Bianca Arztroman Band 0031
alles.
Sarah setzte ein gequältes Lächeln auf, als sie an die Nacht denken musste. Es hatte gerade mal sechzig Sekunden gedauert, dass Niall den Wagen angehalten und ihr beim Aussteigen geholfen hatte. Diese Geste war sie von anderen Männern nicht gewohnt, und Niall hatte ihr sogar die Hand gereicht …
Sie erschauerte, als sie sich an die Berührung erinnerte. Die ganze Zeit über, die sie gebraucht hatte, um sich bettfertig zu machen, konnte Sarah sie noch spüren, und sie ertappte sich selbst dabei, wie sie auf ihre Hand starrte, als könne sie so einen Beweis für seine Berührung finden. Wahrscheinlich war sie nur übermüdet gewesen.
Mit diesem Gedanken schlief sie ein und war glücklich, eine so einfache Erklärung für das Geschehene gefunden zu haben. Als sie aber die Empfangshalle erreicht hatte und Niall zu Gesicht bekam, konnte sie das Zittern nicht verleugnen, das ihren Körper überfiel und sich über ihre Erklärungen lustig zu machen schien.
Egal wie sie es drehte, sie konnte es nicht leugnen, dass Niall Gillespie die seltsame Eigenschaft besaß, sie aus dem Gleichgewicht zu bringen!
“Ah, Schwester Harris, kommen Sie bitte mit mir. Ich möchte, dass Sie mir heute Morgen assistieren.” Er vergeudete keine Worte. Sarah verwandelte ihr Gesicht in eine ausdruckslose Maske und hoffte inbrünstig, dass er nicht ahnte, wie sehr diese Ankündigung sie irritierte.
“Schwester Prentice assistierte Dr. Henderson immer bei den vorgeburtlichen Untersuchungen, Dr. Gillespie”, erwiderte sie mit einer Ruhe, von der sie weit entfernt war.
“Das habe ich gehört.” Er zog die Brauen zusammen und kam auf sie zu. “Aber angesichts der Tatsache, dass Schwester Prentice bald in den Ruhestand geht, halte ich es so für sinnvoller. Es macht nur wenig Sinn, Schwester Prentice zu erklären, wie ich die Dinge haben möchte, denn sobald sie sich darauf eingestellt hat, verlässt sie uns. Schwester Bradshaw wird von nun an Dr. Patel assistieren, und Sie assistieren mir.”
“Natürlich, Doktor”, gab Sarah widerwillig nach und folgte ihm in den Behandlungsraum. Sie konnte seine Entscheidung gut nachvollziehen, aber der Gedanke, die nächsten Wochen in seiner unmittelbaren Nähe zu arbeiten, war sehr beunruhigend.
Sie war fest entschlossen, ihn das nicht spüren zu lassen, und deswegen konzentrierte sie sich auf die Arbeit. Sie gingen gemeinsam eine Liste von Müttern durch, die an diesem Morgen untersucht werden mussten. Es gab drei neue Mütter, und sie waren ganz aufgeregt und unsicher über das, was passieren würde.
Niall Gillespie war wunderbar zu ihnen. Ruhig und geduldig erklärte er ihnen, warum die vorgeburtlichen Untersuchungen so wichtig für ihr Wohlergehen und das ihrer ungeborenen Kinder waren.
“Sie haben sich wahrscheinlich schon gefragt, warum Ihnen die Schwester bei Ihrer Ankunft Blut abgenommen hat.” Niall setzte sich auf die Sessellehne und lächelte Hannah Jarvis, eine der jungen Mütter, an, die besonders angespannt wirkte. “Es gibt einiges, das wir anhand Ihres Blutes untersuchen können. Wir stellen zum Beispiel fest, ob Sie unter Blutarmut leiden und zu welcher Blutgruppe Sie gehören. Es ist wichtig zu wissen, ob Sie Rhesus-negativ sind.”
“Was bedeutet das, Herr Doktor? Ist es eine Krankheit?”, fragte Hannah besorgt. Dennoch merkte Sarah, dass sie sich durch Nialls Erklärungen etwas entspannte.
Niall schüttelte den Kopf. “Nein, es ist keine Krankheit. Die meisten Menschen sind Rhesus-positiv, aber es gibt eine Minderheit, die Rhesus-negativ sind. Das verursacht keine Probleme, dennoch müssen wir es wissen, denn es kann während der Schwangerschaft zu Problemen kommen.”
“Inwiefern?”, fragte Hannah neugierig.
“Wenn das Baby auch Rhesus-negativ ist, dann gibt es keine Schwierigkeiten. Ist es allerdings Rhesus-positiv, dann könnte es unter Blutarmut leiden, und wir müssten seine Entwicklung aufmerksamer verfolgen. Die größte Sorge ist allerdings, falls während der Geburt das Blut des Kindes mit dem der Mutter in Berührung kommt. In diesem Fall würde das Immunsystem der Mutter Abwehrkräfte gegen den Rhesusfaktor produzieren.
Die Gefahr besteht nun darin, dass diese Antikörper in der folgenden Schwangerschaft durch die Plazenta in den Blutkreislauf des Embryos gelangen. Falls das Ungeborene einen Rhesusfaktor hat, dann kann es zu Gelbsucht, Blutarmut oder sogar zu schweren Hirnschäden führen.”
“Um Gottes willen! Kann man denn nichts dagegen
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