bianca Arztroman Band 0031
nicht, jedenfalls soweit ich das beurteilen kann. Aber haben Ihre Söhne denn keine Ehefrauen, die auf sie aufpassen?”
Sie lachte und zeigte einen Mund voller gelber Zähne. “Nein. Es sind vier, und keiner von ihnen ist verheiratet.”
Während die Dame ihre Familiengeschichte ausbreitete, nahm Suzannah lächelnd den Rezeptblock zur Hand und begann zu schreiben.
Das Wetter verschlechterte sich im Laufe des Tages. Galeforce-Winde fegten um die Klinik und brachten eisigen Schneeregen mit sich, der einen bis auf die Knochen durchfrieren ließ.
Ein Fischerboot kehrte zur Erleichterung aller Beteiligten nach großen Schwierigkeiten heil in den Hafen zurück. Suzannah dachte an Lafe. Hatte er von den schlechten Wetterverhältnissen gehört und war in Port aux Basques geblieben? Oder hatte er sich bereits auf den Weg gemacht? Sie hoffte, nicht.
Auch wenn er ihr gezeigt hatte, wie sehr er enttäuscht war und jedem Kontakt auswich, war er nicht weniger wertvoll für sie.
Noch vor wenigen Nächten musste sie zum ersten Mal um sein Leben bangen. Und jetzt fürchtete sie erneut, dass ihm etwas zugestoßen war.
Als die Nacht hereinbrach, wartete sie darauf, dass das Telefon klingelte und er Bescheid gab, dass er in Port aux Basques blieb. Auch wenn er sie verachtete, er würde sich alleine schon wegen des Klinikbetriebs bei ihr melden. Um elf Uhr gab es immer noch keine Nachricht. Suzannah zog sich aus und legte einen warmen Morgenmantel an.
“Was hast du? Was beunruhigt dich?”, fragte Shirley, die bemerkt hatte, dass Suzannah nervös auf und ab ging.
“Ich mache mir Sorgen um Lafe”, sagte Suzannah angespannt.
“Warum? Wo ist er?”
“Er hatte sich heute Vormittag abgemeldet, um jemanden von der Fähre in Port aux Basques abzuholen. Und noch ist er nicht zurück.”
“Aber du willst doch nicht warten, bis er auftaucht? Du hast schon vergangene Nacht kaum geschlafen.”
“Ich bleibe noch ein wenig wach”, antwortete Suzannah. “Vielleicht ruft er an und benötigt unsere Hilfe.”
Shirley lachte. “Und dann kommen wir jeder mit einem Spaten und schaufeln ihn frei, oder wie stellst du dir das vor?”
“So ähnlich”, stimmte sie zu. Der Gedanke daran, dass Lafe irgendwo erfrieren könnte, ließ ihr eigenes Blut gefrieren.
8. KAPITEL
Es war zwei Uhr morgens, als der Shogun vor den Hütten hielt. Sie lag im Dunkeln auf der Bettdecke.
Als sie das Geräusch der Reifen hörte, war sie sofort auf den Beinen. Lafe war zurück, Gott sei Dank! Er war in Sicherheit!
Sie lief zum Fenster und zog die Gardine zurück. Suzannah musste sich sehr zusammenreißen, um nicht sofort zu ihm zu rennen. Lafe ging langsam zu seiner Hütte. Ob seine Schultern vor Erschöpfung oder durch die Enttäuschung, die sie ihm bereitet hatte, nach vorne hingen, konnte sie nicht sagen. Als er sich vor dem Betreten seiner Hütte noch einmal umdrehte und genau in ihre Richtung sah, wich sie schnell zurück. Hoffentlich hatte er sie nicht gesehen. Was würde er von ihr denken, wenn sie ihm so nachspionierte.
Suzannah zog ihren Morgenmantel aus und legte sich unter die Bettdecke.
Während sich Lafe müde und abgespannt auf einen Stuhl neben den Ofen setzte, wünschte er sich, dass Suzannah auf ihn gewartet hätte.
Trotz der späten Stunde wäre es himmlisch gewesen, von ihr im Arm gehalten zu werden und ihre weiche Haut zu spüren.
Er war ein toleranter Mann, aber er hatte es nicht gerne, wenn man ihn zum Narren hielt. Und die englische Ärztin hatte genau das getan.
Das Unglück, das sich ereignet hatte, war menschliches Versagen und konnte immer vorkommen. Außerdem war sie für unschuldig befunden worden. Aber warum um alles in der Welt hatte sie ihm nichts davon erzählt?
Auch hatte sie die Angelegenheit mit Nigel Summers nicht selber aufgeklärt. Immer wenn er über die ganze Sache nachdachte, wurde ihm übel. Und er wusste, dass es Suzannah ebenfalls nicht gut ging. Aber das hatte sie sich selber vorzuwerfen.
Es war schön, seine ehemalige Arbeitskollegin aus der Arktis wiederzutreffen. Doch hatte sich Lafe oft abwesend gefühlt, da er mit den Gedanken bei Suzannah war. Und dass er sich bei dem Wetter überhaupt auf den Weg gemacht hatte, war unverantwortlich gewesen.
Als er in die glühenden Kohlen starrte, kamen ihm erneut Suzannahs Worte zu Bewusstsein. Sie hatte ihm gesagt, es wäre Zeit, sich nach vorne zu orientieren, sich niederzulassen. Was für ein schlechter Scherz!
Suzannah wurde durch Shirleys Frage geweckt,
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